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Steuerberatung

§ 32d Antrag auch noch nach Abgabe der Steuererklärung

FG Münster v. 14.5.2019 - 2 K 3677/16 E

Ein An­trag nach § 32d Abs. 2 EStG kann nach An­sicht des Se­nats auch noch nach Ab­gabe der Steu­er­erklärung ge­stellt wer­den, wenn sich erst zu einem späte­ren Zeit­punkt her­aus­stellt, dass als Wer­bungs­kos­ten aus nicht­selbstständi­ger Ar­beit erklärte Auf­wen­dun­gen den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen zu­zu­ord­nen sind. Al­ler­dings wird der BFH ab­schließend in der Sa­che ent­schei­den müssen.

Der Sach­ver­halt:
Im Streit­jahr 2012 war der Kläger zu 20 % an der X-GmbH be­tei­ligt. Gleich­zei­tig war er für diese als Ge­schäftsführer tätig. Die GmbH hatte im Au­gust 2005 einen Be­herr­schungs- und Ge­winn­abführungs­ver­trag mit der C-GmbH ab­ge­schlos­sen. An die­ser war der Kläger nicht be­tei­ligt. Aus­weis­lich des Ver­tra­ges sollte der Kläger zur Ab­gel­tung sei­nes Ge­winn­an­teils an der X-GmbH Aus­gleichs­zah­lun­gen von der C-GmbH er­hal­ten. In Höhe der je­wei­li­gen Aus­gleichs­zah­lun­gen stellte der Kläger der C-GmbH ent­spre­chende Dar­le­hen zur Verfügung, die je­weils mit 6 % jähr­lich ver­zinst wer­den soll­ten.

In sei­nen Steu­er­erklärun­gen der Jahre 2006 - 2012 hatte der Kläger keine Zins­ein­nah­men aus die­sen Dar­le­hen erklärt. Da der Kläger und seine Ehe­frau trotz Auf­for­de­rung keine Ein­kom­men­steu­erklärung für 2012 ein­ge­reicht hat­ten, schätzte das Fi­nanz­amt die Be­steue­rungs­grund­la­gen. Nach­dem der Kläger noch im Au­gust 2014 eine Ein­kom­men­steu­erklärung für 2012 ein­ge­reicht hatte, er­ließ das Fi­nanz­amt einen geänder­ten Ein­kom­men­steu­er­be­scheid. Darin ließ es u.a. Wer­bungs­kos­ten i.H.v. 18.893 € un­berück­sich­tigt, die der Kläger im Zu­sam­men­hang mit zi­vil­recht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit der C-GmbH bei sei­nen Einkünf­ten aus nicht­selbstständi­ger Tätig­keit erklärt hatte.

Die Behörde war der An­sicht, ein Ab­zug scheide aus, da durch die Einführung der Ab­gel­tungs­steuer 2008 die Be­steue­rung von Ka­pi­tal­erträgen, pri­va­ten Veräußerungs­ge­schäften und sons­ti­gen Einkünf­ten, so­weit Geld­ge­schäfte be­trof­fen seien, neu ge­re­gelt wor­den sei. Da­nach un­terlägen Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen grundsätz­lich einem Steu­er­satz von 25 %, der eine ab­gel­tende Wir­kung ent­falte. Wer­bungs­kos­ten könn­ten in die­sem Fall nicht gel­tend ge­macht wer­den. Außer­dem berück­sich­tigte das Fi­nanz­amt nach er­folg­tem Verböse­rungs­hin­weis beim Kläger im Zu­sam­men­hang mit der Dar­le­hens­gewährung erst­mals Zin­sen i.H.v. 42.556 € gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die von der C-GmbH für das 1. und 3. Quar­tal 2012 auf dem fir­men­in­ter­nen Bu­chungs­konto mit der Be­zeich­nung "Dar­le­hen [Kläger]" ver­bucht wor­den wa­ren.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat dem Kläger zu Un­recht Dar­le­hens­zin­sen i.H.v. 42.556 € zu­ge­rech­net und eine Berück­sich­ti­gung von Wer­bungs­kos­ten i.H.v. 12.474 € bei den Einkünf­ten des Klägers aus Ka­pi­tal­vermögen ab­ge­lehnt. Dem Kläger sind die in Rede ste­hen­den Zins­ein­nah­men im Zu­sam­men­hang mit der Dar­le­hens­gewährung nämlich nicht im Streit­jahr 2012 zu­ge­flos­sen. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Steu­er­behörde führte die Ver­bu­chung der Zin­sen zu­guns­ten des Klägers auf dem un­ter der Be­zeich­nung "Dar­le­hen [Kläger]" geführ­ten Konto bei der C-GmbH beim Kläger auch nicht zu einem Zu­fluss gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG.

Eine No­va­tion konnte im vor­lie­gen­den Fall eben­falls nicht an­ge­nom­men wer­den. In­so­weit fehlte es nämlich be­reits am Nach­weis ei­ner ent­spre­chen­den No­va­ti­ons­ver­ein­ba­rung zwi­schen der C-GmbH und dem Kläger. Al­ler­dings la­gen die Vor­aus­set­zun­gen der Aus­nah­me­vor­schrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3b EStG vor. Da­nach kann auf An­trag auf die An­wen­dung der Ab­gel­tungs­steuer für Ka­pi­tal­erträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG aus ei­ner Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­zich­tet wer­den, wenn der Steu­er­pflich­tige im Ver­an­la­gungs­zeit­raum, für den der An­trag erst­mals ge­stellt wird, un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar in ei­ner be­stimm­ten Höhe an der Ka­pi­tal­ge­sell­schaft be­tei­ligt ist. Bei Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen fin­den u.a. § 20 Abs. 6 und Abs. 9 EStG keine An­wen­dung, § 32 d Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 EStG. Nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG ist der An­trag spätes­tens zu­sam­men mit der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für den je­wei­li­gen Ver­an­la­gungs­zeit­raum zu stel­len und gilt, so­lange er nicht wi­der­ru­fen wird, auch für die fol­gen­den vier Ver­an­la­gungs­zeiträume, ohne dass die An­trags­vor­aus­set­zun­gen er­neut zu be­le­gen sind.

So­mit war im Streit­fall der be­gehrte Wer­bungs­kos­ten­ab­zug ge­ge­ben. Ein An­trag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3b EStG war von dem Kläger zwar nicht bei Ab­gabe der Ein­kom­men­steu­er­erklärung für 2012, son­dern erst im Ver­lauf des Ein­spruchs­ver­fah­rens beim Be­klag­ten ge­stellt wor­den. Diese spätere An­trag­stel­lung stand aber ei­ner An­wen­dung der Aus­nah­me­vor­schrift nicht ent­ge­gen. Zwar ist nach BFH-Recht­spre­chung die Möglich­keit, den An­trag nachträglich stel­len zu können, nach dem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut der Vor­schrift ("spätes­tens") aus­ge­schlos­sen. Das FG München hat aber in sei­ner Ent­schei­dung vom 15.6.2015 (Az.: 9 K 190/16) die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Vor­schrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 4 Halb­satz 1 EStG nach sei­nem Sinn und Zweck im Wege ei­ner te­leo­lo­gi­schen Re­duk­tion dann nicht an­zu­wen­den ist, wenn dem Steu­er­pflich­ti­gen aus ei­ner Be­tei­li­gung an ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ver­deckte Ge­winn­aus­schüttun­gen zu­ge­flos­sen sind, die er in sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung als Ein­nah­men aus ei­ner an­de­ren Ein­kunfts­art als den Ka­pi­tal­einkünf­ten erklärt hat und die erst nachträglich zu­tref­fend als Ka­pi­tal­einkünfte be­steu­ert wer­den.

Der hier er­ken­nende Se­nat schließt sich den Ausführun­gen des FG München voll­umfäng­lich an. Denn auch im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren hat der Steu­er­pflich­tige die in Rede ste­hen­den Wer­bungs­kos­ten bei Ab­gabe sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung zunächst fälsch­li­cher­weise ei­ner an­de­ren Ein­kunfts­art - hier den Einkünf­ten aus nicht­selbständi­ger Tätig­keit - zu­ge­ord­net. Erst im Ver­lauf des Ein­spruchs­ver­fah­rens ha­ben sich die Be­tei­lig­ten da­hin­ge­hend verständigt, dass diese Auf­wen­dun­gen im Zu­sam­men­hang mit der Be­tei­li­gung des Klägers an der X-GmbH ste­hen und da­her den Einkünf­ten aus Ka­pi­tal­vermögen zu­zu­ord­nen sind. Die Re­vi­sion wird im Hin­blick auf das der­zeit beim BFH anhängige Ver­fah­ren (Az.: VIII R 20/16) nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu­ge­las­sen.

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