Der Sachverhalt:
Die Klägerin, eine KGaA und Muttergesellschaft eines weltweiten Konzerns. Ihre Tochtergesellschaften sind ihrerseits an weiteren Gesellschaften beteiligt. Im Streitjahr 2009 hielt die Klägerin über eine inländische Tochtergesellschaft, mit der sie im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft verbunden war (Organgesellschaft), eine 100%ige Beteiligung an einer in Australien ansässigen Limited.
Das FG hat dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift für aus dem Ausland stammende Beteiligungserträge (§ 9 Nr. 7 GewStG 2002, sog. internationales Schachtelprivileg) insoweit mit der Kapitalverkehrsfreiheit unvereinbar ist, als die Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen um Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb von Deutschland an schärfere Bedingungen geknüpft wird als die Kürzung des Gewinns und der Hinzurechnungen um Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft. Das Verfahren wurde bis zur Bekanntgabe der Vorabentscheidung des EuGH ausgesetzt.
Die Gründe:
Der Senat hat erhebliche Zweifel daran, dass die einschlägige gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift mit der Kapitalverkehrsfreiheit, die auch Investitionen in Nicht-EU-Ländern schützt, vereinbar ist. Schließlich unterliegen dadurch Gewinne aus Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften unter erheblich einfacheren Voraussetzungen der Kürzung, so dass Beteiligungen an ausländischen Kapitalgesellschaften steuerrechtlich weniger attraktiv sind. Auch der Gesichtspunkt der Missbrauchsabwehr kann insofern eine Schlechterbehandlung von Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften nicht rechtfertigen.
Die Bekämpfung von missbräuchlichen Gestaltungen kann nur dann als Rechtfertigungsgrund angeführt werden, wenn sie auf rein künstliche Gestaltungen abzielt, die auf eine Umgehung des Steuerrechts gerichtet sind, was jede allgemeine Vermutung eines Gestaltungsmissbrauchs ausschließt. Die in § 9 Nr. 7 GewStG 2002 aufgestellten, über eine bestimmte Beteiligungsquote hinausgehenden und insoweit von § 9 Nr. 2a GewStG 2002 abweichenden Voraussetzungen stellen eine unzulässige Missbrauchstypisierung dar. Sie sind schon mangels Einbeziehung der ausländischen Steuerbelastung nicht geeignet, um auf einen Missbrauch hinzuweisen. Aus diesem Grund hat der Senat Zweifel, ob es zur Herstellung der Vereinbarkeit mit dem AEUV ausreichend wäre - ggf. im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion -, die von § 9 Nr. 7 GewStG 2002 vorgenommene Typisierung dem Grunde nach beizubehalten und dem Steuerpflichtigen lediglich die Möglichkeit zu eröffnen, seinerseits einen fehlenden Missbrauch nachzuweisen.
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