Der Sachverhalt:
Der Kläger war in den Streitjahren 2005 bis 2007 als selbstständiger Berufsrennreiter (Jockey) tätig. Eigene Pferde besaß er nicht. Pferdeeigentümer beauftragten ihn zur Teilnahme an Rennen. Für jedes einzelne Rennen erhielt der Kläger ein sog. (einfaches) Reitgeld. Bei einer Platzierung erhielt er zusätzlich sog. Reiterprozente, deren Höhe sich nach dem erzielten Platz und dem für das jeweilige Rennen ausgelobten Preisgeld richtete. Bei einem 1. Platz wurde das Reitgeld verdoppelt. Die vom veranstaltenden Verein ausgelobten Preisgelder standen den Pferdeeigentümern zu.
Der Kläger versteuerte die erlangten Entgelte zum ermäßigten Umsatzsteuersatz. Das Finanzamt war der Auffassung, die Entgelte unterlägen dem Regelsteuersatz und erließ entsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheide. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde zur Fortbildung des Rechts die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Rittleistungsumsätze des Klägers waren nicht gem. § 12 Abs. 2 UStG ermäßigt zu besteuern.
Der Kläger hatte keine Leistungen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 3, 3. Fall UStG (Teilnahme an Leistungsprüfungen für Tiere) erbracht. Die Vorschrift ist nicht nach dem isolierten Wortlaut, sondern einschränkend auszulegen. Sie ist im Wege der Auslegung unionsrechtskonform auf solche Leistungen zu beschränken, die landwirtschaftlicher Art sind. Bei der Auslegung des nationalen Umsatzsteuerrechts hat der Senat sich soweit wie möglich am Wortlaut und dem Zweck der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen auszurichten (EuGH-Urteil v. 11.7.2002, Rz.: C-62/00 -Marks und Spencer, BGH-Beschl. v. 10.7.2012, Az.: XI R 22/10). Die Vorschrift beruht auf der unionsrechtlichen Ermächtigung gem. Art. 12 Abs. 3a, 3. Unterabs. 6. EGRL i.V.m. Anhang H Nr. 10 (ab 2007: Art. 98 Mehrwertsteuersystemrichtlinie i.V.m. Anhang III Nr. 11; Mehrwertsteuersystemrichtlinie).
Allerdings kommt eine richtlinienkonforme Auslegung nur in Betracht, wenn es verschiedene Auslegungsmöglichkeiten gibt. Eine Auslegung gegen den Wortlaut und Wortsinn des Gesetzgebers ist nicht möglich. Der Wortlaut lässt zwar alle Arten der "Teilnahme" an Leistungsprüfungen für alle Arten von Tieren zu. Aus dem Wortlaut der deutschen Regelung kann allerdings auch nicht hergeleitet werden, dass der Gesetzgeber die Steuerbegünstigung umfassend gewähren wollte. Nach Auffassung des Senats besteht kein Grund, die Definition der landwirtschaftlichen Erzeugung im Hinblick auf die Steuerermäßigung und die Pauschalregelung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie unterschiedlich zu fassen. Beide Regelungen dienen letztlich der Begünstigung der Landwirtschaft. Allerdings soll die Landwirtschaft nicht generell mit allen ihren Betätigungen steuerlich begünstigt werden, sondern nur mit solchen, die in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie genannt sind.
Die Teilnahme an Pferderennen gehört nicht zu den in Anhang VII Mehrwertsteuersystemrichtlinie genannten Tätigkeiten. Unerheblich war, ob eine Teilnahme an Pferderennen begrifflich noch als Leistung im Rahmen der "Tierzucht" angesehen werden kann, denn Tierzuchtleistungen gehören nur dann zur landwirtschaftlichen Erzeugung, wenn sie "i.V.m. der Bodenbewirtschaftung" erfolgen. Dies war bei den vorliegenden Rittleistungen nicht der Fall. Insofern schied auch eine Steuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 4 UStG aus, denn es fehlte am Merkmal der Unmittelbarkeit und der Zweckbezogenheit für die landwirtschaftliche Erzeugung. Zwar war die Ansicht, eine Jockeyleistung stelle letztlich auch eine Leistung im Rahmen der Pferdezucht dar, nicht völlig unvertretbar. Die streitbefangenen Jockeyleistungen des Klägers dienten jedoch nicht "unmittelbar" der Tierzucht oder der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht.
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