Der Sachverhalt:
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2013 Einkünfte als Kundendienstmonteur aus nichtselbständiger Arbeit. Für die Fahrten zwischen seiner Wohnung und dem Betriebsgelände seines Arbeitgebers nutzte er damals seinen privaten PKW. Dort hielt er sich sowohl morgens zu Beginn als auch nachmittags zum Ende seiner Arbeitszeit jeweils zwischen 15 bis 20 Minuten auf. Im Übrigen war der Kläger auf auswärtigen Baustellen tätig, die er mit einem auf dem Betriebsgelände "stationierten" Firmenfahrzeug anfuhr. Bei den Fahrten zu den auswärtigen Baustellen nahm der Kläger bisweilen weitere Firmenangehörige und gegebenenfalls Werkzeug sowie in geringem Umfang sonstige Materialien mit.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2013 machte der Kläger Reisekosten i.H.v. 2.484 € als Werbungskosten geltend. Diese Kosten entfielen auf die täglichen Fahrten des Klägers mit seinem Privat-PKW von seiner Wohnung zum Betrieb seines Arbeitgebers und zurück. Die einfache Wegstrecke betrug 18 km. Bei Berechnung der Fahrtkosten setzte der Kläger nicht die Entfernungspauschale je Entfernungskilometer für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sondern die Fahrtkosten je tatsächlich gefahrenen Kilometer an.
Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Wegekosten hingegen lediglich nach Maßgabe der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG i.H.v. 1.242 €. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.
Gründe:
Das FG hatte die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers zu Unrecht auf dem Betriebsgelände des Arbeitgebers des Klägers verortet.
Regelmäßige Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG ist die dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig der Betrieb, Zweigbetrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers (vgl. BFH-Urt. v. 26.2.2014, Az.: VI R 68/12). Eine Arbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der Arbeitnehmer typischerweise seine Arbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines Arbeitnehmers befindet.
Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen der Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit. Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer eine betriebliche Einrichtung seines Arbeitgebers nachhaltig (arbeitstäglich) aufsucht, kann dort keine regelmäßige Arbeitsstätte begründen (BFH-Beschl. v. 9.11.2015, Az.: VI R 8/15).
Diesen Rechtsgrundsätzen wurde die angefochtene Vorentscheidung allerdings nicht gerecht. Das FG hatte festgestellt, dass im Streitfall der qualitative Mittelpunkt der eigentlichen Arbeitstätigkeit des Klägers in den auswärtigen Gebäuden und auf den auswärtigen Baustellen lag, weil er dort die ihm aufgegebenen Arbeiten verrichtete. Damit war er schwerpunktmäßig auswärts und nicht an einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG tätig. Das Urteil konnte daher keinen Bestand haben.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.