Der Sachverhalt:
Die Klägerin betrieb seit 1991 eine Musikschule und erklärte für die Streitjahre 1992 bis 1998 steuerpflichtige Umsätze. Die Erklärungen für 1992 sowie für 1994 bis 1998 reichte die Klägerin jeweils im Folgejahr ein; die Erklärung für 1993 im Jahr 1995. Auf Antrag der Klägerin vom 18.2.2010 bescheinigte ihr das Landesverwaltungsamt am 5.3.2010, dass die von ihr durchgeführte musikalische Früherziehung sowie der von ihr durchgeführte Instrumental-Unterricht von Oktober 1991 bis Ende 2013 unmittelbar i.S.d. § 4 Nr. 21a, bb UStG dem Schul- und Bildungszweck der beruflichen Bildung dienten. Später deutete das Amt die Bescheinigung dahin um, dass sie neben der musikalischen Früherziehung auch Notenlehre und Grundkenntnisse der Tasteninstrumente, Erlernen von Tasteninstrumenten, Solo- und Orchesterspiel (soweit nicht nach § 4 Nr. 20 UStG), Ensemble-Fächer, Vorbereitung Schülerorchester sowie Gesang- und Musiktheorie erfasste.
Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Zwischenurteil auf und wies die Klage ab.
Gründe:
Einer Änderung der bestandskräftigen Umsatzsteuerfestsetzungen für 1992 bis 1998 nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO steht der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer der Streitjahre wird im Streitfall gerade nicht nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO gehemmt.
Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 UStG der zuständigen Landesbehörde, dass bestimmte Leistungen einer privaten Schule oder anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten, ist ein Grundlagenbescheid i.S.v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO, dem Rückwirkung zukommen kann. Ein solcher Grundlagenbescheid einer ressortfremden Behörde bewirkt nur dann nach § 171 Abs. 10 S. 1 AO eine Ablaufhemmung, wenn er vor Ablauf der Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer erlassen wurde.
Soweit in der Literatur hiergegen eingewendet wird, § 171 Abs. 10 S. 1 AO enthalte in Hinblick auf Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden keine Regelungslücke, sondern sei lediglich rechtspolitisch verfehlt bzw. der Regelungsbefehl solcher Bescheide werde durch die teleologische Reduktion aus außerhalb ihres Zweckes liegenden Gründen relativiert, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Denn diese Kritik berücksichtigt nicht hinreichend, dass die §§ 169 ff. AO nach ihrem Grundgedanken und System dazu dienen, Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dadurch herzustellen, dass Steueransprüche nur innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden können und dieser Zweck im Hinblick auf Grundlagenbescheide ressortfremder Behörden in § 171 Abs. 10 S. 1 AO nicht verwirklicht wird. Dieser Zweck gilt auch für ressortfremde Bescheide und ist daher ihnen auch immanent.
Die Regelungslücke wurde für antragsgebundene Bescheinigungen erst durch die Einfügung von § 171 Abs. 10 S. 2 AO beseitigt. Danach gilt § 171 Abs. 10 S. 1 AO für einen Grundlagenbescheid, auf den § 181 AO nicht anzuwenden ist, nur, sofern dieser Grundlagenbescheid vor Ablauf der Festsetzungsfrist (für den Folgebescheid) bei der zuständigen Behörde beantragt wurde. Die Vorschrift gilt für alle am 31.12.2014 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen und damit nicht im Streitfall.
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