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Erbauseinandersetzung: Keine Grunderwerbsteuerbefreiung für Anteilsvereinigung durch Erwerb von Gesellschaftsanteilen

BFH 25.11.2015, II R 35/14

Er­wirbt ein Miterbe bei der Er­bau­sein­an­der­set­zung einen zum Nach­lass gehören­den An­teil an ei­ner Per­so­nen- oder Ka­pi­tal­ge­sell­schaft und führt die­ser Er­werb nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu ei­ner Ver­ei­ni­gung von An­tei­len an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, ist die An­teils­ver­ei­ni­gung nicht nach § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG von der Grund­er­werb­steuer be­freit.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger und seine Schwes­ter (S) wa­ren je zur Hälfte Miter­ben ih­rer Ende 2000 ver­stor­be­nen Mut­ter (M). Zum Nach­lass der M gehörten u.a. ein Kom­man­dit­an­teil von 50 Pro­zent an der A-KG und ein Ge­schäfts­an­teil von 50 Pro­zent an de­ren vermögensmäßig nicht be­tei­lig­ter Kom­ple­mentärin, der B-GmbH. Mit no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­tem Ver­trag vom 8.6.2001 ver­ein­bar­ten der Kläger und S die Aus­ein­an­der­set­zung der Er­ben­ge­mein­schaft in der Weise, dass der Kläger die Ge­sell­schafts­be­tei­li­gun­gen und S im We­sent­li­chen den rest­li­chen Nach­lass er­hielt.

Die A-KG ist mit 90 Pro­zent an der grund­be­sit­zen­den G-GmbH be­tei­ligt; die wei­te­ren Ge­schäfts­an­teile von 10 Pro­zent hält der Kläger. Kom­man­di­tis­ten der A-KG und Ge­sell­schaf­ter der B-GmbH wa­ren zunächst die El­tern des Klägers je­weils zur Hälfte. Der Kom­man­dit­an­teil des Va­ters und sein Ge­schäfts­an­teil an der B-GmbH wa­ren mit sei­nem Ab­le­ben im Jahr 1999 auf den Kläger über­ge­gan­gen. Nach der Er­bau­sein­an­der­set­zung vom 8.6.2001 über den Nach­lass der M war der Kläger al­lei­ni­ger Kom­man­di­tist der A-KG und al­lei­ni­ger Ge­sell­schaf­ter der B-GmbH. Der Aus­ein­an­der­set­zungs­ver­trag vom 8.6.2001 wurde vom No­tar an die für die A-KG zuständige Ver­an­la­gungs­stelle mit dem Ver­merk "im Erb­schaft- bzw. Schen­kung­steu­er­in­ter­esse" über­sandt. Eine Mit­tei­lung an die Grund­er­werb­steu­er­stelle er­folgte nicht.

Nach ei­ner Prüfungs­mit­tei­lung vom 24.7.2006 ging das Fi­nanz­amt da­von aus, dass der Ver­trag vom 8.6.2001 beim Kläger zu ei­ner An­teils­ver­ei­ni­gung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geführt habe. Der Kläger sei zu 10 Pro­zent un­mit­tel­bar und zu 90 Pro­zent mit­tel­bar über die A-KG an der grund­be­sit­zen­den G-GmbH be­tei­ligt. Das Fi­nanz­amt setzte mit Be­scheid vom 27.6.2007 Grund­er­werb­steuer von rd. 83.000 € ge­gen den Kläger fest, ohne Steu­er­be­frei­un­gen nach § 3 Nrn. 2 und 3 GrEStG zu berück­sich­ti­gen.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die auf­grund der Er­bau­sein­an­der­set­zung ein­ge­tre­tene An­teils­ver­ei­ni­gung ist nicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG steu­er­be­freit.

Mit Ab­schluss des Er­bau­sein­an­der­set­zungs­ver­trags vom 8.6.2001 ist gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein steu­er­ba­rer Er­werbs­vor­gang ver­wirk­licht wor­den. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG un­ter­liegt u.a. ein Rechts­ge­schäft, das den An­spruch auf Über­tra­gung ei­nes oder meh­re­rer An­teile an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ge­sell­schaft begründet, der Grund­er­werb­steuer, wenn durch die Über­tra­gung un­mit­tel­bar oder mit­tel­bar min­des­tens 95 Pro­zent der An­teile der Ge­sell­schaft in der Hand des Er­wer­bers al­lein ver­ei­nigt wer­den würden. Im Streit­fall sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt. Der Kläger hat auf­grund der Er­bau­sein­an­der­set­zungs­ver­ein­ba­rung die rest­li­chen An­teile an der A-KG und der B-GmbH er­hal­ten, mit der Folge, dass er zu 100 Pro­zent als Kom­man­di­tist an der A-KG und zu 100 Pro­zent als Ge­sell­schaf­ter an de­ren Kom­ple­mentärin, der B-GmbH, be­tei­ligt ist. Da­mit ist ihm die Be­tei­li­gung der A-KG an der grund­be­sit­zen­den G-GmbH zu­zu­rech­nen.

Der auf­grund der An­teils­ver­ei­ni­gung fin­gierte Grundstück­ser­werb des Klägers von der G-GmbH ist nicht nach § 3 Nr. 3 GrEStG steu­er­be­freit. Er­wirbt ein Miterbe bei der Er­bau­sein­an­der­set­zung einen zum Nach­lass gehören­den An­teil an ei­ner Per­so­nen- oder Ka­pi­tal­ge­sell­schaft und führt die­ser Er­werb nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG zu ei­ner Ver­ei­ni­gung von An­tei­len an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft, ist die An­teils­ver­ei­ni­gung nicht nach § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG von der Grund­er­werb­steuer be­freit. Für die Steu­er­be­frei­ung ist an den fik­ti­ven Er­werb des Grundstücks von der grund­be­sit­zen­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft an­zuknüpfen. Der Miterbe er­wirbt da­nach zwar im Rah­men der Er­bau­sein­an­der­set­zung fik­tiv ein Grundstück. Die­ses Grundstück gehört aber nicht zum Nach­lass, son­dern ist ein Ge­sell­schafts­grundstück.

Zu­dem liegt grund­er­werb­steu­er­recht­lich kein Er­werb von der Er­ben­ge­mein­schaft, son­dern ein Er­werb von der grund­be­sit­zen­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft vor. Auch zi­vil­recht­lich ist kein Grundstück­ser­werb, son­dern ein An­teil­ser­werb ge­ge­ben. Die Steu­er­be­frei­ung des § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG kann nicht des­halb gewährt wer­den, weil der fik­tive Grundstück­ser­werb i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG auf eine An­teilsüber­tra­gung zwi­schen Miter­ben im Rah­men der Er­bau­sein­an­der­set­zung zurück­zuführen ist. Die Recht­spre­chung zur An­wen­dung der Steu­er­be­frei­ung des § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG in Fällen, in de­nen durch die schenk­weise Über­tra­gung des An­teils an ei­ner grund­be­sit­zen­den Ka­pi­tal­ge­sell­schaft der Tat­be­stand ei­ner An­teils­ver­ei­ni­gung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt wird, ist nicht auf die Steu­er­be­frei­ung nach § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG über­trag­bar. Nach all­dem ist die Ver­ei­ni­gung al­ler An­teile an der G-GmbH in der Hand des Klägers nicht steu­er­be­freit, so­weit der Kläger An­teile an der A-KG und der B-GmbH auf­grund der Er­bau­sein­an­der­set­zung von S er­hal­ten hat.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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