Der BFH hat am 28.1.2016 fünf (!) Urteile (Az. V R 25/13, V R 15/14, V R 67/14 und V R 12/14 vom 2.12.2015, Az. V R 36/13 vom 3.12.2015) zur Organschaft veröffentlicht. In diesen Urteilen nimmt er Bezug auf die Entscheidung des EuGH vom 16.7.2015 (Rs. C-108/14, C-109/14, Larentia + Minerva). Nach dieser Entscheidung steht das Unionsrecht sowohl der im UStG vorgesehenen Beschränkung auf juristische Personen als Organgesellschaften als auch dem Erfordernis eines Über- und Unterordnungsverhältnisses für eine Organschaft entgegen. Weitere Voraussetzungen nach nationalen Vorschriften seien nur möglich, wenn dies der Missbrauchsbekämpfung dient.
Personengesellschaft als Organgesellschaft
Unter Berücksichtigung dieser und in Abweichung von seiner bisherigen Rechtsprechung legt der BFH in seinem Urteil unter Az. V R 25/13 die maßgebliche Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG erweiternd aus („teleologische Extension“) und anerkennt unter strengen Voraussetzungen eine Personengesellschaft als Organgesellschaft, soweit neben dem Organträger als Gesellschafter nur Personen an der Personengesellschaft beteiligt sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind.
Weiterhin Erfordernis eines Über- und Unterordnungsverhältnisses
Im Hinblick auf das Erfordernis eines Über- und Unterordnungsverhältnisses hält der BFH entgegen dem Urteil des EuGH ausdrücklich an seiner strengen Rechtsprechung der vergangenen Jahre zu den Eingliederungsvoraussetzungen fest (Az. V R 15/14). Nach seiner Auffassung bestünden gegen diese Anforderungen auch unter Berücksichtigung des o. g. EuGH-Urteils unionsrechtlich keine Bedenken, da sie insbesondere einer rechtssicheren Bestimmung der Eingliederungsvoraussetzungen, der Verwaltungsvereinfachung und der Missbrauchsverhinderung dienen. Letzteres wird vom EuGH ja auch als unionsrechtskonform angesehen. Entsprechend lehnt der BFH in dieser Entscheidung eine Ausdehnung der Organschaft auf eng miteinander verbundene Personen, im Streitfall auf Schwestergesellschaften, ab.
Mit Hinweis auf obiges Urteil verneint der BFH auch das Vorliegen eines Organschaftsverhältnisses zwischen einer Betriebsgesellschaft und einer Besitzgesellschaft, auf die jeweils ein Einzelunternehmer sein Unternehmensvermögen bzw. das Anlagevermögen daraus übertragen hatte (Az. VR 36/13).
Nichtunternehmer kein Organträger
Der BFH hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass der Organträger Unternehmer sein muss (Az. V R 67/14). Somit kommt eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht unternehmerisch tätig ist, nicht als Organträger in Betracht.
Hinweis
Mit diesen Entscheidungen folgt der BFH nur eingeschränkt der Beurteilung des EuGH. Durch die (überraschende) teleologische Extension der Organschaftsregelung im Hinblick auf die mögliche Qualifikation einer Personengesellschaft als Organgesellschaft dürfte der Gesetzgeber nicht mehr unmittelbar unter dem Zugzwang einer Anpassung der gesetzlichen Regelung stehen. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn der Gesetzgeber die Entscheidungen von EuGH und BFH zum Anlass nimmt, die Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG im Sinne einer klaren gesetzlichen Vorgabe zu überprüfen und anzupassen. Ob es allerdings zu dem erhofften großen Wurf kommen wird, ist vor dem Hintergrund der aktuell veröffentlichten Entscheidungen des BFH leider weiterhin fraglich.