Der Sachverhalt:
Die Kläger hatten im Streitjahr 2008 Aufwendungen für die Adoption eines in Äthiopien geborenen Kindes als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG geltend gemacht. Der Kläger ist zeugungsunfähig. Künstliche Befruchtungsmethoden lehnen sie aus ethischen und gesundheitlichen Gründen ab. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen jedoch nicht als außergewöhnliche Belastung, da sie nicht zwangsläufig entstanden seien.
Infolgedessen hat der VI. Senat durch Beschluss vom 18.4.2013 (Az.: VI R 60/11) dem Großen Senat gem. § 11 Abs. 4 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
Ist ein Senat, der von einer Entscheidung eines anderen Senats des BFH abweichen will, auch dann verpflichtet, gem. § 11 Abs. 3 S. 1 FGO bei diesem anzufragen, ob er an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, und für den Fall, dass der angefragte Senat der Änderung der Rechtsprechung nicht zustimmt, die streitige Rechtsfrage dem Großen Senat des BFH gem. § 11 Abs. 2 FGO vorzulegen, wenn der erkennende Senat aufgrund einer Änderung des Geschäftsverteilungsplans für die streitige Rechtsfrage - hier außergewöhnliche Belastungen - zuständig geworden ist, wenn "nur diese streitig" ist, der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, jedoch weiterhin mit einer derartigen Rechtsfrage befasst werden kann?
Die Vorlagefrage war nach Auffassung des VI. Senats zu verneinen. Der Große Senat teilte diese Auffassung nicht.
Die Gründe:
Die Verpflichtung zur Divergenzanfrage und zur Vorlage an den Großen Senat steht auch im Fall der Änderung eines Geschäftsverteilungsplanes fort, wenn der bisher zuständige Senat mit der Rechtsfrage, deren Beurteilung streitig ist, weiter befasst werden kann.
Will ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen, ist dieser Senat nach § 11 FGO zu einer Divergenzanfrage und für den Fall, dass der andere Senat an seiner Rechtsauffassung festhält, zu einer Vorlage an den Großen Senat verpflichtet, wenn er gleichwohl hiervon abweichen will. Schließlich dient die Einrichtung der Großen Senate bei allen obersten Bundesgerichten der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Damit wird das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Gebot der Rechtsanwendungsgleichheit verwirklicht. Auseinanderdriftendes Recht soll verhindert werden.
Im Fall einer Änderung der geschäftsplanmäßigen Zuständigkeiten entfällt das Erfordernis der Divergenzanfrage beim bislang zuständigen Senat im Hinblick auf diese Zielsetzung nur dann, wenn eine weitere Befassung des bisher zuständigen Senats mit der streitigen Rechtsfrage ausgeschlossen ist. Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung zur Anfrage in laufenden und zukünftigen Verfahren auch dann, wenn in der Vergangenheit von der Rechtsprechung eines anderen Senats bewusst oder unbewusst abgewichen wurde.
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