Der Sachverhalt:
Die Parteien betreiben Apotheken. Der Kläger beanstandet, dass die Beklagte einer Patientin ein verschreibungspflichtiges Medikament ohne ärztliches Rezept ausgehändigt hat. Er sieht hierin einen Verstoß gegen § 48 Abs. 1 AMG, wonach verschreibungspflichtige Medikamente nicht ohne ärztliche Verordnung abgegeben werden dürfen.
Das LG gab der Klage bis auf einen Teil der Abmahnkosten statt. Das OLG wies die Klage ab. Es nahm an, die Beklagte sei zwar nicht zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt gewesen, weil kein dringender Fall i.S.v. § 4 AMVV vorgelegen habe. Der einmalige Gesetzesverstoß der Beklagten sei aber aufgrund der damaligen besonderen Situation, insbesondere wegen eines geringen Verschuldens der Beklagten, nicht geeignet gewesen, Verbraucherinteressen spürbar zu beeinträchtigen.
Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG zurück.
Die Gründe:
Die Verschreibungspflicht gem. § 48 AMG dient dem Schutz der Patienten vor gefährlichen Fehlmedikationen und damit gesundheitlichen Zwecken. Durch Verstöße gegen das Marktverhalten regelnde Vorschriften, die den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung bezwecken, werden die Verbraucherinteressen nach ständiger Rechtsprechung des BGH stets spürbar beeinträchtigt.
Die Beklagte war auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls gem. § 4 AMVV ausnahmsweise zur Abgabe des Arzneimittels ohne Rezept berechtigt. Zwar kann der Apotheker sich grundsätzlich auf eine Entscheidung des Arztes über die Verordnung des verschreibungspflichtigen Medikaments verlassen. Die Ausnahmevorschrift des § 4 AMVV setzt aber eine Therapieentscheidung des behandelnden Arztes aufgrund eigener vorheriger Diagnose voraus. In dringenden Fällen reicht es aus, wenn der Apotheker über die Verschreibung telefonisch unterrichtet wird.
An der erforderlichen Therapieentscheidung fehlt es jedoch, wenn ein Apotheker einen Arzt zu einer Verschreibung für einen dem Arzt unbekannten Patienten bewegt. Da zum Zeitpunkt des Besuchs der Apotheke der Beklagten keine akute Gesundheitsgefährdung bestand, war der Patientin auch zuzumuten, den ärztlichen Notdienst im Nachbarort aufzusuchen.
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