Der Sachverhalt:
Der Kläger ist als Handelsvertreter im Bereich des Wurst- und Käsevertriebs in Deutschland überregional gewerblich tätig. Er war im Streitjahr 2010 für drei Auftraggeber tätig, einer davon in den Niederlanden. Der Hauptauftraggeber bediente in Deutschland 230 Kunden (z.B. Großverbrauchermärkte). Der Kläger vermittelte die Geschäfte zwischen seinen Auftraggebern und deren Kunden, so dass er die eingehenden Kundenaufträge an die Auftraggeber/Lieferanten weitergab, die dann die Auslieferung selbst vornahmen.
Das FG gab der Klage statt.
Die Gründe:
Das Arbeitszimmer des Klägers stellte im Streitjahr 2010 den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen Betätigung dar, so dass die der Höhe nach unstreitigen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer unbeschränkt abziehbar waren. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes lag der Mittelpunkt seiner beruflichen Betätigung nicht im Außendienst.
Aufgrund der Tätigkeitsbeschreibung war der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger keine klassische Außendiensttätigkeit eines Handelsvertreters ausübt. Seine Tätigkeit geht über die Tätigkeit eines Verkäufers im Außendienst hinaus. Er vermittelt Liefergeschäfte von Wurst und Käse für seine Auftraggeber. Dabei liefert er diese Frischeprodukte nicht selbst aus, sondern steht den Kunden als Ansprechpartner insbesondere bezüglich Sortiment der Frischeprodukte, Annahme von Bestellungen (die er selbst nur an die Lieferanten weiterleitet) und Reklamationen zur Verfügung.
Nach der schlüssigen Schilderung des Klägers entfällt ein erheblicher Anteil seiner Arbeitszeit darauf, dass er Preis- und Sortimentslisten, Monatsübersichten und 26-Wochen-Analysen für jeden einzelnen Kunden erstellt. Es handelt sich bei dem Wurst- und Käsevertrieb um ein Tagesgeschäft, in dem ständig reagiert werden muss, insbesondere auch auf sich häufig ändernde Preise. Die Sortiments- und Preisfragen, Sortimentsumgestaltungen etc. erfolgen im täglichen Geschäft, nämlich mit jeder Anfrage oder Bestellung der Kunden. Aufgabe des Klägers ist es hierbei nicht nur, Bestellungen von Wurst- und Käsewaren an die Lieferanten weiterzugeben. Seine Aufgabe ist es insbesondere, den Überblick über das Bestellverhalten und das Sortiment des jeweiligen Kunden zu behalten und hiermit zu arbeiten, damit die jeweiligen Kunden bestmöglich bedient werden und sie trotz des ständigen Preiskampfes am Markt an den Waren der Lieferanten festhalten.
Damit leistet der Kläger bezüglich der einzelnen Kunden jeweils individuelle Angebots- und Bedarfsermittlungen. Diese prägende Aufgabe, hat der Kläger im täglichen Geschäft und nicht bei den relativ regelmäßigen Kundenbesuchen zu bewältigen. Kundenbesuche vor Ort (auch Jahresgespräche) können auch angesichts der hohen Anzahl der Kunden im gesamten Bundesgebiet und dem vermittelten hohen Umsatzvolumen nur der Kundenpflege im weiteren Sinne und ggf. der Bearbeitung von Reklamationen dienen. Die im Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten haben hingegen nicht lediglich dienenden Charakter und sind für die Tätigkeit des Klägers prägend. Die tägliche Preis- und Sortimentsgestaltung kann zwar auch unterwegs teilweise per Mobiltelefon und Laptop erledigt werden. Dies können aber nur behelfsmäßige Tätigkeiten zu den im häuslichen Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten sein.
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