Der Sachverhalt:
Die Erblasserin und der Kläger waren seit 1973 verheiratet und lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Durch notariellen Ehe- und Erbvertrag aus dem Jahr 2004 beendeten sie den gesetzlichen Güterstand und vereinbarten Gütertrennung. Die Zugewinnausgleichsforderung der Erblasserin gegenüber dem Kläger belief sich auf 375.823 € und wurde auf die Lebenszeit des Klägers zinslos gestundet.
Gegen diese Festsetzung wandte sich der Kläger. Mit seiner Klage verfolgte er sein Begehren auf Abzinsung der Zugewinnausgleichsforderung weiter. § 10 Abs. 3 ErbStG habe nicht lediglich die Wirkung, dass die zivilrechtlich durch Konfusion untergegangene Zugewinnausgleichsforderung für Erbschafsteuerzwecke bestehen bleibe. Sie bleibe vielmehr auch zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen (zinslose Stundung bis zum Tod des Klägers) bestehen, mit der Folge, dass die Forderung auf den Todestag der Erblasserin, an dem die Lebenserwartung des Klägers statistisch noch mehr als ein Jahr betragen habe abzuzinsen sei.
Das FG gab der Klage statt. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Sowohl die Erfassung der Zugewinnausgleichsforderung als Nachlassgegenstand als auch die Erfassung der Zinsschenkung als Vorschenkung hätte mit den gem. § 12 Abs. 3 BewG bzw. § 14 Abs. 2 BewG abgezinsten Werten erfolgen müssen.
In seinem Urteil vom 7.10.1998 (Az.: II R 64/96) hat der BFH zwar ausgeführt, dass im Erbfall § 10 Abs. 3 ErbStG die Anwendung der §§ 13 Abs. 3 und 14 Abs. 2 BewG sperre mit der Folge, dass im vorliegenden Fall die Zinsschenkung, die gem. § 14 Abs. 1 ErbStG als Vorschenkung zu erfassen ist, nicht, wie vom Kläger beantragt, mit einem gem. § 14 Abs. 2 BewG korrigierten Wert anzusetzen wäre. Dieser Auffassung vermag der Senat sich jedoch nicht anzuschließen. Denn der Schluss, dass § 10 Abs. 3 ErbStG in Konstellationen wie der, die der Entscheidung des BFH zugrunde lag, und auch der vorliegenden, die der BFH nicht zu entscheiden hatte, sowohl den aktuell zu besteuernden Erwerb als auch den Vorerwerb erfasst, ist nicht zwingend und findet im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze.
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall. Für diesen der Besteuerung unterliegenden Anfall bestimmt § 10 Abs. 3 ErbStG den Fortbestand der Rechtsverhältnisse, in denen sich Erblasser und Erbe als Gläubiger und Schuldner gegenüberstehen. Demgegenüber ist die Vorschenkung ein eigenständiger Rechtsvorgang und wird von § 10 Abs. 3 ErbStG nicht erfasst. Dieser trifft nur eine Regelung für den aktuell zu besteuernden Erwerb, so dass im vorliegenden Fall nur die Zugewinnausgleichsforderung selbst § 10 Abs. 3 ErbStG unterliegt, während die als Vorschenkung zu erfassende Zinsschenkung, die bereits bei Abschluss des Ehe- und Erbvertrags aus 2004 ausgeführt wurde, nur von der die Steuerberechnung regelnden Vorschrift des § 14 Abs. 1 ErbStG erfasst wird und dabei ein eigenständiger Erwerb bleibt und gerade nicht mit dem zu besteuernden Erwerb zu einem einheitlichen Erwerb zusammengefasst wird.
Für die Vorschenkung kommt danach eine Korrektur des Wertansatzes gem. § 14 Abs. 2 BewG in Betracht. Allein die Tatsache, dass die Vorschenkung, weil der Freibetrag nicht überschritten war, 2004 nicht zu einer Steuerfestsetzung geführt hat, hindert nicht die Erfassung einer gem. § 14 Abs. 2 BewG korrigierten Vorschenkung, § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Für diese Handhabung spricht aus Sicht des Senats auch die Überlegung, dass, würde § 10 Abs. 3 ErbStG die Anwendung der §§ 13 Abs. 3, 14 Abs. 2 BewG von vornherein ausschließen, eine höhere Steuer angerechnet werden müsste, als im Fall einer tatsächlichen Korrektur der Vorschenkung gem. § 14 Abs. 2 BewG gezahlt würde.
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