Der Sachverhalt:
Die beklagte DHL Paket GmbH betreibt die Online-Verkaufsplattform "MeinPaket.de", auf der gewerbliche Verkäufer Waren zum Verkauf anbieten. Durch die Verkäufe kommt kein Vertrag zwischen DHL Paket und den Käufern zustande. Dem klagenden Verband Sozialer Wettbewerb e. V. (VSW) gehören u.a. Anbieter von Elektro- und Elektronikartikeln sowie Versandhändler an, die Waren aller Art anbieten.
In der Rubrik "Anbieterinformationen" konnte der Leser Firma und Anschrift des Vertragspartners erfahren. Außerdem hieß es in der Anzeige, dass die Plattform den Interessenten Zugang zu mehr als fünf Millionen Produkten und über 2.500 Händlern biete. Der VSW nimmt DHL Paket auf Unterlassung der Veröffentlichung dieser Werbung in Anspruch. DHL Paket genüge nicht ihrer Verpflichtung, Identität und Anschrift der ihre Verkaufsplattform nutzenden Anbieter anzugeben.
Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie ab. Die vom VSW eingelegte Revision ist beim BGH anhängig. Dieser setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vor. Nach Auffassung des BGH hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Angaben nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden schon in der Werbung für konkrete Produkte in einem Printmedium gemacht werden müssen, wenn die Verbraucher diese Produkte nur über eine in der Werbung angegebene Website des werbenden Unternehmens erwerben können und wenn sie die Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können.
Die Gründe:
Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG ist dahin auszulegen, dass eine Werbeanzeige wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die unter den Begriff "Aufforderung zum Kauf" im Sinne dieser Richtlinie fällt, die in dieser Vorschrift vorgesehene Informationspflicht erfüllen kann.
Wenn in einem Printmedium für eine Online-Verkaufsplattform geworben wird und insbesondere wenn darin eine große Anzahl von Kaufmöglichkeiten bei verschiedenen Gewerbetreibenden angeboten wird, können räumliche Beschränkungen i.S.v. Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie bestehen. Die in Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie genannten Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden müssen zwar grundsätzlich in der Aufforderung zum Kauf gemacht werden; dies muss aber nicht zwingend geschehen, wenn durch das für die Geschäftspraxis verwendete Kommunikationsmedium räumliche Beschränkungen auferlegt werden, sofern die Verbraucher, die die beworbenen Produkte über die in der Werbeanzeige genannte Website des dafür werbenden Unternehmens kaufen können, diese Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können.
Es ist Sache des nationalen Gerichts, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände der Aufforderung zum Kauf und des verwendeten Kommunikationsmediums zu beurteilen, ob diese Bedingung erfüllt ist. Schließlich ist festzustellen, dass die Verpflichtung, die in Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie genannten Angaben in einer Aufforderung zum Kauf zu machen, nicht davon abhängt, ob der Anbieter der betroffenen Produkte oder ein Dritter Verfasser dieser Aufforderung ist. Wenn in einem Druckmedium für Produkte verschiedener Anbieter geworben wird, bleiben folglich die nach dieser Vorschrift erforderlichen Angaben weiterhin notwendig. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob es aufgrund räumlicher Beschränkungen in dem Werbetext gerechtfertigt ist, Angaben zum Anbieter nur auf der Online-Verkaufsplattform zur Verfügung zu stellen, und ob die in Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie genannten Angaben zu der Online-Verkaufsplattform einfach und schnell mitgeteilt werden.
Linkhinweis:
Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.