Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine börsennotierte AG. Auf ihrer Hauptversammlung war ein Beschlussvorschlag des Aufsichtsrates mit der erforderlichen Stimmenmehrheit angenommen worden, wonach die X-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für das Geschäftsjahr 2015 zum Abschlussprüfer und Konzernabschlussprüfer sowie zum Prüfer für die prüferische Durchsicht des im Halbjahresbericht enthaltenen verkürzten Abschluss- und Zwischenlageberichtes bestimmt wurde.
Das AG wies den Antrag zurück. Auf die Beschwerde der Antragstellerin hob das OLG den Beschluss auf und gab dem Antrag statt.
Die Gründe:
Die gem. § 318 Abs. 4 S. 4 HGB, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1, 63, 64, 375 Nr. 1, 402 Abs. 1 FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg, da das AG den auf § 318 Abs. 4 S. 2 HGB analog gestützten Antrag zu Unrecht zurückgewiesen hatte.
Der Senat hält eine analoge Anwendung des § 318 Abs. 4 S. 2 HGB bei einer anhängigen Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Hauptversammlung zur Wahl des Prüfers für sachgerecht. Zum einen ist eine ungewollte Regelungslücke anzunehmen: Nach § 318 Abs. 4 S. 1 HGB hat das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrats oder eines Gesellschafters den Abschlussprüfer zu bestellen, wenn der Abschlussprüfer bis zum Ablauf des Geschäftsjahrs nicht gewählt worden ist. Nach S. 2 HGB gilt Gleiches, wenn ein gewählter Abschlussprüfer die Annahme des Prüfungsauftrags abgelehnt hat, weggefallen ist oder am rechtzeitigen Abschluss der Prüfung verhindert ist und ein anderer Abschlussprüfer nicht gewählt worden ist. Eine gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers ist schließlich möglich, wenn dessen Wahl nichtig ist.
§ 318 Abs. 4 HGB dient der Verwirklichung des öffentlichen Interesses an der Pflichtprüfung nach § 316 HGB, d.h. mit der Vorschrift soll die Durchführung und der zeitnahe Abschluss der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfung sichergestellt werden. Die Verwirklichung dieses Ziels ist aber nicht nur gefährdet, wenn eine Anfechtungsklage rechtskräftig Erfolg gehabt hat, sondern auch schon dann, wenn eine Anfechtungsklage erhoben ist und sich u.U. erst nach langer Zeit herausstellen kann, dass kein wirksamer Jahresabschluss erstellt wurde. Somit kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber für diesen Fall eine gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers ausschließen wollte. Aus der Existenz des Freigabeverfahrens nach § 246a AktG lässt sich nichts gegen die Planwidrigkeit der Regelungslücke herleiten.
Entgegen der Ansicht des AG scheitert die gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers nicht daran, dass dieser für das laufende Geschäftsjahr bestellt werden soll. Zwar wird aufgrund Wortlautes teilweise vertreten, dass der Antrag nach § 318 Abs. 4 S. 2 HGB wegen des Verweises "Gleiches gilt" erst nach Abschluss des Geschäftsjahres gestellt werden kann. Der Verweis ist aber vielmehr so zu verstehen, dass damit nur auf die Folgen verwiesen wird, wenn kein Abschlussprüfer gewählt wird. Damit ordnet der Gesetzgeber auch für die in § 318 Abs. 4 S. 2 HGB genannten Fälle die Rechtsfolge des § 318 Abs. 4 S. 1 HGB an, dass das Gericht auf Antrag der gesetzlichen Vertreter, des Aufsichtsrats oder eines Gesellschafters den Abschlussprüfer zu bestellen hat. Aus dem Eingang des § 318 Abs. 4 S. 2 HGB lässt sich daher keine zeitliche Begrenzung der Antragstellung und der gerichtlichen Bestellung herleiten. Überzeugend ist es vielmehr, den Zeitpunkt der frühestmöglichen gerichtlichen Bestellung am Prinzip der Subsidiarität festzumachen.
Schließlich hält der Senat als zur eigenen Sachentscheidung berufenes Beschwerdegericht es für sachgerecht, den von der Hauptversammlung gewählten Abschlussprüfer gerichtlich zu bestellen. Der Gesetzeswortlaut des § 318 Abs. 4 S. 1 HGB spricht davon, dass das Gericht "den" Abschlussprüfer zu bestellen hat. Eine inhaltliche Einengung der Auswahl-entscheidung des Gerichts enthält das Gesetz insoweit nicht. Zwar muss das Gericht einen geeigneten Prüfer bestellen und ist bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben der §§ 319 ff. HGB gebunden. Die X. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat allerdings eine Unabhängigkeitserklärung nach den anwendbaren deutschen gesetzlichen und berufsrechtlichen Vorschriften abgegeben. Außerdem kann eine Bestellung des gewählten Abschlussprüfers von vorweg etwaige Probleme im Hinblick auf eine Doppelprüfung ausschließen.