Der Sachverhalt:
Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2007 bis 2009 gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Apotheke. Sie war nach §§ 238 ff. HGB buchführungspflichtig und verwendete ein speziell für Apotheken entwickeltes PC-gestütztes Erlöserfassungssystem mit integrierter Warenwirtschaftsverwaltung. Ihre Tageseinnahmen wurden über modulare PC-Registrierkassen erfasst, dann durch Tagesendsummenbons ausgewertet und als Summe in ein manuell geführtes Kassenbuch eingetragen.
Das FG gab der gegen die Anforderung der Daten über die Warenverkäufe gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamtes hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Das Finanzamt durfte die Klägerin zur Überlassung der Kassendaten in elektronisch verwertbarer Form auffordern, da sie nach § 238 Abs. 1 S. 1 HGB zur Aufzeichnung der einzelnen Verkäufe sowie zur Aufbewahrung der Aufzeichnung verpflichtet war.
Die Buchführung muss stets einen zuverlässigen Einblick in den Ablauf aller Geschäfte geben. Dritten muss es möglich sein, den Ablauf und den Inhalt aller Geschäfte zu überprüfen. Deshalb ist es nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erforderlich, dass verdichtete Buchungen in Einzelpositionen aufgegliedert werden können. Dies gilt auch für Bargeschäfte, sofern Einzelaufzeichnungen dem Steuerpflichtigen zumutbar sind. Zwar kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, wie er seine Warenverkäufe erfasst. Entscheidet er sich jedoch für ein Kassensystem, das sämtliche Kassenvorgänge einzeln und detailliert aufzeichnet und diese speichert, kann er sich nicht auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungsverpflichtung berufen und muss seine Aufzeichnungen auch aufbewahren (§ 147 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Nach § 147 Abs. 6 S. 2 Alt. 2 AO hat die Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung das Recht, die mit Hilfe des Datenverarbeitungssystems (PC-Kasse) erstellten Daten auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Prüfung anzufordern. Soweit die Klägerin meinte, die Anforderung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie zu unbestimmt gewesen sei bzw. weil das Finanzamt keine Daten, sondern eine Datei angefordert habe, so griff dieser Einwand nicht durch. Denn bei verständiger Würdigung ist zunächst davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch eine "Datei" - also einen Bestand inhaltlich zusammengehöriger Daten, der auf einem Datenträger oder Speichermedium abgelegt und gespeichert ist - meint, wenn er in § 147 Abs. 6 AO von "Daten" spricht.
Soweit die Klägerin der Ansicht war, einzelne in der Datei enthaltene Daten seien nicht steuerrelevant, oblag es ihr, diese zu selektieren (sog. Erstqualifikationsrecht). Hatte sie etwa in der Datei patientenbezogene Daten abgelegt, deren Herausgabe sie nach § 102 Abs. 1 Nr. 3c AO verweigern durfte, musste sie diese aus der Datei entfernen. Sollte es ihr nicht möglich gewesen sein, durfte sie den Zugriff auf die Datei "vk_verkaeufe...csv" mit den Kasseneinzeldaten nicht verweigern. Schließlich trug sie die Verantwortung und damit auch das Risiko, wenn sie steuerrelevante und nicht steuerrelevante Daten ununterscheidbar vermengt haben sollte.
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