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Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter nach Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

FG Münster 17.11.2014, 5 K 2396/13 G,F

Das FG hat sich mit der Frage be­fasst, ob selbst ge­schaf­fene im­ma­te­ri­elle Wirt­schaftsgüter (hier: Fir­men­wert und Auf­trags­be­stand) nach Form­wech­sel ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft ak­ti­viert wer­den dürfen. Die Nicht­an­er­ken­nung der Zu­schrei­bun­gen in der Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den Ge­sell­schaft steht einem Aus­weis der Wirt­schaftsgüter in der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin nicht ent­ge­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH & Co. KG, die im Wege ei­ner form­wech­seln­den Um­wand­lung der Z-GmbH nach den Vor­schrif­ten der §§ 190 ff. UmwG zum 1.7.2004 ent­stan­den ist. Die Z-GmbH ak­ti­vierte in ih­rer Schluss­bi­lanz auf den 30.6.2004 erst­mals einen selbst­ge­schaf­fe­nen Fir­men­wert i.H.v. 600.000 € so­wie einen Auf­trags­be­stand i.H.v. 100.000 €. Trotz der ge­win­nerhöhen­den Zu­schrei­bun­gen auf Fir­men­wert und Auf­trags­be­stand er­gab sich für die Z-GmbH auf­grund des vor­han­de­nen Ver­lust­vor­trags eine fest­zu­set­zende Körper­schaft­steuer von 0 €. Im Rah­men ei­ner nach­fol­gen­den Be­triebsprüfung be­trach­tete der Prüfer diese Zu­schrei­bun­gen als un­zulässig. Er war der Auf­fas­sung, dass der selbst­ge­schaf­fene Fir­men­wert und der Auf­trags­be­stand gem. § 5 Abs. 2 EStG nicht ak­ti­vie­rungsfähig seien. Nach­fol­gend zur Be­triebsprüfung wurde ein ent­spre­chend geänder­ter Körper­schaft­steu­er­be­scheid für 2004 ge­genüber der Z-GmbH er­las­sen, mit dem un­verändert eine Körper­schaft­steuer von 0 € fest­ge­setzt wurde.

Der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage gab das FG Müns­ter statt (Ur­teil vom 6.10.2011, 9 K 1308/10). Die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hatte in­des Er­folg und führte zur Kla­ge­ab­wei­sung durch den BFH. Nach Auf­fas­sung des BFH war die Klage der Z-GmbH un­zulässig. Es fehle am Rechts­schutz­bedürf­nis, da die Z-GmbH durch die Strei­chung der Zu­schrei­bun­gen auf den selbst­ge­schaf­fe­nen Fir­men­wert und den Auf­trags­be­stand steu­er­lich nicht be­schwert sei.

In der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin auf den 1.7.2004 wa­ren der selbst­ge­schaf­fene Fir­men­wert und der Auf­trags­be­stand kor­re­spon­die­rend zu der Schluss­bi­lanz der Z-GmbH aus­ge­wie­sen. Im Rumpf­ge­schäfts­jahr 2004 nahm die Kläge­rin eine Ab­schrei­bung auf den Fir­men­wert i.H.v. 20.010 € und in den Ge­schäfts­jah­ren 2005 und 2006 i.H.v. je­weils 40.020 € vor. Den mit 100.000 € ak­ti­vier­ten Auf­trags­be­stand löste die Kläge­rin noch im Rumpf­ge­schäfts­jahr 2004 ge­winn­min­dernd auf.

Nach ei­ner Be­triebsprüfung ver­trat der Prüfer die Auf­fas­sung, dass der selbst­ge­schaf­fene Fir­men­wert und der Auf­trags­be­stand in der Schluss­bi­lanz der Z-GmbH und der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin zu strei­chen seien. Dem­ent­spre­chend seien die Ab­schrei­bun­gen auf den Fir­men­wert und die Auflösung des Auf­trags­be­stan­des rückgängig zu ma­chen und der Ge­winn der Kläge­rin ent­spre­chend zu erhöhen. Der Be­klagte folgte den Fest­stel­lun­gen der Be­triebsprüfung und er­ließ geänderte Fest­stel­lungs- und Ge­wer­be­steu­er­mess­be­trags­be­scheide. Die Kläge­rin ist dem­ge­genüber der Auf­fas­sung, dass sie den Fir­men­wert i.H.v. 600.000 € und den Auf­trags­be­stand i.H.v. 100.000 € in ih­rer Eröff­nungs­bi­lanz zu Recht ak­ti­viert habe.

Das FG gab der Klage statt. Die Re­vi­sion zum BFH wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hat bei Er­mitt­lung der Einkünfte aus Ge­wer­be­be­trieb bzw. des Ge­wer­be­er­tra­ges zu Un­recht die ge­winn­min­dernde Auflösung der Bi­lanz­po­si­tion "Auf­trags­be­stand" im Jahr 2004 und die Ab­schrei­bun­gen auf den Fir­men­wert in den Jah­ren 2004 bis 2006 nicht an­er­kannt. In der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin auf den 1.7.2014 wa­ren der Fir­men­wert i.H.v. 600.000 € und der Auf­trags­be­stand i.H.v. 100.000 € zu ak­ti­vie­ren.

Gem. § 14 S. 1 i.V.m. 4 Abs. 1 Um­wStG 1995 hat im Falle des Form­wech­sels ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft letz­tere die auf sie über­ge­gan­ge­nen Wirt­schaftsgüter mit dem in der steu­er­li­chen Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den Körper­schaft ent­hal­te­nen Wert zu über­neh­men. In der steu­er­li­chen Schluss­bi­lanz der Z-GmbH wa­ren der Fir­men­wert mit einem Wert von 600.000 € und der Auf­trags­be­stand mit einem Wert von 100.000 € ak­ti­viert. Diese Werte wa­ren durch die Kläge­rin in ih­rer Eröff­nungs­bi­lanz so­mit zu über­neh­men. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass ge­genüber der Z-GmbH Steu­er­be­scheide für 2004 er­gan­gen sind, in wel­chem das Fi­nanz­amt die Zu­schrei­bun­gen auf den Fir­men­wert und den Auf­trags­be­stand nicht an­er­kannt hat. Denn diese ge­genüber der Z-GmbH er­gan­ge­nen Steu­er­be­scheide sind keine Grund­la­gen­be­scheide für die Steu­er­fest­set­zun­gen ge­genüber der Kläge­rin. Die Bin­dung der über­neh­men­den Ge­sell­schaft an die Werte der Schluss­bi­lanz ist gemäß der Recht­spre­chung des BFH "nur" eine ma­te­ri­ell-recht­li­che.

Die Steu­er­fest­set­zung bei der über­neh­men­den Ge­sell­schaft er­folgt auf der Grund­lage des tatsäch­lich er­folg­ten An­sat­zes in der Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den Körper­schaft. Eine et­waige Ände­rung in der Schluss­bi­lanz wirkt nur über § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Der über­neh­mende Recht­sträger ist an den An­satz der über­tra­gen­den Körper­schaft ge­bun­den. Wenn der Bi­lanz­an­satz bei der über­tra­gen­den Körper­schaft un­zu­tref­fend war, kann al­ler­dings in der Eröff­nungs­bi­lanz der über­neh­men­den Per­so­nen­ge­sell­schaft diese den Bi­lan­zie­rungs­feh­ler, der sich bei ihr bis­lang nicht aus­ge­wirkt hat, be­rich­ti­gen. Im Er­geb­nis ist da­her der Auf­fas­sung der Kläge­rin zu fol­gen, dass die Nicht­an­er­ken­nung der Zu­schrei­bun­gen in der Schluss­bi­lanz der über­tra­gen­den Ge­sell­schaft einem Aus­weis der Wirt­schaftsgüter in der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin nicht ent­ge­gen­steht. Die ma­te­ri­ell-recht­li­che Prüfung der Rechtmäßig­keit die­ser Zu­schrei­bun­gen er­folgt bei der Kläge­rin, denn nur diese ist durch eine Ver­sa­gung der Bi­lan­zie­rung der Wirt­schaftsgüter be­schwert.

Der Bi­lanz­an­satz in der Eröff­nungs­bi­lanz der Kläge­rin auf den 1.7.2004 ist auch ma­te­ri­ell-recht­lich zu­tref­fend. Die Z-GmbH durfte in ih­rer Schluss­bi­lanz auf den 30.6.2004 Zu­schrei­bun­gen auf den Fir­men­wert und den Auf­trags­be­stand vor­neh­men. Dass es sich hier­bei um selbst­ge­schaf­fene im­ma­te­ri­elle Wirt­schaftsgüter han­delt, steht der Zu­schrei­bung nicht ent­ge­gen. Das Ver­bot der Ak­ti­vie­rung selbst­ge­schaf­fe­ner Wirt­schaftsgüter gem. § 5 Abs. 2 EStG fin­det im Rah­men des Form­wech­sels ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft keine An­wen­dung. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Fi­nanz­amts ist nicht er­sicht­lich, wes­halb der Form­wech­sel ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft in eine Per­so­nen­ge­sell­schaft in Be­zug auf die Ak­ti­vie­rung selbst­ge­schaf­fe­ner im­ma­te­ri­el­ler Wirt­schaftsgüter an­ders be­han­delt wer­den sollte als der Form­wech­sel ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft in eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft.

Die Bi­lanz­po­si­tio­nen "Auf­trags­be­stand" und "Fir­men­wert" sind auch der Höhe nach zu­tref­fend ge­bil­det wor­den. Dies ist durch den Be­klag­ten un­strei­tig ge­stellt wor­den. Die Bi­lanz­po­si­tion "Auf­trags­be­stand" durfte durch die Kläge­rin im Jahr 2004 ge­winn­min­dernd auf­gelöst wer­den. Denn der im Rah­men des Form­wech­sels über­ge­gan­gene Auf­trags­be­stand ist - was eben­falls un­strei­tig ist - noch im Jahr 2004 ver­braucht wor­den. Die Ab­schrei­bung des Fir­men­werts ist durch die Kläge­rin zu­tref­fend gem. § 7 Abs. 1 S. 3 EStG vor­ge­nom­men wor­den.

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