Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten. Die Klägerin ist ein bundesweit auf dem Gebiet der Vermittlung von Finanzdienstleistungen tätiges Vertriebsunternehmen. Der Beklagte war für die Klägerin aufgrund eines im April 2003 geschlossenen Vertrags als Handelsvertreter tätig. Der Beklagte kündigte den Handelsvertretervertrag unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist zum 31.12.2012. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung geleisteter Provisionen im Umfang von rd. 28.700 € in Anspruch.
Das LG erklärte den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig. Das OLG wies die sofortige Beschwerde der Klägerin zurück. Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung dorthin zurück.
Die Gründe:
Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte kann mit der vom OLG gegebenen Begründung nicht auf § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG gestützt werden.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Handelsvertreter gelten nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG nur dann als Arbeitnehmer i.S.d. ArbGG, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a HGB die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt mtl. nicht mehr als 1.000 € aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Aufwendungsersatz bezogen haben. Das OLG hat insoweit zu Recht angenommen, dass der Beklagte als Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a Abs. 1 HGB anzusehen ist.
Von Rechtsfehlern beeinflusst ist dagegen die Auffassung des OLG, die vom Beklagten in den letzten sechs Monaten vor Vertragsbeendigung bezogene durchschnittliche mtl. Vergütung belaufe sich auf nicht mehr als 1.000 €. Für die Ermittlung der während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses im Durchschnitt mtl. bezogenen Vergütung nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG sind alle unbedingt entstandenen Ansprüche des Handelsvertreters zu berücksichtigen unabhängig davon, ob und auf welche Weise sie von dem Unternehmer erfüllt worden sind. Danach sind Gegenansprüche des Unternehmers bei der Ermittlung der dem Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten vor Vertragsbeendigung zustehenden durchschnittlichen mtl. Vergütung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Rückforderungsansprüche des Unternehmers gem. § 87a Abs. 2 HGB, denen Stornierungen von Verträgen, für die der Handelsvertreter vor diesem Zeitraum Provisionsansprüche erlangt hat, zugrunde liegen.
Diese Rückforderungsansprüche des Unternehmers stellen nicht lediglich unselbständige Rechnungsposten der dem Handelsvertreter zustehenden Provisionsansprüche, sondern selbständige Gegenansprüche des Unternehmers dar, mit denen er gegenüber den vom Handelsvertreter in einem späteren Zeitraum verdienten Provisionen die Aufrechnung erklären kann. Eine Berücksichtigung von Provisionsrückforderungsansprüchen des Unternehmers nach § 87a Abs. 2 HGB kann bei der Ermittlung der nach § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG maßgebenden durchschnittlichen mtl. Vergütung des Handelsvertreters allein dann in Betracht kommen, wenn die dem Handelsvertreter in den letzten sechs Monaten vor Beendigung des Vertragsverhältnisses entstandenen Provisionsansprüche infolge von Vertragsstornierungen nachträglich wieder entfallen und vom Unternehmer nach § 87a Abs. 2 HGB zurückgefordert werden können.
Die vom Beklagten in den letzten sechs Monaten vor Beendigung des Vertrags bezogene durchschnittliche mtl. Vergütung übersteigt im vorliegenden Fall den in § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG festgelegten Betrag von 1.000 €. Der Beklagte hat in diesem Zeitraum unbedingte Provisionsansprüche im Umfang von insgesamt rd. 9.900 € erwirtschaftet. Dies entspricht einer durchschnittlichen mtl. Vergütung von rd. 1.650 €. Es handelt sich nicht deswegen um bedingt entstandene Vergütungsansprüche, weil gegenüber diesen Provisionsforderungen des Beklagten im Falle der Stornierung zuvor von ihm vermittelter Vertragsabschlüsse Rückforderungsansprüche der Klägerin nach § 87a Abs. 2 HGB entstehen können, mit denen sie gegen die Vergütungsansprüche des Beklagten in dem für die Anwendung des § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG maßgeblichen Zeitraum die Aufrechnung erklären kann. Eine Anrechnung der in den Monaten Juli und August 2012 von der Klägerin erhobenen Provisionsrückforderungen kommt nicht in Betracht, weil diese auf Stornierungen von Verträgen beruhen, die vor Juli 2012 geschlossen worden sind.
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