Stromerzeugung/-verkauf
Oftmals werden in Kläranlagen entstehende Klärgase, auf Deponien entstehende Deponiegase und ähnliche Gasquellen in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen genutzt und der dabei entstehende Strom vorrangig selbst genutzt, überschüssiger Strom aber an den örtlichen Netzbetreiber gegen Entgelt abgegeben. Bislang blieben diese Anlagen steuerlich regelmäßig unbeachtet, da durch die hoheitliche Entstehung der Gase kein BgA begründet wurde.
Mit Schreiben an die kommunalen Spitzenverbände hat das BMF klargestellt, dass dieser Stromverkauf ab Anwendung des § 2b UStG umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig ist (BMF vom 15.11.2009, Az. III C 2 - 7107/19/10007 :001). Der Verkauf von Strom stellt eine sog. Katalogleistung nach § 2b Abs. 4 Nr. 5 UStG i. V. m. Anhang I Nr. 2 MwStSysRL dar.
Verkauf von Altpapier und anderen Wertstoffen
Das Einsammeln von Altpapier und anderen Wertstoffen aus privaten Haushalten stellt nach § 20 i. V. m. § 17 Kreislaufwirtschaftsgesetz eine hoheitliche Aufgabe der Landkreise bzw. kreisfreien Städte dar. Diese Wertstoffe werden im Anschluss regelmäßig auf privatrechtlicher Grundlage an entsprechende Recyclingunternehmen weiterveräußert.
Bislang wurde der Weiterverkauf als hoheitliches Hilfsgeschäft betrachtet und war somit steuerlich irrelevant. Das BMF hat nun mit Schreiben an die kommunalen Spitzenverbände entgegen deren Anfrage klargestellt, dass diese Veräußerung ab Anwendung des § 2b UStG umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig ist, wenn sie auf privatrechtlicher Grundlage erfolgt (BMF-Schreiben vom 15.11.2019, Az. III C 2 - 7107/19/10007 :001).
Das Einsammeln der Wertstoffe ist jedoch weiterhin hoheitlich. Dies führt zu dem aus kommunaler Sicht unerfreulichen Ergebnis, dass die Vorsteuerbeträge aus dem Einsammeln nicht abzugsfähig sind. Lediglich die Kosten in Zusammenhang mit der Weiterveräußerung berechtigen somit zum Vorsteuerabzug.
Klar Stellung genommen hat das BMF lediglich zur Frage der Veräußerung von Papierabfällen. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Auffassung auch für andere Wertstoffe vertreten werden wird. Eine ähnliche Auffassung besteht derzeit bereits schon für Elektro-Schrott, wenn dieser nicht der Stiftung Elektro-Altgeräte Register (ear) angedient, sondern durch entsprechende Option selbst verwertet wird. Hier begründet die jPdöR bereits jetzt regelmäßig einen BgA. bzw. wird der bestehende BgA „Wertstoffe“ (z. B. Leistungen an die Dualen Systeme) entsprechend erweitert.
Hinweis: Bei bestimmten Wertstoffen greift das sog. Reverse-Charge-Verfahren (Umkehr der Steuerschuldnerschaft) nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. Anlage 3 UStG. Dies betrifft insb. Metallschrotte. Somit sind nicht alle Veräußerungen pauschal zuzüglich Umsatzsteuer zu belasten. Auf den Weiterverkauf entfallende Vorsteuerbeträge sind jedoch auch hier abzugsfähig.
Update vom 19.01.2023:
Das Landesamt für Steuern Niedersachsen hat zur zukünftigen steuerlichen Würdigung von kommunalen Hilfsgeschäften in der Entsorgungswirtschaft Stellung genommen (vgl. Verfügung des LfSt Niedersachsen vom 19.01.2023, DStR 2023, S. 646).
Bislang begründeten öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) mit der Verwertung und Beseitigung von Abfallen aus privaten Haushaltungen keinen BgA. Die Aufgabe war (ausgenommen DSD-Abfälle, grüner Punkt und E-Schrott) hoheitlich und die Veräußerungserlöse als hoheitliches Hilfsgeschäft nicht umsatzsteuerbar.
Die Verwertung bspw. von Altpapier oder von aus Klär- und Deponiegas gewonnener Energie werden ab Anwendung des § 2b UStG allein schon deshalb Teil des umsatzsteuerlichen Unternehmens des örE, da die Veräußerung auf privatrechtlicher Grundlage erfolgt.
Im Gegenzug eröffnet dies den Vorsteuerabzug aus den Veräußerungskosten, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG (ordnungsgemäße Rechnung, etc.) gegeben sind. Für die örE vorteilhaft ist, dass die LfSt Niedersachsen auch für weitere Kosten wie das Einsammeln und ggf. der Sortierung der Abfälle sowie für die Kosten der Deponie- und Klärgasgewinnung den (anteiligen) Vorsteuerabzug gewährt. Für Altanlagen kommt insb. eine Vorsteuerberichtigung für vergangene Investitionen nach § 15a UStG in Betracht. Diese ist allerdings insbesondere bei Energie auf den unternehmerisch genutzten und veräußerten Teil begrenzt.
Sofern keine Aufzeichnungen für die Vorsteueraufteilung vorliegen, bestehen keine Bedenken, wenn nach Abschn. 2.10 Abs. 6 UStAE verfahren und die Vorsteueraufteilung z. B. das Verhältnis der Verwertungserlöse zu den Gebühreneinnahmen des örE zugrunde gelegt wird.