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Steuerberatung

§ 32d Abs. 6 EStG: Zeitlicher Anwendungsbereich der Günstigerprüfung

FG Köln 30.3.2017, 15 K 2258/14

Das FG Köln hat sich mit dem zeit­li­chen An­wen­dungs­be­reich der Güns­ti­gerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG be­fasst. Es hat sich da­bei mit dem Fall aus­ein­an­der­ge­setzt, dass ein Bedürf­nis be­steht, eine schon be­standskräftig ge­trof­fene Re­ge­lung an eine nachträgli­che Sach­ver­haltsände­rung an­zu­pas­sen.

Der Sach­ver­halt:
Zwi­schen den Be­tei­lig­ten ist die - ur­sprüng­lich nicht be­an­tragte - An­wen­dung des § 32 d Abs. 6 EStG strit­tig. In ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung für das Streit­jahr 2010 erklärten die Kläger u.a. ge­werb­li­che Einkünfte i.H.v. rd. 300.000 € aus ei­ner A mbH & Co. KG, die beim Fi­nanz­amt B ge­son­dert und ein­heit­lich fest­ge­stellt wur­den und für die eine Mit­tei­lung des Fi­nanz­amts B in ent­spre­chen­der Höhe vor­lag.

Darüber hin­aus erklärten sie auf der An­lage KAP Ka­pi­tal­erträge i.H.v. rd. 33.000 €. Die Güns­ti­gerprüfung, wie sie in Zeile 4 be­an­tragt wer­den kann, wurde nicht be­an­tragt. Es er­ging eine Ein­kom­men­steu­er­fest­set­zung un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung. Kurz dar­auf er­ging ein Ände­rungs­be­scheid, der den Vor­be­halt der Nachprüfung auf­hob. Nach­dem eine geänderte Mit­tei­lung des Fi­nanz­amts B er­gan­gen war, wurde ein nach § 175 Abs. 1 Nr.1 AO geänder­ter Ein­kom­men­steu­er­be­scheid er­las­sen. Hier­nach be­tru­gen die Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb nun­mehr 0 €. Die fest­ge­setzte Ein­kom­men­steuer ver­min­derte sich von ur­sprüng­lich rd. 120.000 € auf rd. 8.000 €.

Ge­gen die­sen Be­scheid leg­ten die Kläger Ein­spruch ein und be­an­trag­ten nun­mehr die Güns­ti­gerprüfung bei den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen nach § 32 d Abs. 6 EStG vor­zu­neh­men. Der Be­klagte ver­warf den Ein­spruch mit Ein­spruchs­ent­schei­dung als un­zulässig, da nach sei­nem Dafürhal­ten nach § 351 Abs. 1 AO kein Ände­rungs­rah­men ge­ge­ben sei. Hier­ge­gen wen­den sich die Kläger mit ih­rer Klage.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde zu­ge­las­sen. Sie wird dort un­ter dem Az. VIII R 6/17 geführt.

Die Gründe:
Die Kläger ha­ben we­gen der Be­steue­rung der Ka­pi­tal­erträge mit dem ta­rif­li­chen Ein­kom­men­steu­er­satz - nachträglich - wirk­sam einen An­trag auf Güns­ti­gerprüfung ge­stellt, den das Fi­nanz­amt zu Un­recht nicht berück­sich­tigt hat.

Es be­steht nach § 351 Abs.1 AO in­so­weit die Möglich­keit Ver­wal­tungs­akte, die un­an­fecht­bare Ver­wal­tungs­akte ändern, an­zu­grei­fen, als die Ände­rung reicht; es sei denn, dass sich aus den Vor­schrif­ten über die Auf­he­bung und Ände­rung von Ver­wal­tungs­ak­ten et­was an­de­res er­gibt (§ 351 Abs. 1). Diese Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend erfüllt. Da die Kläger eine wei­tere Ände­rung zu ih­ren Guns­ten be­geh­ren er­gibt sich eine Ände­rungsmöglich­keit aus § 351 Abs.1 a. E. AO i.V.m. § 175 Abs.1 Nr. 2 AO.

Denn vor­lie­gend ist eine Ände­rung des be­standskräfti­gen Be­schei­des we­gen ei­nes rück­wir­ken­den Er­eig­nis­ses nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vor­zu­neh­men. Nach die­ser Vor­schrift kann ein Steu­er­be­scheid geändert wer­den, wenn ein Er­eig­nis ein­tritt, das steu­er­li­che Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit hat. Es muss zu­dem ein Bedürf­nis be­ste­hen, eine schon be­standskräftig ge­trof­fene Re­ge­lung an die nachträgli­che Sach­ver­haltsände­rung an­zu­pas­sen. Dies ist vor­lie­gend der Fall. Bei Ab­gabe der Ein­kom­men­steu­er­erklärung wäre ein An­trag der Kläger auf Güns­ti­gerprüfung we­gen der ho­hen fest­ge­stell­ten Einkünfte des Klägers ins Leere ge­gan­gen.

Dem Kläger war dies we­gen sei­ner Stel­lung als Steu­er­be­ra­ter auch be­kannt. Ihm war nicht zu­zu­mu­ten, einen zu die­sem Zeit­punkt ins Leere ge­hen­den und da­mit recht­lich be­deu­tungs­lo­sen An­trag zu stel­len. Die nachträgli­che Sach­ver­haltsände­rung ist auf Ebene der Kläger erst durch die geänderte und nun auf 0 € lau­tende Mit­tei­lung über die ein­heit­li­che und ge­son­derte Fest­stel­lung ge­werb­li­cher Einkünfte ein­ge­tre­ten. Erst zu die­sem Zeit­punkt la­gen die Vor­aus­set­zun­gen für die Ausübung des Wahl­rechts nach § 32 d Abs. 6 EStG vor, so dass ein Bedürf­nis be­steht, den erst nach Ein­tritt der Be­stands­kraft des ur­sprüng­li­chen Be­schei­des ge­stell­ten An­trag zurück­wir­ken zu las­sen.

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