Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2004 mit über 80 % am Stammkapital der X-GmbH beteiligt. Die X-GmbH war ihrerseits mit 97,5 % an der Y-GmbH beteiligt. Im November 2004 beschlossen die Gesellschafter der X-GmbH eine Vorabausschüttung für das laufende Geschäftsjahr 2004 i.H.v. 4,1 Mio. €, die am 21.1.2005 zur Auszahlung fällig sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt betrug der Kassenbestand der X-GmbH ca. 300.000 €.
Das Finanzamt erfasste die Vorabgewinnausschüttung im Einkommensteuerbescheid 2004 nicht, da der Kläger diese in seiner Steuererklärung 2005 angegeben hatte. Anlässlich einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, der Anspruch des Klägers auf Auszahlung der Vorabausschüttung sei bereits mit dem Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafterversammlung entstanden und sofort fällig. Infolgedessen erließ das Finanzamt einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2004, in dem es dem Kläger unter Berücksichtigung des Halbeinkünfteverfahrens in Bezug auf die Vorabausschüttung Einkünfte aus Kapitalvermögen hinzurechnete.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Und auch die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.
Gründe:
Zu Recht war das FG davon ausgegangen, die Vorabausschüttung stelle einen im Jahr 2004 gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden Gewinnanteil dar.
Zwar hatte die Gesellschafterversammlung der X-GmbH die Fälligkeit der Vorabausschüttung auf den 21.1.2005 bestimmt. Der Beschluss über die Vorabausschüttung wurde indes bereits im November 2004, d.h. im Streitjahr, von der Gesellschafterversammlung gefasst. Ausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter einer zahlungsfähigen GmbH fließen diesem in der Regel auch dann zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnverwendung i.S.d. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG zu, wenn die Gesellschafterversammlung eine spätere Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs beschlossen hat. Der Anspruch wird nach Fassung des Gewinnverteilungsbeschlusses sofort fällig, wenn nicht die Satzung der GmbH Vorschriften über Gewinnabhebungen oder Auszahlungen zu einem späteren Zeitpunkt enthält. Im vorliegenden Fall enthielt die Satzung der X-GmbH keine entsprechenden Klauseln.
Dass durch das Hinausschieben der Fälligkeit des Auszahlungsanspruchs in das Folgejahr beim beherrschenden Gesellschafter der Zeitpunkt, in dem die auf die Kapitaleinkünfte entfallende Einkommensteuer entsteht, vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Kapitalertragsteuer liegt, änderte daran nichts. Denn der Gesetzgeber wollte ausschließlich für den Bereich der Kapitalertragsteuer in § 44 Abs. 2 S. 1 EStG die Fiktion aufstellen, dass die Kapitalerträge an dem Tag zufließen, der im Ausschüttungsbeschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Dass es sich bei der im November 2004 von der X-GmbH beschlossenen Ausschüttung nicht um eine (abschließende) Ergebnisverwendung i.S.d. § 29 GmbHG, sondern lediglich um eine Vorabausschüttung gehandelt hatte, führte zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung.
Zu Recht war das FG schließlich davon ausgegangen, die X-GmbH sei im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Vorabausschüttung nicht zahlungsunfähig gewesen. Zwar hatte sie mit einem Kassenbestand von ca. 300.000 € nicht die erforderliche Liquidität, den Ausschüttungsanspruch des Klägers zu bedienen. Die Zahlungsfähigkeit der GmbH ist allerdings auch dann gegeben, wenn sie zwar mangels eigener Liquidität die von ihr zu erbringende Ausschüttung nicht leisten kann, sie sich als beherrschende Gesellschafterin einer Tochter-GmbH mit hoher Liquidität indes jederzeit bei dieser bedienen kann, um sich selbst die für ihre Ausschüttung erforderlichen Geldmittel zu verschaffen. Diese Möglichkeit war hier gegeben.
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