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Aufwandszurechnung bei Schuldzinszahlungen von einem Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) bei Insolvenz

BFH 3.2.2016, X R 25/12

Der Steu­er­pflich­tige ver­liert durch die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über sein Vermögen nicht ge­ne­rell die Be­fug­nis, von ihm getätigte bzw. ihm zu­re­chen­bare Auf­wen­dun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben gem. § 4 Abs. 4 EStG ab­zu­zie­hen. Be­we­gen sich seine Auf­wen­dun­gen außer­halb des durch die InsO vor­ge­ge­be­nen Rah­mens, sind der steu­er­recht­li­chen Be­ur­tei­lung die sich aus §§ 40, 41 Abs. 1 AO er­ge­ben­den Wer­tun­gen zu­grunde zu le­gen.

Der Sach­ver­halt:
Die ver­hei­ra­te­ten Kläger wa­ren im Streit­jahr 2007 zu­sam­men zur Ein­kom­men­steuer ver­an­lagt wor­den. Der Kläger er­zielte u.a. Einkünfte aus nicht­selbständi­ger Ar­beit, die Kläge­rin war als Aus­hilfe ge­ringfügig be­schäftigt. Bis März 2006 hatte die Kläge­rin einen Ein­zel­han­del be­trie­ben. Zur glei­chen Zeit wurde über ihr Vermögen das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net. Nach­dem bei der Schluss­ver­tei­lung im Jahr 2008 den ge­gen die Kläge­rin ge­rich­te­ten For­de­run­gen i.H.v. über 1,1 Mio. € kei­ner­lei Ver­tei­lungs­masse ge­genüber­stand, wurde das Ver­fah­ren im April 2009 auf­ge­ho­ben.

In der Ein­kom­men­steu­er­erklärung 2007 machte die Kläge­rin bei ih­ren Einkünf­ten aus Ge­wer­be­be­trieb nachträgli­che Be­triebs­aus­ga­ben gem. § 24 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 4 EStG i.H.v. 33.545 € gel­tend, die sich u.a. aus Schuld­zin­sen für Bank­dar­le­hen zu­sam­men­setz­ten. Drei Dar­le­hen hat­ten die Ehe­leute ge­mein­sam auf­ge­nom­men. Bei drei wei­te­ren Dar­le­hen war der Kläger al­lei­ni­ger Dar­le­hens­neh­mer. Für letz­tere hat­ten die Ehe­leute in­tern ver­ein­bart, dass der Kläger den Be­trag i.H.v. 40.000 e zur "Be­zah­lung von Lie­fe­ran­ten­ver­bind­lich­kei­ten und (als) Be­triebs­mit­tel­kre­dit an die Kläge­rin als Dar­le­hen wei­ter­reicht.

Die streit­ge­genständ­li­chen Schuld­zins­zah­lun­gen er­folg­ten von dem ge­mein­sa­men Bank­konto der Kläger, das als Oder-Konto (Ge­mein­schafts­konto mit Ein­zel­verfügungs­be­fug­nis) geführt wurde. Der Kläger konnte auch nach Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens wei­ter­hin un­ein­ge­schränkt über das Oder-Konto verfügen, der In­sol­venz­ver­wal­ter war nicht in die Schuld­zins­zah­lun­gen in­vol­viert, d.h. diese ins­be­son­dere nicht - auch nicht nachträglich - ge­neh­migt hatte, und die Dar­le­hens­zin­sen "durch Ab­bu­chung un­ter dem Na­men des Klägers und un­ter An­gabe der je­wei­li­gen Num­mer der Grund-Dar­le­hen" ent­rich­tet wur­den.

Das Fi­nanz­amt ließ den nachträgli­chen Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug nicht zu. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Auf die Re­vi­sion der Kläger hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Gründe:
Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des FG wa­ren die Schuld­zins­zah­lun­gen auf die von den Klägern als Ge­samt­schuld­ner auf­ge­nom­me­nen Dar­le­hen dem Grunde nach als nachträgli­che Be­triebs­aus­ga­ben bei den Einkünf­ten der Kläge­rin aus Ge­wer­be­be­trieb ab­zieh­bar. Im Übri­gen hatte das FG die Klage zu Recht ab­ge­wie­sen.

Die Kläge­rin hatte durch die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über ihr Vermögen nicht ge­ne­rell die Be­fug­nis ver­lo­ren, von ihr getätigte bzw. ihr zu­re­chen­bare Auf­wen­dun­gen als Be­triebs­aus­ga­ben gem. § 4 Abs. 4 EStG ab­zu­zie­hen. Die nach Maßgabe von § 80 Abs. 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO ein­tre­ten­den Rechts­fol­gen be­zie­hen sich ausdrück­lich nur auf "das zur In­sol­venz­masse gehörende Vermögen" bzw. "einen Ge­gen­stand der In­sol­venz­masse" i.S.d. §§ 35 ff. InsO. Im Um­kehr­schluss hierzu er­gibt sich zum einen, dass der Schuld­ner außer­halb der In­sol­venz­masse ste­hen­des - in­sol­venz­freies - Vermögen nach wie vor frei ver­wal­ten und un­ein­ge­schränkt darüber verfügen darf.

Auf Grund­lage der Fest­stel­lun­gen des FG war im vor­lie­gen­den Fall je­doch we­der von einem be­trieb­li­chen Ei­gen­auf­wand der Kläge­rin aus­zu­ge­hen noch konn­ten ihr die auf die vom Kläger al­lein auf­ge­nom­me­nen Dar­le­hen ent­fal­len­den Schuld­zins­zah­lun­gen als nachträgli­che Be­triebs­aus­ga­ben zu­ge­rech­net wer­den. Eine sol­che Zu­rech­nung kommt nach der BFH-Recht­spre­chung le­dig­lich in Be­zug auf die von den Klägern ge­mein­sam auf­ge­nom­me­nen ge­samt­schuld­ne­ri­schen Dar­le­hen, wo­bei eine - even­tu­elle - Un­wirk­sam­keit der dies­bezügli­chen Ab­bu­chun­gen nach in­sol­venz­recht­li­chen Maßstäben für die steu­er­li­che Be­ur­tei­lung gem. § 41 Abs. 1 S. 1 AO un­er­heb­lich ist.

Be­we­gen sich die Auf­wen­dun­gen außer­halb des durch die InsO vor­ge­ge­be­nen Rah­mens, sind der steu­er­recht­li­chen Be­ur­tei­lung die sich aus §§ 40, 41 Abs. 1 AO er­ge­ben­den Wer­tun­gen zu­grunde zu le­gen. An den in der höchstrich­ter­li­chen Fi­nanz­recht­spre­chung an­er­kann­ten Zu­rech­nungs­grundsätzen für von einem Ehe­gat­ten-Ge­mein­schafts­konto (Oder-Konto) vor­ge­nom­mene Schuld­zins­zah­lun­gen ist auch im Fall der In­sol­venz des einen Be­triebs­aus­ga­ben­ab­zug be­an­spru­chen­den Ehe­gat­ten fest­zu­hal­ten.

Die Sa­che war al­ler­dings nicht spruch­reif. Im wei­te­ren Ver­fah­ren muss das FG prüfen, in­wie­weit § 4 Abs. 4a EStG dem Schuld­zin­sen­ab­zug ent­ge­gen­steht. Zu­dem wird es die be­son­de­ren An­wen­dungs­vor­schrif­ten in § 52 Abs. 11 S. 2 u. 3 EStG in der im Streit­jahr gel­ten­den Fas­sung bzw. - ak­tu­ell - § 52 Abs. 6 S. 6 u. 7 EStG in den Blick neh­men müssen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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