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Aktuelles

Erfordernis der Divergenzanfrage - Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung

BFH 9.10.2014, GrS 1/13

Die Ver­pflich­tung zur Di­ver­genz­an­frage und zur Vor­lage an den Großen Se­nat steht auch im Fall der Ände­rung ei­nes Ge­schäfts­ver­tei­lungs­pla­nes fort, wenn der bis­her zuständige Se­nat mit der Rechts­frage, de­ren Be­ur­tei­lung strei­tig ist, wei­ter be­fasst wer­den kann. Schließlich dient die Ein­rich­tung der Großen Se­nate bei al­len obers­ten Bun­des­ge­rich­ten der Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläger hat­ten im Streit­jahr 2008 Auf­wen­dun­gen für die Ad­op­tion ei­nes in Äthio­pien ge­bo­re­nen Kin­des als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung i.S.d. § 33 EStG gel­tend ge­macht. Der Kläger ist zeu­gungs­unfähig. Künst­li­che Be­fruch­tungs­me­tho­den leh­nen sie aus ethi­schen und ge­sund­heit­li­chen Gründen ab. Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen je­doch nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung, da sie nicht zwangsläufig ent­stan­den seien.

Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Mit der Re­vi­sion mach­ten die Kläger gel­tend, die strei­ti­gen Auf­wen­dun­gen seien ei­ner he­tero­lo­gen In­se­mi­na­tion gleich­zu­stel­len. Der VI. Se­nat ist nach der Ge­schäfts­ver­tei­lung des BFH seit 2009 für außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.d. §§ 33 ff. EStG zuständig, "wenn nur diese strei­tig sind". Bis zum Jahr 2008 war hierfür der III. Se­nat zuständig. Die­ser hatte mit Ur­tei­len vom 13.3.1987 bzw. 20.3.1987 (Az.: III R 301/84, III R 150/86) ent­schie­den, dass Auf­wen­dun­gen für eine Ad­op­tion nicht ab­zugsfähig sind. Nach der der­zei­ti­gen Ge­schäfts­ver­tei­lung ist der III. Se­nat u.a. für Ein­kom­men­steuer zuständig. Er kann da­her mit Fra­gen der An­wen­dung der §§ 33 ff. EStG be­fasst wer­den, wenn nicht nur diese strei­tig sind.

In­fol­ge­des­sen hat der VI. Se­nat durch Be­schluss vom 18.4.2013 (Az.: VI R 60/11) dem Großen Se­nat gem. § 11 Abs. 4 FGO fol­gende Rechts­frage zur Ent­schei­dung vor­ge­legt:

Ist ein Se­nat, der von ei­ner Ent­schei­dung ei­nes an­de­ren Se­nats des BFH ab­wei­chen will, auch dann ver­pflich­tet, gem. § 11 Abs. 3 S. 1 FGO bei die­sem an­zu­fra­gen, ob er an sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung festhält, und für den Fall, dass der an­ge­fragte Se­nat der Ände­rung der Recht­spre­chung nicht zu­stimmt, die strei­tige Rechts­frage dem Großen Se­nat des BFH gem. § 11 Abs. 2 FGO vor­zu­le­gen, wenn der er­ken­nende Se­nat auf­grund ei­ner Ände­rung des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans für die strei­tige Rechts­frage - hier außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen - zuständig ge­wor­den ist, wenn "nur diese strei­tig" ist, der Se­nat, von des­sen Ent­schei­dung ab­ge­wi­chen wer­den soll, je­doch wei­ter­hin mit ei­ner der­ar­ti­gen Rechts­frage be­fasst wer­den kann?

Die Vor­la­ge­frage war nach Auf­fas­sung des VI. Se­nats zu ver­nei­nen. Der Große Se­nat teilte diese Auf­fas­sung nicht.

Die Gründe:
Die Ver­pflich­tung zur Di­ver­genz­an­frage und zur Vor­lage an den Großen Se­nat steht auch im Fall der Ände­rung ei­nes Ge­schäfts­ver­tei­lungs­pla­nes fort, wenn der bis­her zuständige Se­nat mit der Rechts­frage, de­ren Be­ur­tei­lung strei­tig ist, wei­ter be­fasst wer­den kann.

Will ein Se­nat des BFH in ei­ner Rechts­frage von ei­ner Ent­schei­dung ei­nes an­de­ren Se­nats ab­wei­chen, ist die­ser Se­nat nach § 11 FGO zu ei­ner Di­ver­genz­an­frage und für den Fall, dass der an­dere Se­nat an sei­ner Rechts­auf­fas­sung festhält, zu ei­ner Vor­lage an den Großen Se­nat ver­pflich­tet, wenn er gleich­wohl hier­von ab­wei­chen will. Schließlich dient die Ein­rich­tung der Großen Se­nate bei al­len obers­ten Bun­des­ge­rich­ten der Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung. Da­mit wird das aus dem Rechts­staats­prin­zip ab­ge­lei­tete Ge­bot der Rechts­an­wen­dungs­gleich­heit ver­wirk­licht. Aus­ein­an­der­drif­ten­des Recht soll ver­hin­dert wer­den.

Im Fall ei­ner Ände­rung der ge­schäfts­planmäßigen Zuständig­kei­ten entfällt das Er­for­der­nis der Di­ver­genz­an­frage beim bis­lang zuständi­gen Se­nat im Hin­blick auf diese Ziel­set­zung nur dann, wenn eine wei­tere Be­fas­sung des bis­her zuständi­gen Se­nats mit der strei­ti­gen Rechts­frage aus­ge­schlos­sen ist. Darüber hin­aus be­steht eine Ver­pflich­tung zur An­frage in lau­fen­den und zukünf­ti­gen Ver­fah­ren auch dann, wenn in der Ver­gan­gen­heit von der Recht­spre­chung ei­nes an­de­ren Se­nats be­wusst oder un­be­wusst ab­ge­wi­chen wurde.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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