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Finanzbehörden können auf Kassendaten von Einzelunternehmen bei Außenprüfung zugreifen

BFH 16.12.2014, X R 42/13

Ein­zelhänd­ler (hier: ein Apo­the­ker) sind nach den Grundsätzen ord­nungs­gemäßer Buchführung ver­pflich­tet, im Rah­men der Zu­mut­bar­keit sämt­li­che Ge­schäfts­vorfälle ein­schließlich der über die Kasse bar ver­ein­nahm­ten Umsätze ein­zeln auf­zu­zeich­nen. Wird da­bei eine PC-Kasse ver­wen­det, die de­tail­lierte In­for­ma­tio­nen zu den ein­zel­nen Bar­verkäufen auf­zeich­net und diese dau­er­haft spei­chert, sind die da­mit be­wirk­ten Ein­zel­auf­zeich­nun­gen auch zu­mut­bar. Die Fi­nanz­ver­wal­tung kann dann im Rah­men ei­ner Außenprüfung auf die Kas­sen­ein­zel­da­ten zu­grei­fen.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin er­zielte in den Streit­jah­ren 2007 bis 2009 ge­werb­li­che Einkünfte aus dem Be­trieb ei­ner Apo­theke. Sie war nach §§ 238 ff. HGB buchführungs­pflich­tig und ver­wen­dete ein spe­zi­ell für Apo­the­ken ent­wi­ckel­tes PC-gestütz­tes Erlöser­fas­sungs­sys­tem mit in­te­grier­ter Wa­ren­wirt­schafts­ver­wal­tung. Ihre Ta­ges­ein­nah­men wur­den über mo­du­lare PC-Re­gis­trier­kas­sen er­fasst, dann durch Ta­ge­send­sum­men­bons aus­ge­wer­tet und als Summe in ein ma­nu­ell geführ­tes Kas­sen­buch ein­ge­tra­gen.

Anläss­lich ei­ner Außenprüfung ver­wei­gerte die Kläge­rin der Fi­nanz­behörde den Da­ten­zu­griff auf ihre Wa­ren­verkäufe mit der Begründung, sie sei nicht zu Ein­zel­auf­zeich­nun­gen ver­pflich­tet. Das Fi­nanz­amt war der An­sicht, die Kläge­rin sei als buchführungs­pflich­ti­ger Kauf­mann grundsätz­lich zur Ein­zel­auf­zeich­nung der Bar­ein­nah­men ver­pflich­tet.

Das FG gab der ge­gen die An­for­de­rung der Da­ten über die Wa­ren­verkäufe ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­am­tes hob der BFH das Ur­teil auf und wies die Klage ab.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt durfte die Kläge­rin zur Über­las­sung der Kas­sen­da­ten in elek­tro­ni­sch ver­wert­ba­rer Form auf­for­dern, da sie nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB zur Auf­zeich­nung der ein­zel­nen Verkäufe so­wie zur Auf­be­wah­rung der Auf­zeich­nung ver­pflich­tet war.

Die Buchführung muss stets einen zu­verlässi­gen Ein­blick in den Ab­lauf al­ler Ge­schäfte ge­ben. Drit­ten muss es möglich sein, den Ab­lauf und den In­halt al­ler Ge­schäfte zu überprüfen. Des­halb ist es nach den Grundsätzen ord­nungs­gemäßer Buchführung er­for­der­lich, dass ver­dich­tete Bu­chun­gen in Ein­zel­po­si­tio­nen auf­ge­glie­dert wer­den können. Dies gilt auch für Bar­ge­schäfte, so­fern Ein­zel­auf­zeich­nun­gen dem Steu­er­pflich­ti­gen zu­mut­bar sind. Zwar kann der Steu­er­pflich­tige frei ent­schei­den, wie er seine Wa­ren­verkäufe er­fasst. Ent­schei­det er sich je­doch für ein Kas­sen­sys­tem, das sämt­li­che Kas­sen­vorgänge ein­zeln und de­tail­liert auf­zeich­net und diese spei­chert, kann er sich nicht auf die Un­zu­mut­bar­keit der Auf­zeich­nungs­ver­pflich­tung be­ru­fen und muss seine Auf­zeich­nun­gen auch auf­be­wah­ren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO).

Nach § 147 Abs. 6 S. 2 Alt. 2 AO hat die Fi­nanz­behörde im Rah­men ei­ner Außenprüfung das Recht, die mit Hilfe des Da­ten­ver­ar­bei­tungs­sys­tems (PC-Kasse) er­stell­ten Da­ten auf einem ma­schi­nell ver­wert­ba­ren Da­tenträger zur Prüfung an­zu­for­dern. So­weit die Kläge­rin meinte, die An­for­de­rung sei schon des­halb rechts­wid­rig, weil sie zu un­be­stimmt ge­we­sen sei bzw. weil das Fi­nanz­amt keine Da­ten, son­dern eine Da­tei an­ge­for­dert habe, so griff die­ser Ein­wand nicht durch. Denn bei verständi­ger Würdi­gung ist zunächst da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ge­setz­ge­ber auch eine "Da­tei" - also einen Be­stand in­halt­lich zu­sam­men­gehöri­ger Da­ten, der auf einem Da­tenträger oder Spei­cher­me­dium ab­ge­legt und ge­spei­chert ist - meint, wenn er in § 147 Abs. 6 AO von "Da­ten" spricht.

So­weit die Kläge­rin der An­sicht war, ein­zelne in der Da­tei ent­hal­tene Da­ten seien nicht steu­er­re­le­vant, ob­lag es ihr, diese zu se­lek­tie­ren (sog. Er­st­qua­li­fi­ka­ti­ons­recht). Hatte sie etwa in der Da­tei pa­ti­en­ten­be­zo­gene Da­ten ab­ge­legt, de­ren Her­aus­gabe sie nach § 102 Abs. 1 Nr. 3c AO ver­wei­gern durfte, mus­ste sie diese aus der Da­tei ent­fer­nen. Sollte es ihr nicht möglich ge­we­sen sein, durfte sie den Zu­griff auf die Da­tei "vk_ver­kaeufe...csv" mit den Kas­sen­ein­zel­da­ten nicht ver­wei­gern. Schließlich trug sie die Ver­ant­wor­tung und da­mit auch das Ri­siko, wenn sie steu­er­re­le­vante und nicht steu­er­re­le­vante Da­ten un­un­ter­scheid­bar ver­mengt ha­ben sollte.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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