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BMF soll zu Voraussetzungen für Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG Stellung nehmen

BFH 25.11.2015, II R 63/14

Der BFH hat das BMF auf­ge­for­dert, dem vor­lie­gen­den Re­vi­si­ons­ver­fah­ren bei­zu­tre­ten und zu der Frage, ob die An­wen­dung des § 6a GrEStG vor­aus­setzt, dass der herr­schende Recht­sträger ein Un­ter­neh­men i.S.d. § 2 UStG ist, so­wie zum mögli­chen Bei­hilf­echa­rak­ter des § 6a GrEStG Stel­lung zu neh­men.

Der Sach­ver­halt:
Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Ver­trag vom 20.5.2010 wurde die GmbH auf die Kläge­rin, eben­falls eine GmbH, ver­schmol­zen. Al­lei­nige Ge­sell­schaf­te­rin der bei­den Ge­sell­schaf­ten war seit Jahr­zehn­ten eine ge­meinnützige Stif­tung. Die Ver­schmel­zung wurde am 6.7.2010 in das Han­dels­re­gis­ter ein­ge­tra­gen.

Mit der Ver­schmel­zung ging eine Viel­zahl von in ver­schie­de­nen Fi­nanz­amts­be­zir­ken ge­le­ge­nen Grundstücken auf die Kläge­rin über. Das Fi­nanz­amt stellte die Be­steue­rungs­grund­la­gen für die Grund­er­werb­steuer gem. § 17 GrEStG ge­son­dert fest. Die Steu­er­begüns­ti­gung nach § 6a GrEStG gewährte das Fi­nanz­amt nicht, da die Stif­tung kein Un­ter­neh­mer i.S.d. UStG sei.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Sei­ner An­sicht nach folgt we­der aus dem Ge­set­zes­wort­laut noch aus der In­ten­tion des Ge­setz­ge­bers eine Be­schränkung des An­wen­dungs­be­reichs des § 6a GrEStG auf herr­schende Recht­sträger, die Un­ter­neh­men i.S.d. UStG sind. Hier­ge­gen rich­tet sich die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts. Der BFH for­derte das BMF zum Bei­tritt auf.

Die Gründe:
Das vor­lie­gende Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­trifft die Aus­le­gung des § 6a GrEStG und da­mit eine auf Bun­des­recht be­ru­hende Ab­gabe und eine Rechts­strei­tig­keit über Bun­des­recht. Die Aus­le­gung des § 6a GrEStG weist Schwie­rig­kei­ten von sol­chem Ge­wicht auf, dass dem Se­nat die Bei­tritts­auf­for­de­rung als sach­ge­recht er­scheint. Das be­trifft den Be­griff des herr­schen­den Un­ter­neh­mens, die An­wen­dung der Vor- und Nach­be­hal­tens­fris­ten des § 6a S. 4 GrEStG in Ver­schmel­zungsfällen so­wie uni­ons­recht­li­che Fra­ge­stel­lun­gen.

Der durch die Ver­schmel­zung be­wirkte Überg­ang des Ei­gen­tums an den Grundstücken der GmbH auf die Stif­tung un­ter­liegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG der Grund­er­werb­steuer. Es han­delt sich um ge­setz­li­che Ei­gen­tums­wech­sel, bei de­nen kein den An­spruch auf Übe­reig­nung begründen­des Rechts­ge­schäft vor­aus­ge­gan­gen war und es auch kei­ner Auf­las­sung be­durfte. Im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ist zu ent­schei­den, ob für diese Rechts­vorgänge die Steuer nach § 6a GrEStG nicht zu er­he­ben ist. Nach § 6a S. 1 Halbs. 1 GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder 3 GrEStG steu­er­ba­ren Rechts­vor­gang auf­grund ei­ner Um­wand­lung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UmwG die Steuer nicht er­ho­ben. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG be­trifft die Ver­schmel­zung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG die Auf­spal­tung, Ab­spal­tung und Aus­glie­de­rung und § 1 Abs. 1 Nr. 3 UmwG die Vermögensüber­tra­gung.

Die Nicht­er­he­bung der Steuer gem. § 6a S. 1 Halbs. 1 GrEStG setzt nach dem Wort­laut des § 6a S. 3 GrEStG vor­aus, dass an dem Um­wand­lungs­vor­gang aus­schließlich ein herr­schen­des Un­ter­neh­men und ein oder meh­rere von die­sem herr­schen­den Un­ter­neh­men abhängige Ge­sell­schaf­ten oder meh­rere von einem herr­schen­den Un­ter­neh­men abhängige Ge­sell­schaf­ten be­tei­ligt sind. Der Be­griff des Un­ter­neh­mens ist in § 6a GrEStG nicht de­fi­niert. Er be­darf da­her der näheren Be­stim­mung. Nach über­wie­gen­der Auf­fas­sung muss das herr­schende Un­ter­neh­men Un­ter­neh­mer im um­satz­steu­er­recht­li­chen Sinne sein. Ge­gen seine Be­stim­mung nach um­satz­steu­er­recht­li­chen Maßstäben wird der im Wort­laut des § 6a GrEStG feh­lende Ver­weis auf § 2 UStG an­geführt. Zwei­fel an der Maßgeb­lich­keit des um­satz­steu­er­recht­li­chen Un­ter­neh­mens­be­griffs könn­ten sich auch aus der Ziel­rich­tung des § 6a GrEStG er­ge­ben, des­sen Aus­le­gung sich am Ver­scho­nungs­zweck die­ser Re­ge­lung aus­zu­rich­ten hat. Aus der De­fi­ni­tion des abhängi­gen Un­ter­neh­mens in § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. b GrEStG lässt sich eben­falls nicht her­lei­ten, dass § 6a GrEStG nur auf Un­ter­neh­men i.S.d. UStG An­wen­dung fin­det.

Das zum Bei­tritt auf­ge­for­derte BMF wird um Stel­lung­nahme ge­be­ten, auf wel­che herr­schen­den Recht­sträger sei­ner Auf­fas­sung nach § 6a GrEStG an­wend­bar sein soll. Sollte sich der An­wen­dungs­be­reich des § 6a GrEStG nicht auf Un­ter­neh­men i.S.d. UStG be­schränken, son­dern auch einen Recht­sträger wie im Streit­fall er­fas­sen, wird sich zu­dem die bis­lang zwi­schen den Be­tei­lig­ten un­strei­tige Frage stel­len, ob die An­sicht der Fi­nanz­ver­wal­tung, dass die Ver­schmel­zung ei­ner Toch­ter­ge­sell­schaft auf eine an­dere ein nach § 6a GrEStG begüns­tig­ter Rechts­vor­gang sein kann, mit dem Wort­laut des § 6a GrEStG ver­ein­bar ist. In­so­weit wird auf die Ausführun­gen im Bei­tritts­auf­for­de­rungs­be­schluss vom 25.11.2015 (II R 62/14) ver­wie­sen.

In uni­ons­recht­li­cher Hin­sicht wird zu­dem zu prüfen sein, ob es sich bei § 6a GrEStG um eine neu ein­geführte Bei­hilfe i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV han­delt. Das BMF wird ge­be­ten mit­zu­tei­len, ob ein bei­hil­fe­recht­li­ches Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren durch­geführt wurde und wel­ches Er­geb­nis die­ses ggf. hatte, oder an­dern­falls zu der Frage des Vor­lie­gens ei­ner Bei­hilfe Stel­lung zu neh­men.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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