Der BGH kommt mit Urteil vom 29.9.2015 (Az. II ZB 23/14) zu dem Ergebnis, dass bei der Überprüfung von Unternehmenswerten im Spruchverfahren auch fachliche Berechnungsweisen zu Grunde gelegt werden können, die erst nach dem relevanten Bewertungsstichtag entwickelt wurden. Klarstellend ist dabei festzuhalten, dass es nicht um die Frage der rückwirkenden Anwendung eines Bewertungsstandards als solchem geht, sondern darum, ob eine innerhalb eines fachlichen Regelwerks verankerte Berechnungsweise den gesetzlichen Bewertungszielen entspricht. Bei dem Begriff der Rückwirkung stellen sich naturgemäß Fragen im Hinblick auf die Rechtssicherheit und den Vertrauensschutz. Diese werden vom BGH verworfen, solange die neue Berechnungsweise nicht eine Reaktion auf nach dem Stichtag eingetretene und zuvor nicht angelegte wirtschaftliche oder rechtliche Veränderungen, insbesondere in steuerlicher Hinsicht, ist.
Hinweis
Bezogen auf die unterschiedlichen Vorgehensweisen zwischen dem IDW S 1 i.d.F. 2000 und dem Standard aus 2005 hat der BGH festgestellt, dass die methodischen Verbesserungen keine Reaktion auf wirtschaftliche oder rechtliche Veränderungen darstellen, sondern nur die Unzulänglichkeiten des IDW S 1 i.d.F. 2000 beheben. Damit hat sich der BGH der von unserem Haus vertretenen Auffassung (vgl. Dr. Matthias Popp, Zum Anwendungszeitraum von Bewertungsstandards, Der Konzern 2015, S. 193 bis 205) angeschlossen.