Der Sachverhalt:
Zwischen den Beteiligten ist die - ursprünglich nicht beantragte - Anwendung des § 32 d Abs. 6 EStG strittig. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2010 erklärten die Kläger u.a. gewerbliche Einkünfte i.H.v. rd. 300.000 € aus einer A mbH & Co. KG, die beim Finanzamt B gesondert und einheitlich festgestellt wurden und für die eine Mitteilung des Finanzamts B in entsprechender Höhe vorlag.
Gegen diesen Bescheid legten die Kläger Einspruch ein und beantragten nunmehr die Günstigerprüfung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 32 d Abs. 6 EStG vorzunehmen. Der Beklagte verwarf den Einspruch mit Einspruchsentscheidung als unzulässig, da nach seinem Dafürhalten nach § 351 Abs. 1 AO kein Änderungsrahmen gegeben sei. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zugelassen. Sie wird dort unter dem Az. VIII R 6/17 geführt.
Die Gründe:
Die Kläger haben wegen der Besteuerung der Kapitalerträge mit dem tariflichen Einkommensteuersatz - nachträglich - wirksam einen Antrag auf Günstigerprüfung gestellt, den das Finanzamt zu Unrecht nicht berücksichtigt hat.
Es besteht nach § 351 Abs.1 AO insoweit die Möglichkeit Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, anzugreifen, als die Änderung reicht; es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt (§ 351 Abs. 1). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Da die Kläger eine weitere Änderung zu ihren Gunsten begehren ergibt sich eine Änderungsmöglichkeit aus § 351 Abs.1 a. E. AO i.V.m. § 175 Abs.1 Nr. 2 AO.
Denn vorliegend ist eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides wegen eines rückwirkenden Ereignisses nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO vorzunehmen. Nach dieser Vorschrift kann ein Steuerbescheid geändert werden, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat. Es muss zudem ein Bedürfnis bestehen, eine schon bestandskräftig getroffene Regelung an die nachträgliche Sachverhaltsänderung anzupassen. Dies ist vorliegend der Fall. Bei Abgabe der Einkommensteuererklärung wäre ein Antrag der Kläger auf Günstigerprüfung wegen der hohen festgestellten Einkünfte des Klägers ins Leere gegangen.
Dem Kläger war dies wegen seiner Stellung als Steuerberater auch bekannt. Ihm war nicht zuzumuten, einen zu diesem Zeitpunkt ins Leere gehenden und damit rechtlich bedeutungslosen Antrag zu stellen. Die nachträgliche Sachverhaltsänderung ist auf Ebene der Kläger erst durch die geänderte und nun auf 0 € lautende Mitteilung über die einheitliche und gesonderte Feststellung gewerblicher Einkünfte eingetreten. Erst zu diesem Zeitpunkt lagen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts nach § 32 d Abs. 6 EStG vor, so dass ein Bedürfnis besteht, den erst nach Eintritt der Bestandskraft des ursprünglichen Bescheides gestellten Antrag zurückwirken zu lassen.
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