Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Arzt und betrieb in den Streitjahren 2006 bis 2009 eine Einzelpraxis. Von 1986 bis 2009 war er zudem für eine Versicherung beratend tätig. Die Beratung erfolgte zweimal wöchentlich für jeweils zwei Stunden in den Geschäftsräumen des Unternehmens gegenüber Mitarbeitern der Abteilung für medizinische Grundsatzfragen. Dem Kläger wurden jedes Mal 30 bis 40 Versicherungsakten vorgelegt. Er beurteilte für die Mitarbeiter, ob Diagnostik- und Behandlungsmethoden dem Grunde und der Höhe nach medizinisch notwendig waren und hinsichtlich beantragter Heil- und Hilfsmittel sowie Therapieprognosen und -empfehlungen schulmedizinischen Standards entsprachen. Dafür erhielt der Kläger eine monatliche Pauschale von 3.100 € bzw. 3.400 €.
Das FG wies die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Gründe:
Diese Leistungen sind nicht gem. § 4 Nr. 14 UStG in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung bzw. gem. § 4 Nr. 14a UStG in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung umsatzsteuerfrei. Den Regelungen liegen Art. 13 Teil A Abs. 1c der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1c der MwStSystRL zu Grunde.
Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung sind die Begriffe, mit denen die in Art. 132 der MwStSystRL vorgesehenen Steuerbefreiungen umschrieben sind, eng auszulegen. Zwar gilt, dass wenn die "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" auch einen therapeutischen Zweck haben müssen, daraus doch nicht zwangsläufig folgt, dass dieser Begriff eine besonders enge Auslegung verlangt. Demgegenüber kommen die ärztlichen Leistungen, die zu einem anderen Zweck als dem des Schutzes einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden, nach der EuGH-Rechtsprechung für eine Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1c der Richtlinie 77/388/EWG bzw. Art. 132 Abs. 1c der MwStSystRL nicht in Betracht.
Besteht die Leistung in einer gutachterlichen Stellungnahme oder einer Beratungsleistung, ist das Hauptziel, auch wenn die Erbringung der Leistung Anforderungen an die medizinische Kompetenz des Erbringers stellt - was bei ärztlichen Stellungnahmen stets der Fall ist - und für den Arztberuf typische Tätigkeiten wie die Prüfung seiner Krankengeschichte umfassen kann, nicht der Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit der Person, zu der die gutachterliche Stellungnahme oder die Beratungsleistung erfolgt. Eine solche Leistung, die die von einem Dritten als Auftraggeber gestellten Fragen beantworten soll, soll diesem vielmehr den Erlass einer Entscheidung ermöglichen, die gegenüber dem Betroffenen oder anderen Personen Rechtswirkungen erzeugt.
Von diesen Grundsätzen ausgehend, kann der Kläger für die Erbringung der streitgegenständlichen Beratungsleistungen gegenüber Mitarbeitern der Abteilung für medizinische Grundsatzfragen keine Umsatzsteuerbefreiung beanspruchen. Weder untersuchte der Kläger die Versicherten selbst noch hatte er persönlichen Kontakt zu ihnen. Dass er dabei keine grundlegende ärztliche Tätigkeit ausübte, zeigt auch der zeitliche Aufwand. Hauptzweck seiner Beratungsleistung war daher, der Krankenversicherung eine Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob der Versicherte gemäß den krankenversicherungsvertraglichen Voraussetzungen Anspruch auf Kostenersatz hatte. Der Kläger griff weder durch eigene Verordnung von Heil- oder Vorsorgemaßnahmen noch durch Empfehlungen bestimmter Heil- oder Vorsorgemaßnahmen in die Heilbehandlung eines Versicherten ein.
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