Der Sachverhalt:
Der Kläger und seine drei Brüder hatten im Februar 2006 einen Erbschaftsvertrag geschlossen. Darin verzichtete der Kläger für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruches einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche. Seine drei Brüder verpflichteten sich, an ihn zum Ausgleich seines Verzichts auf die Geltendmachung seiner Pflichtteilsansprüche einen Geldbetrag zu zahlen. Die Parteien waren sich darüber einig, dass dieser Vertrag auch dann Bestand haben solle und die gezahlten Abfindungen nicht zurück zu gewähren seien, wenn der Kläger nach dem Tode seiner Mutter nicht Erbe wird und keinen Pflichtteilsanspruch erwirbt.
Auf den Einspruch des Klägers und das Senatsurteil vom 17.2.2011 (Az.: 3 K 4815/08 Erb) entschied der BGH (Urt. v. 16.5.2013, Az.: II R 21/11), dass die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, eine freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen sei und nicht als fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers besteuert werden könne. Die Steuerklasse richte sich indes nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum zukünftigen Erblasser. Das Finanzamt habe somit zu Unrecht die Abfindungszahlungen der Brüder als Schenkung der Mutter an den Kläger besteuert.
Das Finanzamt war allerdings weiterhin der Ansicht, dass bei einer Besteuerung, welcher nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Verhältnisse zum künftigen Erblasser zu Grunde zu legen seien, auch die Vorschenkungen des künftigen Erblassers berücksichtigt werden müssten. § 14 ErbStG sei deshalb anzuwenden.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte die Vorschenkung der Mutter nach § 14 ErbStG bei der Schenkung zwischen dem Kläger und seinem Bruder zu Unrecht berücksichtigt.
Nach der BFH-Rechtsprechung richtete sich im vorliegenden Fall die Steuerklasse nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser. Der BFH hatte im Urteil vom 16.5.2013 ausdrücklich offen gelassen, wie im Übrigen die Besteuerung im Einzelnen zu erfolgen hat. Da sich die Steuerklasse nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser richtet und damit im Streitfall die Steuerklasse I anzuwenden war, bestimmte sich auch der Freibetrag nach der Steuerklasse I.
Eine Anrechnung der Vorschenkungen der Mutter war nicht möglich. Nach § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG werden mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallenden Vermögensvorteile in der Weise zusammengerechnet, dass dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe nach ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine Berücksichtigung der Vorschenkung der Mutter bei einem Erwerb vom Bruder nicht möglich, da es sich nicht über dieselbe Person handelt. Eine über den Wortlaut des § 14 Abs. 1 ErbStG hinausgehende Anwendung, wie vom Finanzamt vorgenommen, kam auch unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung nicht in Betracht. Denn der BFH hatte seine Entscheidung ausdrücklich auf die anzuwendende Steuerklasse beschränkt.
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