Nach der 15. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) darf der Zugang zu Ladengeschäften des Einzelhandels grundsätzlich nur Genesenen und Geimpften gewährt werden. Ausgenommen hiervon sind Ladengeschäfte, die der „Deckung des täglichen Bedarfs“ dienen. Dabei wird das Kriterium des täglichen Bedarfs durch eine Liste von Beispielen (u. a. Lebensmittelgeschäfte, Apotheken, Tankstellen, Buchhandlungen, Blumenfachgeschäfte, Baumärkte, Gartenmärkte und der Verkauf von Weihnachtsbäumen) konkretisiert. Diese Liste ist aber ausdrücklich nur beispielhaft und nicht abschließend.
Die Betreiberin eines Lampengeschäfts sah darin eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und des Gleichbehandlungsgrundsatzes und beantragte deshalb die vorläufige Außervollzugsetzung dieser Regelung. Der BayVGH hat dem Antrag stattgegeben. Danach findet eine „2G“-Zugangsbeschränkung für Betriebe des Einzelhandels im Infektionsschutzgesetz zwar eine ausreichende gesetzliche Grundlage und die Voraussetzungen hierfür dürften auch grundsätzlich erfüllt sein. Allerdings gebe das Infektionsschutzgesetz vor, dass sich die Reichweite von Ausnahmeregelungen – wie hier für die „Ladengeschäfte zur Deckung des täglichen Bedarfs“ – mit hinreichender Klarheit aus der Verordnung selbst ergeben müsse. Dies dürfe nicht die Ebene des Normenvollzugs und dessen gerichtlicher Kontrolle verlagert werden.
Nach Auffassung der Richter werde die angegriffene Regelung diesen Anforderungen nicht gerecht. Insbesondere im Hinblick auf die – ausdrücklich nicht abschließend gemeinte – Aufzählung von Ausnahmen und die uneinheitliche Behandlung von sog. „Mischsortimentern“ lasse sich der Verordnung nicht mit hinreichender Gewissheit entnehmen, welche Ladengeschäfte von der Zugangsbeschränkung erfasst würden.
Hinweis: Das OVG Lüneburg hatte bereits im Dezember überraschend die 2G-Regel für den Einzelhandel gekippt. Es erachtete diese Maßnahme zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht für notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar (Beschluss vom 16.12.2021, Az. 13 MN 477/21).
Auch das OVG des Saarlandes hat mit Beschluss vom 21.01.2022 (Az. 2 B 295/21) einem Eilantrag mehrerer Fachmärkte für Elektronikartikel auf vorläufige Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkung zu Einzelhandelsgeschäften nach der 2G-Regelung stattgegeben. Danach ist auch im Saarland bis auf Weiteres die 2G-Regelung im Einzelhandel generell nicht mehr anzuwenden. Ungeachtet der vorläufigen Außervollzugsetzung der Zutrittsbeschränkungen nach der 2 G-Regelung im Einzelhandel stellt das Gericht aber klar, dass generell die vom Verordnungsgeber bzw. in einschlägigen Hygienekonzepten übergreifend vorgegebenen allgemeinen Maßnahmen und Vorkehrungen der Kontaktvermeidung zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus immer eingehalten werden müssen.
Rechtswidrigkeit von schwellenwertunabhängigen Beschränkungen
Am 25.01.2022 hat zudem der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof in Mannheim in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. 1 S 89/22) § 17 Abs. 1 CoronaVO insoweit außer Vollzug gesetzt, als die Vorschrift Geltung für die „eingefrorene Alarmstufe II“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaVO beansprucht. Dazu führt er aus, dass das „Einfrieren der Alarmstufe II“ voraussichtlich rechtswidrig sei. Eine Vorschrift, die ausdrücklich „unabhängig“ von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz weitreichende Zugangsbeschränkungen für nicht-immunisierte Personen normiere, stehe mit den gesetzlichen Vorgaben aus § 28a Abs. 3 Satz 3 IfSG nicht in Einklang. So könnten erhebliche Grundrechtsbeschränkungen nicht abgekoppelt von der 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz angeordnet werden. Auch sei die Beschränkung des Zugangs zum Einzelhandel keine Maßnahme des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Der Gesetzgeber sei ausdrücklich davon ausgegangen, dass zu den Maßnahmen des präventiven Infektionsschutzes nach § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG nur „niederschwellige“ Maßnahmen gehörten.
Soweit sich die Antragstellerin jedoch gegen Regelungen in § 17 Abs. 1 CoronaVO zur jeweils schwellenwertabhängigen Alarmstufe i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO bzw. Alarmstufe II i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 CoronaVO wandte, wies der VGH die Anträge zurück. Diese Beschränkungen beruhten voraussichtlich auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und verletzten die Antragstellerin nicht in ihrer Berufsfreiheit und dem Gleichbehandlungsrecht.
Hinweis: Danach gelten für den baden-württembergischen Einzelhandel die Regelungen der Alarmstufe gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 CoronaVO, konkret 3G.