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Amtspflichten eines Notars bei der Beurkundung eines Vertrags über die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils an einen Treuhänder

BGH 22.9.2016, III ZR 427/15

Eine recht­li­che Ein­heit i.S.d. § 139 BGB zwi­schen einem Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­trag und einem hier­mit wirt­schaft­lich verknüpften Treu­hand­ver­trag kann zu ver­nei­nen sein, wenn die Be­tei­lig­ten von der er­for­der­li­chen Be­ur­kun­dung des Treu­hand­ver­trags be­wusst ab­se­hen, den Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­trag aber gleich­wohl - in Kennt­nis der Form­nich­tig­keit des Treu­hand­ver­tra­ges - ord­nungs­gemäß be­ur­kun­den las­sen. In die­sem Fall berührt die Form­nich­tig­keit des Treu­hand­ver­tra­ges nicht die Wirk­sam­keit des Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­tra­ges.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist eine GmbH, die im Jahr 2004 von Dr. H. gründete wor­den war. Die­ser war Al­lein­ge­sell­schaf­ter und Treuhänder des Ge­schäftsführers K. In der Fol­ge­zeit er­warb die Kläge­rin drei Grundstücke, die zu­vor im Ei­gen­tum des K. ge­stan­den hat­ten. Die von der Kläge­rin als Toch­ter­ge­sell­schaft (zu die­sem Zweck) gegründete V-GmbH er­warb da­nach ein wei­te­res Grundstück, das die Kläge­rin als Be­triebs­grundstück nutzte. Wirt­schaft­lich wa­ren die vier Grundstücke dem­nach dem K. - als Treu­ge­ber, ver­mit­telt über Dr. H. als sein Treuhänder und Al­lein­ge­sell­schaf­ter der Kläge­rin, die wie­derum die V-GmbH be­herrschte - zu­zu­rech­nen.

Nach­dem Dr. H. im Jahr 2010 schwer er­krankt war, trat K. an B., der ihn und die Kläge­rin seit Jah­ren steu­er­lich be­ra­ten hatte, mit der Bitte heran, den vollen Ge­schäfts­an­teil an der Kläge­rin an Stelle von Dr. H. vorüber­ge­hend als Treuhänder zu über­neh­men. Hier­mit erklärte sich B. ein­ver­stan­den. Im Sep­tem­ber 2010 be­ur­kun­dete der Be­klagte einen Ver­trag, in dem B. - für sich selbst und als münd­lich Be­vollmäch­tig­ter für Dr. H. han­delnd - den vollen Ge­schäfts­an­teil an der Kläge­rin auf sich selbst über­trug. Bei die­sem Be­ur­kun­dungs­ter­min war auch K. an­we­send. Es wurde ausdrück­lich darüber ge­spro­chen und ein­ver­nehm­lich fest­ge­legt, dass B. den Ge­schäfts­an­teil le­dig­lich als Treuhänder für K. hal­ten sollte. Der Be­klagte wies dar­auf hin, dass ein Treu­hand­ver­trag eben­falls der no­ta­ri­el­len Form un­ter­liege und be­ur­kun­dungs­bedürf­tig sei. K. erklärte hier­auf, dass die Treu­hand­ver­ein­ba­rung nicht be­ur­kun­det zu wer­den brau­che; auch der Treu­hand­ver­trag mit Dr. H. sei nicht be­ur­kun­det wor­den, und auf­grund der jah­re­lan­gen Zu­sam­men­ar­beit mit B. ver­traue er die­sem. So­wohl K. als auch B. ver­zich­te­ten auf die Be­ur­kun­dung ei­nes Treu­hand­ver­trags. Mit no­ta­ri­ell be­glau­big­ter Erklärung ge­neh­migte Dr. H. die Ver­ein­ba­rung über die Über­tra­gung des Ge­schäfts­an­teils.

Un­mit­tel­bar dar­auf ver­an­lasste B. die Um­schrei­bung der Ge­sell­schaf­ter­liste der Kläge­rin; er be­stellte sich zu ih­rem al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ten Ge­schäftsführer, über­trug drei Grundstücke an seine Ehe­frau und den vollen Ge­schäfts­an­teil der Kläge­rin an der V-GmbH auf sich selbst. Auf diese Weise ge­lang­ten die vier Grundstücke - ent­ge­gen der Treu­hand­ab­rede mit K. - wirt­schaft­lich an B. und seine Ehe­frau. Die Kläge­rin, K. und Dr. H. foch­ten dies we­gen arg­lis­ti­ger Täuschung an. Die Kläge­rin machte gel­tend, der Be­klagte habe seine no­ta­ri­el­len Amts­pflich­ten ver­letzt. Er habe ent­we­der auf der Be­ur­kun­dung der Treu­hand­ab­rede be­ste­hen oder sich wei­gern müssen, den - nach Auf­fas­sung der Kläge­rin nich­ti­gen - Ver­trag über die Über­tra­gung des Ge­schäfts­an­teils an der Kläge­rin auf B. zu be­ur­kun­den. Sie ver­langte den Er­satz von Kos­ten, die ihr mit der Rechts­ver­fol­gung ge­gen B. und des­sen Ehe­frau ent­stan­den wa­ren. Die Klage blieb al­ler­dings in al­len In­stan­zen er­folg­los.

Die Gründe:
Es lag keine Amts­pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten vor.

Der No­tar darf zwar nicht se­hen­den Au­ges ein nich­ti­ges Ge­schäft be­ur­kun­den. Diese Amts­pflicht hatte der Be­klagte al­ler­dings nicht ver­letzt, da der von ihm be­ur­kun­dete Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­trag nicht - ins­be­son­dere nicht gem. § 117 Abs. 1 BGB - nich­tig war. Zwar hatte die Kläge­rin zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein ein­heit­li­ches Rechts­ge­schäft i.S.d. § 139 BGB - bei einem da­hin­ge­hen­den Par­tei­wil­len - auch dann vor­lie­gen kann, wenn ein­zelne Rechts­ge­schäfte in meh­re­ren Ur­kun­den nie­der­ge­legt sind, un­ter­schied­li­chen Ge­schäft­sty­pen an­gehören und an ih­nen zum Teil ver­schie­dene Per­so­nen be­tei­ligt sind. Der Be­klagte hatte den Be­tei­lig­ten al­ler­dings erläutert, dass die Treu­hand­ver­ein­ba­rung der no­ta­ri­el­len Form bedürfe, wor­auf­hin K. und B. ausdrück­lich auf eine Be­ur­kun­dung der Ab­rede ver­zich­tet hat­ten.

Eine recht­li­che Ein­heit i.S.d. § 139 BGB zwi­schen einem Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­trag und einem hier­mit wirt­schaft­lich verknüpften Treu­hand­ver­trag kann zu ver­nei­nen sein, wenn die Be­tei­lig­ten von der er­for­der­li­chen Be­ur­kun­dung des Treu­hand­ver­trags be­wusst ab­se­hen, den Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­trag aber gleich­wohl - in Kennt­nis der Form­nich­tig­keit des Treu­hand­ver­tra­ges - ord­nungs­gemäß be­ur­kun­den las­sen. In die­sem Fall berührt die Form­nich­tig­keit des Treu­hand­ver­tra­ges nicht die Wirk­sam­keit des Ge­schäfts­an­teilsüber­tra­gungs­ver­tra­ges.

Ent­ge­gen der Mei­nung der Kläge­rin war der Be­klagte auch nicht ge­hal­ten, die Be­tei­lig­ten des Näheren auf die Fol­gen der Form­nich­tig­keit der Treu­hand­ab­rede hin­zu­wei­sen. Bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung er­gab sich nämlich, dass sich die Ver­trags­be­tei­lig­ten darüber im Kla­ren wa­ren, dass eine ohne Be­ach­tung die­ser Form ge­schlos­sene Treu­hand­ver­ein­ba­rung recht­lich un­wirk­sam war. Hier­von durfte schließlich auch der Be­klagte aus­ge­hen.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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