Der Einladung zum 6. Branchendialog Agrar & Ernährung am 11. September 2018 in Düsseldorf waren 150 Teilnehmer gefolgt. Andreas Schüren, Managing Partner bei Ebner Stolz Management Consultants, begrüßte die Gäste und stimmte auf die Vorträge ein. Auf der Agenda standen Themen wie Zukunftstrends in der Seafood-Branche, Einblick in die Nutztierhaltung, kartellrechtliche Entscheidungspraxis, internationale Wachstumsstrategien im Landtechnikhandel und Digitalisierungsstrategien. Christoph Havermann, ebenfalls Managing Partner, führte durch den Tag und moderierte die Feedbackrunden.
Macht des Handels zwingt zur Exzellenz
Andreas Coppenrath, Geschäftsführer der Coppenrath Feingebäck GmbH, leitet das Familienunternehmen in sechster Generation. Heute muss er sich mit der Marktmacht des LEH auseinandersetzen: Die vier führenden Handelsgruppen hätten einen Marktanteil von 85 Prozent. führe zu einem deutlichen Ungleichgewicht. Stichworte seien subjektive Entscheidungen seitens der Einkäufer, ungünstige Verträge, sehr hohe Anforderungen an die Qualität oder die starke Bindung von Kapital. Außerdem müssten Rohstoffe bis ins Detail rückverfolgbar sein. Ein weiteres Thema sei der zunehmende Import von Backwaren. Trotz sehr spezifischer nationaler Geschmäcker sollten hiesige Hersteller auch darauf reagieren.
Die Zukunft der Seafood-Branche liegt in der Aquakultur
Bei Fisch und Fischprodukten ist Deutschland Importeur. 87 Prozent der Waren stammten aus dem Ausland, so Michael Armbrecht, CFO der Gottfried Friedrichs KG. Die Zukunft der Branche liege in der Aquakultur. Weltweit stamme bereits die Hälfte der Produktion aus Zuchtanlagen. Doch die Deutschen seien hier sehr zurückhaltend. Der Anteil bei Konsum und Produktion betrage nur rund ein Prozent.
Wie kann sich ein mittelständisches Unternehmen wie Gottfried Friedrichs in dem stark von ausländischen Großunternehmen dominierten Markt behaupten? Michael Armbrecht fasste es so zusammen: durch strikte Kostenkontrolle, professionelle Vertriebsarbeit und Leidenschaft für das Produkt.
Wurstkartell & Co. – Rechtsprechung im Kartellrecht
Süßwarenkartell, Kaffeekartell, Wurstkartell – Absprachen scheinen omnipräsent zu sein. Johann Brück, Partner in der Kanzlei Hermanns Wagner Brück, beleuchtete die aktuelle, oft differierende Sanktionierung in solchen Fällen. Während das Kartellamt Leitlinien mit relativ moderaten Bußgeldern pflege, gehe die Strafhöhenbemessung der gerichtlichen Instanz auf bis zu zehn Prozent des Konzernumsatzes. Strafen könnten so schnell eine dreistellige Millionenhöhe erreichen und damit die Summen des Kartellamtes deutlich überschreiten. Einsprüche und ein Gang vor Gericht bergten also große Risiken. Aber auch die kartellrechtlichen Richtlinien bei Absprachen im LEH würden strenger. So geriete die bisher übliche Listungsgebühr ins Visier, das Verschieben des MHD sowie Last-Minute-Stornierungen oder sogenannte „Hochzeitsrabatte“ bei Fusionen.
Qualität und Sicherheit im Fleischmarkt besser denn je
Clemens Tönnies, Geschäftsführender Gesellschafter der Tönnies Unternehmensgruppe, zeigte auf, wie sich der Fleischmarkt in den letzten 60 Jahren verändert hat. Heute kauften die Deutschen ihr Fleisch kaum noch in der klassischen Metzgerei, sondern in Supermärkten und Discountern. Kaufanreize böten oft unter dem Herstellungspreis angebotene Waren. So wachse der Preisdruck für die Fleischproduzenten zusätzlich. Gleichzeitig, so Tönnies, seien Qualität und Sicherheit der Erzeugnisse heute besser denn je. Und ebenso die Haltungs- und Schlachtungsbedingungen. Die Megatrends: Die Konsumenten fragen weniger Schweinefleisch nach als früher. Sie wünschen sich gut schmeckende, gesunde, sichere, regional und artgerecht produzierte Produkte.
Der Traktor von morgen ist vernetzt
Christoph Gröblinghoff, Vice President Distribution Management der AGCO International GmbH, gab Einblicke in den Landtechnikhandel der Zukunft. Die bewirtschafteten Flächen würden immer größer und die Landmaschinen stärker. Und: Die Digitalisierung sei der Treiber von Transformation, Wachstum und Effizienz.
AGCO ist längst nicht mehr der reine Landmaschinenhersteller. Das Unternehmen hat seine Vertriebsstruktur umgebaut und das Netzwerk mit den Händlern intensiviert. Wichtiger Baustein der Zukunftsstrategie: den Händlern und Landwirten digitale Tools und Plattformen für Smart Farming bieten. Christoph Gröblinghoff: „Elektronik und Software werden in Zukunft den Hauptteil des Wertschöpfungspotenzial im Landtechnikhandel ausmachen.“
Survival of the (digital) fittest
Kein Vortrag zu aktuellen Trends kommt heute noch ohne das Thema Digitalisierung aus. Das ist die Aufgabe der Zukunft. Für Start-ups, aber auch für etablierte Unternehmen. Philipp Wachter, Gründer und Geschäftsführender Partner der wdp GmbH berät mittelständische Unternehmen bei diesen Fragen und führt eine „Digital Due Diligence“-Prüfung durch. Die zukünftige Wertschöpfung stamme zunehmend aus digitalen Angeboten, so Wachter. Für Investoren und Finanzierer sei die „digital fitness“ also zunehmend ein Kriterium. Schaue man sich die Treiber an, würde der Handlungsdruck deutlich: die Exponentialität der Technologieentwicklung, das Nutzerverhalten und der gesellschaftliche Wandel sowie die Plattformökonomie der GAFA (Google, Apple, Facebook und Amazon). Chancen bieten neue Distributions- sowie neue Preis- und Geschäftsmodelle (Stichwort: „Power by the hour“).