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2G-Regel im Einzelhandel in verschiedenen Bundesländern gekippt

Mit Be­schluss vom 19.01.2022 (Az. 20 NE 21.3119) setzte der BayVGH am 19.01.2022 die 2G-Re­gel im Ein­zel­han­del, wo­nach grundsätz­lich nur Ge­impfte und Ge­ne­sene Zu­tritt zu den Läden ha­ben, außer Voll­zug. Ähn­li­che Ent­schei­dun­gen aus Nie­der­sach­sen und dem Saar­land lie­gen vor. Auch die ba­den-würt­tem­ber­gi­sche Re­ge­lung ist gemäß ak­tu­el­lem VGH-Ur­teil vom 25.01.2021 rechts­wid­rig.

Nach der 15. Baye­ri­schen In­fek­ti­ons­schutzmaßnah­men­ver­ord­nung (15. Bay­IfSMV) darf der Zu­gang zu La­den­ge­schäften des Ein­zel­han­dels grundsätz­lich nur Ge­ne­se­nen und Ge­impf­ten gewährt wer­den. Aus­ge­nom­men hier­von sind La­den­ge­schäfte, die der „De­ckung des tägli­chen Be­darfs“ die­nen. Da­bei wird das Kri­te­rium des tägli­chen Be­darfs durch eine Liste von Bei­spie­len (u. a. Le­bens­mit­tel­ge­schäfte, Apo­the­ken, Tank­stel­len, Buch­hand­lun­gen, Blu­men­fach­ge­schäfte, Baumärkte, Gar­tenmärkte und der Ver­kauf von Weih­nachtsbäumen) kon­kre­ti­siert. Diese Liste ist aber ausdrück­lich nur bei­spiel­haft und nicht ab­schließend.

Die Be­trei­be­rin ei­nes Lam­pen­ge­schäfts sah darin eine Ver­let­zung ih­rer Be­rufs­frei­heit und des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes und be­an­tragte des­halb die vorläufige Außer­voll­zug­set­zung die­ser Re­ge­lung. Der BayVGH hat dem An­trag statt­ge­ge­ben. Da­nach fin­det eine „2G“-Zu­gangs­be­schränkung für Be­triebe des Ein­zel­han­dels im In­fek­ti­ons­schutz­ge­setz zwar eine aus­rei­chende ge­setz­li­che Grund­lage und die Vor­aus­set­zun­gen hierfür dürf­ten auch grundsätz­lich erfüllt sein. Al­ler­dings gebe das In­fek­ti­ons­schutz­ge­setz vor, dass sich die Reich­weite von Aus­nah­me­re­ge­lun­gen – wie hier für die „La­den­ge­schäfte zur De­ckung des tägli­chen Be­darfs“ – mit hin­rei­chen­der Klar­heit aus der Ver­ord­nung selbst er­ge­ben müsse. Dies dürfe nicht die Ebene des Nor­men­voll­zugs und des­sen ge­richt­li­cher Kon­trolle ver­la­gert wer­den.

Nach Auf­fas­sung der Rich­ter werde die an­ge­grif­fene Re­ge­lung die­sen An­for­de­run­gen nicht ge­recht. Ins­be­son­dere im Hin­blick auf die – ausdrück­lich nicht ab­schließend ge­meinte – Aufzählung von Aus­nah­men und die un­ein­heit­li­che Be­hand­lung von sog. „Misch­sor­ti­men­tern“ lasse sich der Ver­ord­nung nicht mit hin­rei­chen­der Ge­wiss­heit ent­neh­men, wel­che La­den­ge­schäfte von der Zu­gangs­be­schränkung er­fasst würden.

Hin­weis: Das OVG Lüne­burg hatte be­reits im De­zem­ber über­ra­schend die 2G-Re­gel für den Ein­zel­han­del ge­kippt. Es er­ach­tete diese Maßnahme zur wei­te­ren Eindämmung des Coro­na­vi­rus nicht für not­wen­dig und auch nicht mit dem all­ge­mei­nen Gleich­heits­grund­satz ver­ein­bar (Be­schluss vom 16.12.2021, Az. 13 MN 477/21).

Auch das OVG des Saar­lan­des hat mit Be­schluss vom 21.01.2022 (Az. 2 B 295/21) einem Eil­an­trag meh­re­rer Fachmärkte für Elek­tro­nik­ar­ti­kel auf vorläufige Außer­voll­zug­set­zung der Zu­tritts­be­schränkung zu Ein­zel­han­dels­ge­schäften nach der 2G-Re­ge­lung statt­ge­ge­ben. Da­nach ist auch im Saar­land bis auf Wei­te­res die 2G-Re­ge­lung im Ein­zel­han­del ge­ne­rell nicht mehr an­zu­wen­den. Un­ge­ach­tet der vorläufi­gen Außer­voll­zug­set­zung der Zu­tritts­be­schränkun­gen nach der 2 G-Re­ge­lung im Ein­zel­han­del stellt das Ge­richt aber klar, dass ge­ne­rell die vom Ver­ord­nungs­ge­ber bzw. in ein­schlägi­gen Hy­gie­ne­kon­zep­ten überg­rei­fend vor­ge­ge­be­nen all­ge­mei­nen Maßnah­men und Vor­keh­run­gen der Kon­takt­ver­mei­dung zur Ver­hin­de­rung ei­ner wei­te­ren Aus­brei­tung der In­fek­tion mit dem SARS-CoV2-Vi­rus im­mer ein­ge­hal­ten wer­den müssen.

Rechtswidrigkeit von schwellenwertunabhängigen Beschränkungen

Am 25.01.2022 hat zu­dem der ba­den-würt­tem­ber­gi­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in Mann­heim in einem Ver­fah­ren des einst­wei­li­gen Rechts­schut­zes (Az. 1 S 89/22) § 17 Abs. 1 Coro­naVO in­so­weit außer Voll­zug ge­setzt, als die Vor­schrift Gel­tung für die „ein­ge­fro­rene Alarm­stufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 Coro­naVO be­an­sprucht. Dazu führt er aus, dass das „Ein­frie­ren der Alarm­stufe II“ vor­aus­sicht­lich rechts­wid­rig sei. Eine Vor­schrift, die ausdrück­lich „un­abhängig“ von der 7-Tage-Hos­pi­ta­li­sie­rungs-In­zi­denz weit­rei­chende Zu­gangs­be­schränkun­gen für nicht-im­mu­ni­sierte Per­so­nen nor­miere, stehe mit den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben aus § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG nicht in Ein­klang. So könn­ten er­heb­li­che Grund­rechts­be­schränkun­gen nicht ab­ge­kop­pelt von der 7-Tage-Hos­pi­ta­li­sie­rungs-In­zi­denz an­ge­ord­net wer­den. Auch sei die Be­schränkung des Zu­gangs zum Ein­zel­han­del keine Maßnahme des präven­ti­ven In­fek­ti­ons­schut­zes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Der Ge­setz­ge­ber sei ausdrück­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass zu den Maßnah­men des präven­ti­ven In­fek­ti­ons­schut­zes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG nur „nie­der­schwel­lige“ Maßnah­men gehörten.

So­weit sich die An­trag­stel­le­rin je­doch ge­gen Re­ge­lun­gen in § 17 Abs. 1 Coro­naVO zur je­weils schwel­len­wert­abhängi­gen Alarm­stufe i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Coro­naVO bzw. Alarm­stufe II i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Coro­naVO wandte, wies der VGH die Anträge zurück. Diese Be­schränkun­gen be­ruh­ten vor­aus­sicht­lich auf ei­ner aus­rei­chen­den Ermäch­ti­gungs­grund­lage und ver­letz­ten die An­trag­stel­le­rin nicht in ih­rer Be­rufs­frei­heit und dem Gleich­be­hand­lungs­recht.

Hin­weis: Da­nach gel­ten für den ba­den-würt­tem­ber­gi­schen Ein­zel­han­del die Re­ge­lun­gen der Alarm­stufe gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Coro­naVO, kon­kret 3G.

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