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Folgeänderungen nach § 32a KStG bei festsetzungsverjährten Einkommensteuerbescheiden

BFH 16.12.2014, VIII R 30/12

Im An­wen­dungs­be­reich des § 32a KStG ist nach § 32a Abs. 1 S. 2 KStG (lex spe­cia­lis zu den §§ 171 ff. AO) grundsätz­lich von ei­ner Ab­lauf­hem­mung für die Fest­set­zung der Ein­kom­men­steuer im Zu­sam­men­hang mit der Berück­sich­ti­gung ei­ner vGA aus­zu­ge­hen, so­lange über die vGA nicht be­standskräftig in einem Körper­schaft­steu­er­be­scheid ent­schie­den wor­den ist. Die Re­ge­lung führt le­dig­lich dann nicht zu ei­ner ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässi­gen ech­ten, son­dern zu ei­ner ver­fas­sungs­kon­for­men sog. un­ech­ten Rück­wir­kung, wenn bei Einführung des § 32a KStG die Fest­set­zungs­verjährung für den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid noch nicht ein­ge­tre­ten war.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer ei­ner GmbH. Im Streit­jahr (1999) über­trug die GmbH ihm ge­gen Ver­zicht auf seine Pen­si­ons­zu­sage ihre An­sprüche ge­genüber ei­ner Pen­si­ons­ver­si­che­rung, die sie im ei­ge­nen Na­men zur Rück­de­ckung für sich ab­ge­schlos­sen hatte. In sei­ner Ein­kom­men­steu­er­erklärung von März 2001 für das Streit­jahr berück­sich­tigte der Kläger die­sen Tausch nicht, weil sei­ner An­sicht nach die mo­nat­li­chen Beträge erst bei Zu­fluss der Pen­si­ons­zah­lun­gen nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les der Ein­kom­mens­be­steue­rung zu un­ter­wer­fen wa­ren.

Das Fi­nanz­amt ver­an­lagte den Kläger zunächst erklärungs­gemäß und änderte den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid in der Fol­ge­zeit mehr­mals. Bei der GmbH wurde für die Jahre 1999 bis 2002 eine steu­er­li­che Außenprüfung durch­geführt; ebenso bei dem Kläger für die Jahre 2000 bis 2002. Der Prüfer stellte fest, dass die Über­tra­gung der An­sprüche aus der Rück­de­ckungs­ver­si­che­rung auf den Kläger eine ver­deckte Ge­winn­aus­schüttung (vGA) dar­stelle.

Dar­auf­hin setzte das Fi­nanz­amt die Ein­kom­men­steuer ge­gen den Kläger für 1999 mit Ein­kom­men­steuerände­rungs­be­scheid von Ok­to­ber 2007 nach § 32a Abs. 1 S. 1 KStG 2007 höher fest, in­dem es die Einkünfte aus Ka­pi­tal­vermögen um rd. 120.000 DM her­auf­setzte, nach­dem die vGA im Körper­schaft­steuerände­rungs­be­scheid für 1999 von Au­gust 2007 bei der GmbH ein­kom­mens­erhöhend an­ge­setzt wor­den war.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Auf die Re­vi­sion des Fi­nanz­amts hob der BFH das Ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück.

Die Gründe:
Das FG hat bei der Prüfung, ob der ge­gen den Kläger als Ge­sell­schaf­ter-Ge­schäftsführer ei­ner GmbH er­gan­gene Ein­kom­men­steu­er­be­scheid für 1999 auf­grund der Fest­stel­lung ei­ner vGA im Körper­schaft­steuerände­rungs­be­scheid der GmbH noch geändert wer­den durfte, die Ände­rungs­vor­schrift des § 32a KStG un­zu­tref­fend aus­ge­legt.

Zu der Frage, in wel­chem Verhält­nis die Re­ge­lun­gen der AO zur Fest­set­zungs­verjährung in § 171 AO zu der Kor­rek­tur­re­ge­lung in § 32a KStG ste­hen, enthält le­dig­lich § 32a Abs. 1 S. 2 KStG eine Be­stim­mung. Da­nach en­det die Fest­set­zungs­frist für den nach Satz 1 der Vor­schrift we­gen der vGA zu ändern­den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid "nicht vor Ab­lauf ei­nes Jah­res nach Un­an­fecht­bar­keit des Steu­er­be­schei­des der Körper­schaft". Dem FG ist nur im Aus­gangs­punkt darin zu fol­gen, dass die Recht­spre­chung zu § 171 Abs. 10 AO durch­aus für die Aus­le­gung des Be­griffs "Fest­set­zungs­frist" in § 32a Abs. 1 S. 2 KStG her­an­zu­zie­hen ist. Das FG lässt je­doch außer Acht, dass diese Recht­spre­chung einen Ab­lauf der Fest­set­zungs­frist für den Fol­ge­be­scheid ver­neint, so­lange die Fest­stel­lungs­frist für den Grund­la­gen­be­scheid noch nicht ab­ge­lau­fen ist.

In An­wen­dung die­ser Grundsätze auf das Verhält­nis von Körper­schaft- und Ein­kom­men­steu­er­be­scheid (un­ge­ach­tet der feh­len­den ma­te­ri­ell-recht­li­chen Bin­dungs­wir­kung zur Fest­stel­lung ei­ner vGA) ist da­nach im An­wen­dungs­be­reich des § 32a KStG nach Maßgabe des Abs. 1 S. 2 der Vor­schrift (lex spe­cia­lis zu den Kor­rek­tur­tat­beständen der §§ 171 ff. AO) grundsätz­lich von ei­ner Ab­lauf­hem­mung für die Fest­set­zung der Ein­kom­men­steuer im Zu­sam­men­hang mit der Berück­sich­ti­gung ei­ner vGA aus­zu­ge­hen, so­lange über die vGA in einem Körper­schaft­steu­er­be­scheid nicht be­standskräftig ent­schie­den wor­den ist. Da die Ent­schei­dung des FG auf ei­ner an­de­ren Rechts­auf­fas­sung be­ruht, war sie (u.a.) aus die­sem Grund auf­zu­he­ben.

Das FG hat vor­lie­gend nicht geprüft, ob § 32a KStG in Fällen der vor­lie­gen­den Art ge­gen das ver­fas­sungs­recht­li­che Rück­wir­kungs­ver­bot verstößt. Wie der BFH ent­schie­den hat (BFH 29.8.2012, VIII B 45/12), be­ste­hen keine ernst­li­chen Zwei­fel an der Ver­fas­sungsmäßig­keit der Kor­rek­tur­vor­schrift des § 32a KStG, so­weit sie Ände­run­gen noch nicht fest­set­zungs­verjähr­ter Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gun­gen zur Folge hat. Ins­be­son­dere führt sie nicht zu ei­ner ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässi­gen ech­ten, son­dern zu ei­ner grundsätz­lich ver­fas­sungs­kon­for­men sog. un­ech­ten Rück­wir­kung. We­der kommt ein Ver­stoß ge­gen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG noch ein Ver­stoß ge­gen Art. 3 Abs. 1 GG in Be­tracht.

Die ver­fas­sungs­recht­li­che Be­ur­tei­lung fällt al­ler­dings an­ders aus, wenn die Fest­set­zungs­frist für die Ein­kom­men­steuer nach Maßgabe der §§ 169, 170, 171 AO be­reits bei In­kraft­tre­ten des § 32a Abs. 1 S. 1 und 2 KStG ab­ge­lau­fen war. In dem Fall liegt eine echte Rück­wir­kung auf die zu die­sem Zeit­punkt be­reits fest­set­zungs­verjährte Ein­kom­men­steu­er­ver­an­la­gung vor, die nach den Grundsätzen über die Gren­zen des Ge­setz­ge­bers bei Er­lass rück­wir­ken­der Steu­er­ge­setze re­gelmäßig ver­fas­sungs­recht­lich un­zulässig ist, falls - wie hier - keine Recht­fer­ti­gungsgründe er­sicht­lich sind. Da die Sa­che nicht spruch­reif ist, war sie zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das FG zurück­zu­ver­wei­sen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BFH veröff­ent­licht.
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