Grabnutzungsrechte, Liegerechte und Rechte zur Beisetzung einer Urne bleiben nicht umsatzsteuerbar nach § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG, da vergleichbare Leistungen privater Unternehmer unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG fallen würden. Die gleiche Argumentation wird auch für die Aufbewahrung von Leichen in Kühlräumen oder Kühlzellen vertreten.
Über den Sachverhalt hinaus interessant ist bei der Argumentation Folgendes: Nach dem BMF-Schreiben vom 16.12.2016 (III C 2 - S 7107/16/10001, BStBl. I 2016, S. 1451, Rz. 38) war die Anwendung des § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG für Umsatzsteuerbefreiungen ausgeschlossen, bei denen grundsätzlich eine Option zur Umsatzsteuerpflicht nach § 9 UStG möglich war. Dies sollte auch dann gelten, wenn die dort genannten Voraussetzungen (u. a. Leistung an einen anderen Unternehmer) im Einzelfall ausgeschlossen waren.
Die Argumentation im BMF-Schreiben macht die Anwendbarkeit des § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG (= nicht umsatzsteuerbar) nun aber genau an dem Punkt fest, dass die Nutzung einer Grabstätte, etc. stets dem nichtunternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers zuzuordnen sei, was eine Option zur Umsatzsteuerpflicht ausschließt.
Im Gegensatz hierzu geht das BMF bei anonymen Bestattungen davon aus, dass keine räumlich abgrenzbare, individualisierte Parzelle zur Nutzung überlassen werde, so dass die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG bei privaten Unternehmern nicht greifen würde. Die logische Folge wäre auch für jPdöR eine Umsatzsteuerbarkeit und Umsatzsteuerpflicht dieser Grabstätten.
Hinweis: In ihrer Gegenäußerung vom 13.08.2020 widersprachen die kommunalen Spitzenverbände dieser Einschätzung. Der Friedhofsverwaltung sei es auch bei anonymen Grabstätten möglich, nachzuvollziehen, welche Person an genau welcher Stelle beigesetzt wurde. Es wird lediglich auf ein „Namensschild“ an dieser Stelle verzichtet.
Gegebenenfalls mit der Einräumung von Grabnutzungsrechten, Liegerechten bzw. dem Recht zur Beisetzung einer Urne einhergehende Bestattungsleistungen (z. B. das Ausheben und Verfüllen der Grabstelle, das Auskleiden des Grabes mit Matten) stellen unselbständige Nebenleistungen dar, welche das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Dies soll auch dann gelten, wenn die Friedhofssatzung hierzu gesonderte Gebühren vorsieht.
Auch die Überlassung von Feierhallen, Friedhofskapellen und Abschiedsräumen soll nach dem BMF-Schreiben nicht umsatzsteuerbar bleiben, da es sich regelmäßig um eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Vermietungsleistungen handele, welche zwingend dem nichtunternehmerischen Zwecken diene und daher eine Option nach § 9 UStG ausschließe.
Werden über die Nutzungsüberlassung hinausgehende Leistungen erbracht, die für eine dann einheitliche Leistung prägend sind, ist die Überlassung der Räumlichkeiten umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig. Dies eröffnet jedoch die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs, so dass dies im Einzelfall vorteilhaft sein kann.
Update vom 27.04.2023: Verlängerung der Übergangsregelung für das Friedhof- und Bestattungswesen
Unter der Rechtslage des § 2 Abs. 3 UStG a. F. begründeten kommunale, kirchliche und andere öffentlich-rechtliche Friedhofsträger in der Regel keinen Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. d. § 4 KStG (Ausnahme bereits bislang: Blumenverkäufe, Grabpflegeleistungen, usw.; vgl. H 4.5 KStH).
Nach Auffassung des BMF stellen in privatrechtlicher Handlungsweise erbrachte Friedhofsleistungen ab Anwendung des § 2b UStG stets eine unternehmerische Tätigkeit dar und sind somit grundsätzlich umsatzsteuerbar (vgl. BMF-Schreiben vom 23.11.2020, BStBl. I 2020, S. 1335).
Für das Handeln auf öffentlicher Grundlage trifft das o.g. BMF-Schreiben Aussagen zu zahlreichen Einzelleistungen und deren umsatzsteuerlicher Behandlung. Ausschlaggebend für die steuerliche Würdigung ist grundsätzlich das Umsatzsteuerrecht am Ende des Leistungszeitraums. Um den Beteiligten eine Umstellung der Gebührensatzungen, Entgeltordnungen, etc. zu erlauben, enthielt das o. g. BMF-Schreiben aus 2020 (dort Tz. 5) bereits eine Nichtbeanstandungsregelung für Leistungen, die vor dem 01.01.2023 vereinbart wurden, sofern bis zu diesem Zeitpunkt noch § 2 Abs. 3 UStG a. F. angewendet wurde. In diesem Fall musste keine Nachversteuerung erfolgen.
Nach der allgemeinen Verlängerung der Anwendungsverpflichtung des § 2b UStG erst ab dem 01.01.2025 (§ 27 Abs. 22a UStG) hat die Finanzverwaltung nun auch diese Nichtbeanstandungsregelung verlängert (vgl. Vfg. LfSt Niedersachen vom 27.04.2023, DStR 2023, S. 1946). Dadurch wird den öffentlich-rechtlichen Friedhofsträgern, die derzeit noch nach § 2 Abs. 3 UStG a. F. verfahren, ermöglicht entweder ihre Entgeltordnung, Gebührensatzung etc. entsprechend umzustellen oder aber zumindest umsatzsteuerliche Belastungen in ihre Kalkulation einzubeziehen.