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Erbschaftsteuer bei zinsloser Stundung einer Zugewinnausgleichsforderung

FG Münster 10.9.2015, 3 K 1870/13 Erb

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Er­werb von To­des we­gen der Er­werb durch Er­ban­fall. Für die­sen der Be­steue­rung un­ter­lie­gen­den An­fall be­stimmt § 10 Abs. 3 ErbStG den Fort­be­stand der Rechts­verhält­nisse, in de­nen sich Erb­las­ser und Erbe als Gläubi­ger und Schuld­ner ge­genüber­ste­hen. Dem­ge­genüber ist die Vor­schen­kung ein ei­genständi­ger Rechts­vor­gang und wird von § 10 Abs. 3 ErbStG nicht er­fasst.

Der Sach­ver­halt:
Die Erb­las­se­rin und der Kläger wa­ren seit 1973 ver­hei­ra­tet und leb­ten im Güter­stand der Zu­ge­winn­ge­mein­schaft. Durch no­ta­ri­el­len Ehe- und Erb­ver­trag aus dem Jahr 2004 be­en­de­ten sie den ge­setz­li­chen Güter­stand und ver­ein­bar­ten Güter­tren­nung. Die Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung der Erb­las­se­rin ge­genüber dem Kläger be­lief sich auf 375.823 € und wurde auf die Le­bens­zeit des Klägers zins­los ge­stun­det.

Der Kläger be­erbte die Erb­las­se­rin auf­grund der vor­ge­nann­ten Re­ge­lun­gen als Al­lein­erbe. Auf­grund der von ihm ein­ge­reich­ten Erb­schaft­steu­er­erklärung setzte das Fi­nanz­amt die Erb­schaft­steuer am 27.9.2010 gem. § 164 AO un­ter dem Vor­be­halt der Nachprüfung fest und er­fasste da­bei die Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung der Erb­las­se­rin ge­genüber dem Kläger als Nach­lass­ge­gen­stand. Später änderte die Behörde den Be­scheid und berück­sich­tigte da­bei den Zins­vor­teil aus der zins­lo­sen Stun­dung des Zu­ge­winn­aus­gleichs­an­spruchs i.H.v. 192.499 € als Vor­schen­kung gem. § 14 ErbStG, wo­bei nach den Erläute­run­gen zum Be­scheid der Jah­res­wert des Nut­zungs­vor­teils auf die ver­ein­barte Lauf­zeit ka­pi­ta­li­siert wurde.

Ge­gen diese Fest­set­zung wandte sich der Kläger. Mit sei­ner Klage ver­folgte er sein Be­geh­ren auf Ab­zin­sung der Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung wei­ter. § 10 Abs. 3 ErbStG habe nicht le­dig­lich die Wir­kung, dass die zi­vil­recht­lich durch Kon­fu­sion un­ter­ge­gan­gene Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung für Erb­schaf­steu­er­zwe­cke be­ste­hen bleibe. Sie bleibe viel­mehr auch zu den ur­sprüng­lich ver­ein­bar­ten Kon­di­tio­nen (zins­lose Stun­dung bis zum Tod des Klägers) be­ste­hen, mit der Folge, dass die For­de­rung auf den To­des­tag der Erb­las­se­rin, an dem die Le­bens­er­war­tung des Klägers sta­tis­ti­sch noch mehr als ein Jahr be­tra­gen habe ab­zu­zin­sen sei.

Das FG gab der Klage statt. Al­ler­dings wurde die Re­vi­sion zum BFH zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
So­wohl die Er­fas­sung der Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung als Nach­lass­ge­gen­stand als auch die Er­fas­sung der Zins­schen­kung als Vor­schen­kung hätte mit den gem. § 12 Abs. 3 BewG bzw. § 14 Abs. 2 BewG ab­ge­zins­ten Wer­ten er­fol­gen müssen.

In sei­nem Ur­teil vom 7.10.1998 (Az.: II R 64/96) hat der BFH zwar aus­geführt, dass im Erb­fall § 10 Abs. 3 ErbStG die An­wen­dung der §§ 13 Abs. 3 und 14 Abs. 2 BewG sperre mit der Folge, dass im vor­lie­gen­den Fall die Zins­schen­kung, die gem. § 14 Abs. 1 ErbStG als Vor­schen­kung zu er­fas­sen ist, nicht, wie vom Kläger be­an­tragt, mit einem gem. § 14 Abs. 2 BewG kor­ri­gier­ten Wert an­zu­set­zen wäre. Die­ser Auf­fas­sung ver­mag der Se­nat sich je­doch nicht an­zu­schließen. Denn der Schluss, dass § 10 Abs. 3 ErbStG in Kon­stel­la­tio­nen wie der, die der Ent­schei­dung des BFH zu­grunde lag, und auch der vor­lie­gen­den, die der BFH nicht zu ent­schei­den hatte, so­wohl den ak­tu­ell zu be­steu­ern­den Er­werb als auch den Vor­er­werb er­fasst, ist nicht zwin­gend und fin­det im Wort­laut des Ge­set­zes keine Stütze.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Er­werb von To­des we­gen der Er­werb durch Er­ban­fall. Für die­sen der Be­steue­rung un­ter­lie­gen­den An­fall be­stimmt § 10 Abs. 3 ErbStG den Fort­be­stand der Rechts­verhält­nisse, in de­nen sich Erb­las­ser und Erbe als Gläubi­ger und Schuld­ner ge­genüber­ste­hen. Dem­ge­genüber ist die Vor­schen­kung ein ei­genständi­ger Rechts­vor­gang und wird von § 10 Abs. 3 ErbStG nicht er­fasst. Die­ser trifft nur eine Re­ge­lung für den ak­tu­ell zu be­steu­ern­den Er­werb, so dass im vor­lie­gen­den Fall nur die Zu­ge­winn­aus­gleichs­for­de­rung selbst § 10 Abs. 3 ErbStG un­ter­liegt, während die als Vor­schen­kung zu er­fas­sende Zins­schen­kung, die be­reits bei Ab­schluss des Ehe- und Erb­ver­trags aus 2004 aus­geführt wurde, nur von der die Steu­er­be­rech­nung re­geln­den Vor­schrift des § 14 Abs. 1 ErbStG er­fasst wird und da­bei ein ei­genständi­ger Er­werb bleibt und ge­rade nicht mit dem zu be­steu­ern­den Er­werb zu einem ein­heit­li­chen Er­werb zu­sam­men­ge­fasst wird.

Für die Vor­schen­kung kommt da­nach eine Kor­rek­tur des Wert­an­sat­zes gem. § 14 Abs. 2 BewG in Be­tracht. Al­lein die Tat­sa­che, dass die Vor­schen­kung, weil der Frei­be­trag nicht über­schrit­ten war, 2004 nicht zu ei­ner Steu­er­fest­set­zung geführt hat, hin­dert nicht die Er­fas­sung ei­ner gem. § 14 Abs. 2 BewG kor­ri­gier­ten Vor­schen­kung, § 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Für diese Hand­ha­bung spricht aus Sicht des Se­nats auch die Über­le­gung, dass, würde § 10 Abs. 3 ErbStG die An­wen­dung der §§ 13 Abs. 3, 14 Abs. 2 BewG von vorn­her­ein aus­schließen, eine höhere Steuer an­ge­rech­net wer­den müsste, als im Fall ei­ner tatsäch­li­chen Kor­rek­tur der Vor­schen­kung gem. § 14 Abs. 2 BewG ge­zahlt würde.

Link­hin­weis:

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