Der Sachverhalt:
Die Klägerin und die Y-GmbH hatten im Jahr 2005 einen Geschäftsanteils-Kaufvertrag abgeschlossen, durch den die Y-GmbH von der Klägerin einen Anteil am Stammkapital der X-GmbH von 24,9 % kaufte. In der Urkunde wurde u.a. vereinbart, dass die Klägerin jederzeit das Recht habe, den Verkauf des Geschäftsanteils an sie, die Klägerin, zu verlangen ("Call Option"). Hierzu wurden nähere Regelungen getroffen.
Die Klägerin war der Ansicht, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erfüllt seien. Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Der Grunderwerbsteuerbescheid ist (unabhängig davon, ob die Klägerin einen "gegenläufigen Anspruch auf Beseitigung der Steuerfestsetzung" hat) bereits deshalb rechtswidrig, weil er inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist und daher gegen § 119 AO verstößt. Das Finanzamt hatte in dem Bescheid einen Rechtsvorgang benannt, der nicht der Besteuerung unterlag und den es nicht besteuern wollte.
Die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG war durch die Ausübung der Call Option erfolgt. Mit Abgabe dieser Erklärung wurde der Erwerbsvorgang verwirklicht. Durch die Vereinbarung aus 2005 wurde das Optionsrecht lediglich begründet und - durch den Verkauf und die Abtretung des Geschäftsanteils zum Optionsstichtag bzw. Optionsclosingtag - näher ausgestaltet. Ein grunderwerbsteuerlich relevanter Vorgang lag hierin nicht. Insoweit unterscheidet sich der Fall von aufschiebend bedingten oder genehmigungsbedürftigen Erwerbsvorgängen. Bei diesen entsteht die Steuer zwar erst mit Eintritt der Bedingung oder der Genehmigung. Der Erwerbstatbestand ist regelmäßig jedoch bereits bei Abschluss des Rechtsgeschäfts verwirklicht.
Angesichts der eindeutigen Bezeichnung des besteuerten Sachverhalts war eine - diesem Wortlaut widersprechende - Auslegung dahingehend, dass durch den Bescheid die Ausübung der Call Option besteuert wurde, nicht möglich. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes führte die Nennung des Feststellungsbescheids aus 2013 (unter "Besteuerungsgrundlagen") und der erläuternde Hinweis, der Festsetzung lägen die Feststellungen der Betriebsprüfung zugrunde, nicht zu einem anderen Ergebnis. Die Entscheidung über den für die Besteuerung maßgeblichen Zeitpunkt wird nach BFH-Rechtsprechung im Grunderwerbsteuerbescheid getroffen. Dieser muss sich (insbesondere, wenn - wie hier - eine Grundstücksbewertung zu erfolgen hat) im Wege der Auslegung unmissverständlich dem Grunderwerbsteuerbescheid entnehmen lassen. Hieraus folgt, dass die Regelung über den Erwerbsvorgang, insbesondere den maßgeblichen Zeitpunkt, der Grunderwerbsteuerbescheid trifft und in dem Bescheid über die Feststellung des Grundbesitzwerts - entsprechend dieser Vorgabe - (nur) bindend über die Bemessungsgrundlage entschieden wird.
Die Bezeichnung des Erwerbsvorgangs ("Übertragungsvertrag") und des maßgeblichen Zeitpunkts ("12.12.2005") widersprechen dem im Feststellungsbescheid angegebenen Zeitpunkt ("2.1.2007"). Wegen dieses eindeutigen Widerspruchs ist eine Auslegung dahingehend, dass der Grunderwerbsteuerbescheid "unmissverständlich" die Ausübung der Call Option am 2.1.2007 als maßgeblichen Vorgang und Zeitpunkt ausweist, nicht möglich.
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