Der Sachverhalt:
Im Streitjahr 2012 war der Kläger zu 20 % an der X-GmbH beteiligt. Gleichzeitig war er für diese als Geschäftsführer tätig. Die GmbH hatte im August 2005 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der C-GmbH abgeschlossen. An dieser war der Kläger nicht beteiligt. Ausweislich des Vertrages sollte der Kläger zur Abgeltung seines Gewinnanteils an der X-GmbH Ausgleichszahlungen von der C-GmbH erhalten. In Höhe der jeweiligen Ausgleichszahlungen stellte der Kläger der C-GmbH entsprechende Darlehen zur Verfügung, die jeweils mit 6 % jährlich verzinst werden sollten.
In seinen Steuererklärungen der Jahre 2006 - 2012 hatte der Kläger keine Zinseinnahmen aus diesen Darlehen erklärt. Da der Kläger und seine Ehefrau trotz Aufforderung keine Einkommensteuerklärung für 2012 eingereicht hatten, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen. Nachdem der Kläger noch im August 2014 eine Einkommensteuerklärung für 2012 eingereicht hatte, erließ das Finanzamt einen geänderten Einkommensteuerbescheid. Darin ließ es u.a. Werbungskosten i.H.v. 18.893 € unberücksichtigt, die der Kläger im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit der C-GmbH bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit erklärt hatte.
Die Behörde war der Ansicht, ein Abzug scheide aus, da durch die Einführung der Abgeltungssteuer 2008 die Besteuerung von Kapitalerträgen, privaten Veräußerungsgeschäften und sonstigen Einkünften, soweit Geldgeschäfte betroffen seien, neu geregelt worden sei. Danach unterlägen Einkünfte aus Kapitalvermögen grundsätzlich einem Steuersatz von 25 %, der eine abgeltende Wirkung entfalte. Werbungskosten könnten in diesem Fall nicht geltend gemacht werden. Außerdem berücksichtigte das Finanzamt nach erfolgtem Verböserungshinweis beim Kläger im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung erstmals Zinsen i.H.v. 42.556 € gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die von der C-GmbH für das 1. und 3. Quartal 2012 auf dem firmeninternen Buchungskonto mit der Bezeichnung "Darlehen [Kläger]" verbucht worden waren.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hat dem Kläger zu Unrecht Darlehenszinsen i.H.v. 42.556 € zugerechnet und eine Berücksichtigung von Werbungskosten i.H.v. 12.474 € bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen abgelehnt. Dem Kläger sind die in Rede stehenden Zinseinnahmen im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung nämlich nicht im Streitjahr 2012 zugeflossen. Entgegen der Auffassung der Steuerbehörde führte die Verbuchung der Zinsen zugunsten des Klägers auf dem unter der Bezeichnung "Darlehen [Kläger]" geführten Konto bei der C-GmbH beim Kläger auch nicht zu einem Zufluss gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG.
Eine Novation konnte im vorliegenden Fall ebenfalls nicht angenommen werden. Insoweit fehlte es nämlich bereits am Nachweis einer entsprechenden Novationsvereinbarung zwischen der C-GmbH und dem Kläger. Allerdings lagen die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3b EStG vor. Danach kann auf Antrag auf die Anwendung der Abgeltungssteuer für Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verzichtet werden, wenn der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum, für den der Antrag erstmals gestellt wird, unmittelbar oder mittelbar in einer bestimmten Höhe an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen finden u.a. § 20 Abs. 6 und Abs. 9 EStG keine Anwendung, § 32 d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG ist der Antrag spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für den jeweiligen Veranlagungszeitraum zu stellen und gilt, solange er nicht widerrufen wird, auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.
Somit war im Streitfall der begehrte Werbungskostenabzug gegeben. Ein Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3b EStG war von dem Kläger zwar nicht bei Abgabe der Einkommensteuererklärung für 2012, sondern erst im Verlauf des Einspruchsverfahrens beim Beklagten gestellt worden. Diese spätere Antragstellung stand aber einer Anwendung der Ausnahmevorschrift nicht entgegen. Zwar ist nach BFH-Rechtsprechung die Möglichkeit, den Antrag nachträglich stellen zu können, nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ("spätestens") ausgeschlossen. Das FG München hat aber in seiner Entscheidung vom 15.6.2015 (Az.: 9 K 190/16) die Auffassung vertreten, dass die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 Halbsatz 1 EStG nach seinem Sinn und Zweck im Wege einer teleologischen Reduktion dann nicht anzuwenden ist, wenn dem Steuerpflichtigen aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft verdeckte Gewinnausschüttungen zugeflossen sind, die er in seiner Einkommensteuererklärung als Einnahmen aus einer anderen Einkunftsart als den Kapitaleinkünften erklärt hat und die erst nachträglich zutreffend als Kapitaleinkünfte besteuert werden.
Der hier erkennende Senat schließt sich den Ausführungen des FG München vollumfänglich an. Denn auch im vorliegenden Verfahren hat der Steuerpflichtige die in Rede stehenden Werbungskosten bei Abgabe seiner Einkommensteuererklärung zunächst fälschlicherweise einer anderen Einkunftsart - hier den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit - zugeordnet. Erst im Verlauf des Einspruchsverfahrens haben sich die Beteiligten dahingehend verständigt, dass diese Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beteiligung des Klägers an der X-GmbH stehen und daher den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind. Die Revision wird im Hinblick auf das derzeit beim BFH anhängige Verfahren (Az.: VIII R 20/16) nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.
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