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Steuerberatung

§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG abschließende Regelung für alle Prozesskosten

Hessisches FG v. 11.3.2020 - 9 K 1344/19

§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG stellt eine ab­schließende Re­ge­lung für alle Pro­zess­kos­ten, auch Kos­ten für eine Straf­ver­tei­di­gung, dar. Dies gilt auch für Auf­wen­dun­gen von El­tern für ihr her­an­wach­sen­des (vgl. § 155 JGG) Kind.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­tei­lig­ten strei­ten darum, ob die Kläger Auf­wen­dun­gen für die Straf­ver­tei­di­gung ih­res Soh­nes als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung gem. § 33 EStG gel­tend ma­chen können.

Die als Ehe­gat­ten zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lag­ten Kläger be­an­trag­ten in ih­rer Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2017 Straf­ver­tei­di­ger­kos­ten für Ih­ren Sohn A, geb. in 1999, i.H.v. rd. 12.500 € als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung nach § 33 EStG an­zu­er­ken­nen.

Das Fi­nanz­amt lehnte den An­satz die­ser Auf­wen­dun­gen ab. Pro­zess­kos­ten seien vom Ab­zug als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung aus­ge­schlos­sen, weil es sich nicht um Auf­wen­dun­gen han­dele, ohne die die Kläger Ge­fahr lie­fen, ihre Exis­tenz­grund­lage zu ver­lie­ren und ihre le­bens­not­wen­di­gen Bedürf­nisse in dem übli­chen Rah­men nicht mehr be­frie­di­gen zu können.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Das Ur­teil ist nicht rechtskräftig. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat zu Recht die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen für die Straf­ver­tei­di­ger­kos­ten nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung an­er­kannt.

Der zum 1.1.2013 ein­gefügte § 33 Abs. 2 S. 4 EStG re­gelt nun­mehr ge­setz­lich die Frage der Ab­zugsfähig­keit von Pro­zess­kos­ten. Diese Norm be­trifft grundsätz­lich je­des ge­richt­li­che Ver­fah­ren, so­mit auch Straf­ver­fah­ren. Nach der Recht­spre­chung des BFH stel­len Straf­ver­tei­di­ger­kos­ten ei­nes rechtskräftig Ver­ur­teil­ten keine außer­gewöhn­li­che Be­las­tung dar, da es an ei­ner Un­aus­weich­lich­keit der Auf­wen­dun­gen fehlt; Pro­zess­kos­ten ent­ste­hen nur bei sank­tio­nier­ten Straftätern, wo­bei die Straf­tat nicht un­aus­weich­lich war.

Vor­lie­gend wurde der Sohn der Kläger we­gen Wi­der­stan­des ge­gen Voll­stre­ckungs­be­amte im er­schwer­ten Fall tat­ein­heit­lich mit ver­such­ter gefähr­li­cher Körper­ver­let­zung, tat­ein­heit­lich mit vorsätz­li­cher Trun­ken­heit im Ver­kehr, so­wie des un­er­laub­ten Ent­fer­nens vom Un­fall­ort ver­warnt (ne­ben Er­tei­lung wei­te­rer Auf­la­gen). Die­ser Straf­aus­spruch ist der An­wen­dung des Ju­gend­ge­richts­ge­set­zes (JGG) ge­schul­det. Der Sohn der Kläger wurde je­doch nicht frei­ge­spro­chen, was im Rah­men der An­wen­dung des § 33 EStG von Be­deu­tung ist - wo­bei im Falle ei­nes Frei­spruchs oh­ne­hin keine Pro­zess­kos­ten an­ge­fal­len wären. Der Sohn der Kläger hätte da­her diese Kos­ten nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung in An­satz brin­gen können. Nichts An­de­res kann für den Fall gel­ten, dass - wie vor­lie­gend - die El­tern die Kos­ten über­nom­men ha­ben.

Die Kläger können sich nach Einfügung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG nicht (mehr) auf die BFH-Ur­teile vom 23.05.1990 III R 145/85 und vom 30.10.2003 III R 23/02 be­ru­fen. Zwar hat der BFH im Ur­teil III R 145/85 ent­schie­den, dass die Kos­ten für die Straf­ver­tei­di­gung ei­nes ei­nes Ver­bre­chens be­schul­dig­ten Kin­des für die El­tern aus sitt­li­chen Gründen zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG sein können und dies im Ur­teil III R 23/02 bei Ju­gend­li­chen und Her­an­wach­sen­den be­jaht, bei Volljähri­gen je­doch of­fen­ge­las­sen. Die Ur­teile stam­men je­doch aus ei­ner Zeit deut­lich vor Einfügung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG und sind so­mit zu ei­ner an­de­ren Ge­set­zes­lage er­gan­gen und können nicht ohne wei­te­res auf die Ge­set­zes­lage im vor­lie­gend strei­ti­gen Zeit­raum 2017, so­mit nach Einfügung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG, über­tra­gen wer­den.

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