Der Sachverhalt:
Der Sohn der Klägerin war im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) im Rettungs- und Sanitätsdienst tätig. Im Zuge dieser Tätigkeit wurde das Kind zum Rettungshelfer ausgebildet. In einer Erklärung zu einer abgeschlossenen Erstausbildung und Erwerbstätigkeit eines über 18 Jahre alten Kindes gab die Klägerin an, dass das Kind seit 2012 bis zum Studienbeginn als Rettungshelfer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden tätig sei.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung von Kindergeld für ihren Sohn, weil er um einen Studienplatz bemüht hatte und daher eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen konnte (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c EStG).
Dem Kindergeldanspruch steht auch nicht § 32 Abs. 4 S. 2 EStG entgegen. Der Sohn hatte bisher keine erstmalige Berufsausbildung absolviert, so dass die Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden dem Kindergeldanspruch nicht entgegensteht. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG und der dadurch einhergehenden engeren Auslegung des Ausbildungsbegriffs geht das Gericht im vorliegenden Fall nicht davon aus, dass das Kind der Klägerin durch seine Qualifizierung zum Rettungshelfer im Rahmen des FSJ eine Berufsausbildung i.S.d. der Vorschrift erfahren hat.
Bei der Ausbildung zum Rettungshelfer handelt es sich um eine zeitlich sehr kurze Qualifizierungsmaßnahme (etwa 6 bis 8 Wochen). Im Gegensatz zu den Tätigkeiten eines Rettungssanitäters bzw. Rettungsassistenten, die jeweils erstmalige Berufsausbildungen darstellen, weil sie regelmäßig als Vollerwerbstätigkeit ausgeübt werden und mehrmonatige bzw. mehrjährige landesrechtlich geregelte Ausbildungen voraussetzen, ist die Ausbildung zum Rettungshelfer nicht bundesweit einheitlich und durchgehend durch landesrechtliche Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geregelt.
Gegen die Qualifizierung der Ausbildung zum Rettungshelfer als Berufsausbildung spricht zudem der Umstand, dass die Ausbildung, sofern keine landesrechtlichen Sonderregelungen bestehen, in der Regel ohne eine Abschlussprüfung absolviert wird. Die dargelegte Rechtsansicht wird weiterhin durch den Umstand gestützt, dass der Rettungshelfer früher in vielen Bundesländern aufgrund der kurzen Ausbildungszeit die typische Qualifizierung für Zivildienstleistende war, bzw. aktuell für FSJler oder Bundesfreiwilligendienstleistende im Rettungsdienst und Krankentransport ist. Hieraus folgt, dass die Ausbildung in der Regel lediglich einem Anlernverhältnis entspricht. Dies verdeutlicht auch die Tatsache, dass die Rettungshelfer im Allgemeinen nur als Fahrer des Rettungswagens eingesetzt werden und deren Qualifizierung hauptsächlich dazu dient, dem höher qualifizierten Rettungspersonal zu assistieren. Eigenständige Berufsausbildungen im Rahmen des Rettungsdienstes stellen nach der Auffassung des Gerichts erst die qualifizierteren Ausbildungen zum Rettungssanitäter oder Rettungsassistenten dar.
Linkhinweis:
- Der Volltext ist auf der Homepage Hessenrecht Landesrechtsprechungsdatenbank veröffentlicht.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.