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Insolvenz: Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen masseschmälernder Zahlungen

BGH 23.6.2015, II ZR 366/13

Der Ein­zug von For­de­run­gen, die zur Si­cher­heit an eine Bank ab­ge­tre­ten wur­den, auf einem de­bi­to­ri­schen Konto der GmbH und die an­schließende Ver­rech­nung mit dem Soll­saldo ist grundsätz­lich keine vom GmbH-Ge­schäftsführer ver­an­lasste mas­se­schmälernde Zah­lung i.S.v. § 64 GmbHG, wenn die Si­che­rungs­ab­tre­tung be­reits vor In­sol­venz­reife ver­ein­bart wurde und die For­de­rung der Ge­sell­schaft ent­stan­den und wert­hal­tig war. Eine Zah­lung kann auch aus­schei­den, so­weit in­folge der Ver­min­de­rung des De­bets­al­dos durch die Ein­zie­hung und Ver­rech­nung ei­ner For­de­rung wei­tere si­che­rungs­ab­ge­tre­tene For­de­run­gen frei wer­den.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klagte war Ge­schäftsführe­rin der S-GmbH, über de­ren Vermögen im Juni 2009 auf Ei­gen­an­trag aus Juni 2008 das In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wor­den war. Der Kläger wurde so­dann zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stellt.

Die S-GmbH un­ter­hielt bei ei­ner Spar­kasse ein Kon­to­kor­rent­konto. Durch Glo­bal­zes­si­ons­ver­trag aus 2003 trat sie die­ser zur Si­che­rung al­ler For­de­run­gen aus der bankmäßigen Ge­schäfts­ver­bin­dung sämt­li­che be­ste­hen­den und künf­ti­gen For­de­run­gen aus Wa­ren­lie­fe­run­gen und Leis­tun­gen ge­gen Dritte mit we­ni­ger Aus­nah­men si­che­rungs­hal­ber ab. Zwi­schen Mai und Juni 2008 wur­den auf das Kon­to­kor­rent­konto, das durchgängig im Soll geführt wurde, Zah­lungs­eingänge i.H.v. 41.116,12 € ge­bucht, da­von zwei Rück­last­schrif­ten i.H.v. zu­sam­men 1.067 €. Die Spar­kasse zahlte nach in­sol­venz­recht­li­chen An­fech­tung 9.979 € an den Kläger aus.

Mit der Klage ver­langte der Kläger von der Be­klag­ten Zah­lung wei­te­rer 30.069 € nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F., die Summe der auf dem Kon­to­kor­rent­konto ge­buch­ten Eingänge abzüglich der Rück­last­schrif­ten und des von der Spar­kasse ge­leis­te­ten Be­tra­ges. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr statt. Auf die Re­vi­sion der Be­klag­ten hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das BGH zurück.

Gründe:
Zwar war das OLG zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Ein­zug von For­de­run­gen ei­ner in­sol­venz­rei­fen GmbH auf ein de­bi­to­ri­sches Konto grundsätz­lich eine mas­se­schmälernde Zah­lung i.S.v. § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. (§ 64 S. 1 GmbHG n.F.) dar­stellt, weil da­durch das Ak­tiv­vermögen der Ge­sell­schaft zu Guns­ten der Bank ge­schmälert wird. Ein sol­cher Ein­zug von For­de­run­gen, die an die Bank zur Si­cher­heit ab­ge­tre­ten wa­ren, auf einem de­bi­to­ri­schen Konto der GmbH und die an­schließende Ver­rech­nung mit dem Soll­saldo ist je­doch grundsätz­lich keine vom GmbH-Ge­schäftsführer ver­an­lasste mas­se­schmälernde Zah­lung, wenn die Si­che­rungs­ab­tre­tung vor In­sol­venz­reife ver­ein­bart wurde und die For­de­rung der Ge­sell­schaft ent­stan­den und wert­hal­tig war.

Si­che­rungs­ab­ge­tre­tene For­de­run­gen ei­nes Schuld­ners ste­hen nicht als freie Masse den Gläubi­gern zur gleichmäßigen Be­frie­di­gung zur Verfügung, son­dern nur dem Zes­sio­nar. Die­ser hat ein Ab­son­de­rungs­recht gem. § 51 Nr. 1 InsO. Auch der In­sol­venz­ver­wal­ter muss nach ei­ner Ver­wer­tung den ab­son­de­rungs­be­rech­tig­ten Gläubi­ger be­frie­di­gen. Dass die Kos­ten der Fest­stel­lung und der Ver­wer­tung vor­weg zu ent­neh­men sind, führt nicht zu ei­ner Teil­ver­wer­tung zu­guns­ten al­ler Gläubi­ger, weil da­mit nur die durch die Ver­wer­tung ver­ur­sach­ten Kos­ten ge­deckt wer­den sol­len. Der GmbH-Ge­schäftsführer muss die si­che­rungs­ab­ge­tre­tene For­de­rung auch nicht durch Ein­zie­hung auf ein neu eröff­ne­tes, kre­di­to­ri­sch geführ­tes Konto bei ei­ner an­de­ren Bank der Ein­zie­hung und Ver­rech­nung auf dem de­bi­to­ri­schen Konto ent­zie­hen.

Eine Zah­lung kann zwar auch aus­schei­den, so­weit in­folge der Ver­min­de­rung des De­bets­al­dos durch die Ein­zie­hung und Ver­rech­nung ei­ner For­de­rung wei­tere si­che­rungs­ab­ge­tre­tene For­de­run­gen frei ge­wor­den sind. Auf das Frei­wer­den von Si­cher­hei­ten hatte sich die Be­klagte aber nicht be­ru­fen. So­weit in­folge des Be­ste­hens ei­nes Ab­son­de­rungs­rechts der Bank im Ein­zug der For­de­run­gen auf das de­bi­to­ri­sch geführte Konto keine mas­se­schmälernde Leis­tung liegt, ändert sich am Feh­len ei­nes An­spruchs nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nichts, wenn die Bank kein an­fech­tungs­fes­tes Ab­son­de­rungs­recht er­wor­ben hat.

Das OLG muss noch die er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen zu den Zah­lungs­eingängen tref­fen. Da Zah­lungs­eingänge auf dem de­bi­to­ri­schen Konto grundsätz­lich als mas­se­schmälernde Zah­lun­gen an­zu­se­hen sind, liegt die Dar­le­gungs- und Be­weis­last dafür, dass die ein­ge­zo­ge­nen For­de­run­gen von der Glo­bal­zes­sion er­fasst sind und vor In­sol­venz­reife ent­stan­den sind bzw. wert­hal­tig wur­den, bei der be­klag­ten Ge­schäftsführe­rin.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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