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Rechtsberatung

Eltern zahlen für illegales Filesharing ihrer Kinder über Familienanschluss

BGH 30.3.2017, I ZR 19/16

Kennt der In­ha­ber ei­nes In­ter­net­an­schlus­ses den Na­men des Fa­mi­li­en­mit­glieds, das im Wege des il­le­ga­len File­sha­rings eine Rechts­ver­let­zung über die­sen Fa­mi­li­en­an­schluss be­gan­gen hat, so muss er des­sen Na­men of­fen­ba­ren, wenn er eine ei­gene Ver­ur­tei­lung zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz ab­wen­den will. Im Um­fang der ihm ob­lie­gen­den se­kundären Dar­le­gungs­last ist der An­schlus­sin­ha­ber im Rah­men des Zu­mut­ba­ren zu Nach­for­schun­gen so­wie zur Mit­tei­lung ver­pflich­tet, wel­che Kennt­nisse er da­bei über die Umstände ei­ner even­tu­el­len Ver­let­zungs­hand­lung ge­won­nen hat.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin hat die Ver­wer­tungs­rechte an den Mu­sik­ti­teln inne, die auf dem Mu­si­kal­bum "Loud" der Künst­le­rin Ri­hanna ent­hal­te­nen sind. Sie nimmt die Be­klag­ten we­gen Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung auf Scha­dens­er­satz i.H.v. min­des­tens 2.500 € so­wie auf Er­satz von Ab­mahn­kos­ten i.H.v. rd. 1.400 € in An­spruch, weil diese Mu­sik­ti­tel über den In­ter­net­an­schluss der Be­klag­ten im Ja­nuar 2011 im Wege des "File­sha­ring" öff­ent­lich zugäng­lich ge­macht wor­den sind.

Die Be­klag­ten be­strei­ten, die Rechts­ver­let­zung be­gan­gen zu ha­ben. Sie ver­wei­sen dar­auf, dass ihre drei bei ih­nen woh­nen­den und be­reits volljähri­gen Kin­der je­weils ei­gene Rech­ner be­ses­sen und über einen mit einem in­di­vi­du­el­len Pass­wort ver­se­he­nen WLAN-Rou­ter Zu­gang zum In­ter­net­an­schluss ge­habt hätten. Die Be­klag­ten erklärten, sie wüss­ten, wel­ches ih­rer Kin­der die Ver­let­zungs­hand­lung be­gan­gen habe; nähere An­ga­ben hierzu ver­wei­gert sie al­ler­dings.

LG und OLG ga­ben der Klage über­wie­gend statt und ver­ur­teil­ten die Be­klag­ten zur Zah­lung von Scha­dens­er­satz i.H.v. 2.500 € und zum Er­satz von Ab­mahn­kos­ten i.H.v. rd. 1.040 €. Die Re­vi­sion der Be­klag­ten hatte vor dem BGH kei­nen Er­folg.

Die Gründe:
Im Aus­gangs­punkt trägt die Kläge­rin als An­spruch­stel­le­rin die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür, dass die Be­klag­ten für die Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung als Täter ver­ant­wort­lich sind. Al­ler­dings spricht eine tatsäch­li­che Ver­mu­tung für eine Täter­schaft des An­schlus­sin­ha­bers, wenn zum Zeit­punkt der Rechts­ver­let­zung keine an­de­ren Per­so­nen - etwa die Fa­mi­li­en­an­gehöri­gen - die­sen In­ter­net­an­schluss be­nut­zen konn­ten. Zu die­ser Frage muss sich der An­schlus­sin­ha­ber im Rah­men ei­ner sog. se­kundären Dar­le­gungs­last erklären, weil es sich um Umstände auf sei­ner Seite han­delt, die der Kläge­rin un­be­kannt sind.

In die­sem Um­fang ist der An­schlus­sin­ha­ber im Rah­men des Zu­mut­ba­ren zu Nach­for­schun­gen so­wie zur Mit­tei­lung ver­pflich­tet, wel­che Kennt­nisse er da­bei über die Umstände ei­ner even­tu­el­len Ver­let­zungs­hand­lung ge­won­nen hat. Ent­spricht der An­schlus­sin­ha­ber sei­ner se­kundären Dar­le­gungs­last, ist es wie­der Sa­che der kla­gen­den Par­tei, die für eine Haf­tung der Be­klag­ten als Täter ei­ner Ur­he­ber­rechts­ver­let­zung spre­chen­den Umstände dar­zu­le­gen und nach­zu­wei­sen.

Vor­lie­gend ha­ben die Be­klag­ten ih­rer se­kundären Dar­le­gungs­last nicht genügt, weil sie den Na­men des Kin­des nicht an­ge­ge­ben ha­ben, das ih­nen ge­genüber die Rechts­ver­let­zung zu­ge­ge­ben hat. Diese An­gabe war den Be­klag­ten auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Grund­rechts­po­si­tio­nen der Par­teien zu­mut­bar. Zu­guns­ten der Kläge­rin sind das Recht auf geis­ti­ges Ei­gen­tum nach Art. 17 Abs. 2 EU-Grund­rech­techarta und Art. 14 GG so­wie auf einen wirk­sa­men Rechts­be­helf nach Art. 47 EU-Grund­rech­techarta und auf Sei­ten der Be­klag­ten der Schutz der Fa­mi­lie gem. Art. 7 EU-Grund­rech­techarta und Art. 6 Abs. 1 GG zu berück­sich­ti­gen und in ein an­ge­mes­se­nes Gleich­ge­wicht zu brin­gen.

Da­nach ist der An­schlus­sin­ha­ber etwa nicht ver­pflich­tet, die In­ter­net­nut­zung sei­nes Ehe­gat­ten zu do­ku­men­tie­ren und des­sen Com­pu­ter auf die Exis­tenz von File­sha­ring-Soft­ware zu un­ter­su­chen. Hat der An­schlus­sin­ha­ber je­doch im Rah­men der ihm ob­lie­gen­den Nach­for­schun­gen den Na­men des Fa­mi­li­en­mit­glieds er­fah­ren, das die Rechts­ver­let­zung be­gan­gen hat, muss er des­sen Na­men of­fen­ba­ren, wenn er eine ei­gene Ver­ur­tei­lung ab­wen­den will.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für die Pres­se­mit­tei­lung des BGH kli­cken Sie bitte hier.
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