Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Apotheker selbstständig tätig. In den Streitjahren 2004 bis 2010 lieferte er u.a. an Versicherte von Krankenkassen spezielle Sondennahrung. Dabei handelte es sich um eine Flüssigkeit, die über eine Magen- oder Darmsonde an solche Patienten verabreicht wird, die krankheitsbedingt Nahrung nicht in fester Form zu sich nehmen können. Die Mittel wurden in Plastikflaschen zu 500 ml oder als Pack zu 1.500 ml abgegeben. Eine Rezeptpflicht bestand nicht. Die Mittel stellten keine Arznei i.S.d. deutschen Arzneimittelgesetzes dar. Sie waren jedoch verordnungsfähig und durften nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden. Eine Aufnahme durch "Trinken" ist ausgeschlossen.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.
Die Gründe:
Die Umsatzsteuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anl. 2 konnte nicht gewährt werden. Die Voraussetzungen für die im Streitfall allein in Betracht kommende Steuerermäßigung gem. Nr. 33 der Anl. 2 UStG i.V.m. Kapitel 21 KN waren nicht erfüllt. Nach neuerer EuGH-Rechtsprechung (s.o.) sind die streitbefangenen Sondennahrungsumsätze nicht als "Lebensmittelzubereitung", sondern als Arzneiwaren i.S.d. Position 3004 KN einzuordnen. Und für Arzneiwaren gibt es in Deutschland keine Umsatzsteuerermäßigung. Der Senat folgt dieser Ansicht.
Danach gehören zu den "Arzneiwaren" i.S.d. Position 3004 KN Erzeugnisse, die eindeutig bestimmbare therapeutische und prophylaktische Eigenschaften aufweisen und die zur Verhütung einer Krankheit oder eines Leidens angewandt werden können. Auch wenn das betroffene Erzeugnis keine eigene therapeutische Wirkung hat, aber bei der Verhütung oder Behandlung einer Krankheit oder eines Leidens Anwendung findet, ist es als zu therapeutischen Zwecken zubereitet anzusehen, sofern es eigens für diese Verwendung bestimmt ist. Die Darbietung der Erzeugnisse muss des Weiteren in dosierter Form erfolgen oder ihrer Aufmachung nach für den Einzelverkauf bestimmt sein. Aus dem Umstand, dass die Erzeugnisse in einem therapeutischen Umfeld unter ärztlicher Aufsicht mittels einer Magensonde zu Verhütung oder Behandlung einer Krankheit oder leidensbedingten Unterernährung verabreicht werden, schließt der EuGH, dass die Erzeugnisse zu therapeutischen oder prophylaktischen Zwecken i.S.d. Tarifposition 3004 KN hergestellt wurden.
Die vorgenannten Voraussetzungen lagen im Streitfall sämtlich vor. Die streitbefangenen Sondennahrungsmittel dürfen an kranke Patienten nur dosiert abgegeben und unter ärztlicher Aufsicht mittels einer Magen- und Darmsonde verabreicht werden. Sie waren aufgrund ihrer objektiven Merkmale und Eigenschaften zu medizinischen Verwendung bestimmt. Allerdings liegt eine BFH-Entscheidung zur Einordnung von Sondennahrung in der hier streitbefangenen Art bislang nicht vor. Der BFH-Beschluss vom 24.9.2014 (Az.: VII R 54/11) betrifft "Sonden- und Trinknahrung". Im vorliegenden Fall ist demgegenüber die Sondennahrung nicht trinkbar. Dem EuGH-Urteil vom 30.4.2014 folgte der BFH in seinem Beschluss vom 24.9.2014 nicht uneingeschränkt. Infolgedessen wurde die Revision zugelassen.
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