Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Satzungszweck insbesondere durch die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen und Seminaren, durch die Unterstützung von Modellprojekten im Bereich der Medizin sowie durch Aufklärungsarbeit verwirklicht wird. Alle zwei Jahre veranstaltet der Kläger einen medizinischen Kongress. Dafür mietet er Veranstaltungsräume. Der Mietvertrag umfasste auch die Flächen, die Pharmaunternehmen für Ausstellungszwecke zur Verfügung gestellt werden. Für die Überlassung der Standflächen an die Pharmaunternehmen schließt der Kläger mit diesen für den Kongress Ausstellerverträge nach einem im Wesentlichen einheitlichen Muster ab.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen. Das Verfahren ist beim BGH unter dem Az.: I R 27/17 anhängig.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte es zu Unrecht abgelehnt, den Gewinn aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb "Standflächenüberlassung" gem. § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO pauschal mit 15 % der Nettoeinnahmen zu ermitteln.
Nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO kann bei steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben in der Form der "Werbung für Unternehmen, die im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit einschließlich Zweckbetrieben stattfindet", ein Gewinn von 15 % der Einnahmen zugrunde gelegt werden. Abzustellen ist auf die Nettoeinnahmen (Anwendungserlass zur Abgabenordnung - AEAO - zu § 64 Rz. 36). Der Wortlaut der Norm setzt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb mit dem Gegenstand "Werbung für Unternehmen" voraus, der zudem im Zusammenhang mit der steuerbegünstigten Tätigkeit stehen muss. Die Regelung enthält jedoch keine ausdrückliche Einschränkung dahingehend, dass es sich um eine (aktive) Werbung durch die gemeinnützige Körperschaft für Unternehmen handeln muss. Der Gesetzeswortlaut lässt damit auch die Auslegung zu, dass die bloße entgeltliche Gestattung der Werbung von Unternehmen für sich selbst durch eine gemeinnützige Organisation im Zusammenhang mit deren steuerbegünstigten Tätigkeit ebenfalls eine derartige pauschale Gewinnermittlung rechtfertigt.
Ausgehend von der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck des § 64 Abs. 6 AO ist Nr. 1 dieser Norm dahingehend auszulegen, dass sie auch auf Einnahmen aus der Überlassung von Ausstellungsflächen an Unternehmen für Werbungszwecke während eines Kongresses anzuwenden ist, sofern es sich bei dem Kongress um einen Zweckbetrieb i.S.d. § 65 AO handelt und das Entgelt für die Standflächenüberlassung untrennbar mit der Kongressveranstaltung verbunden ist.
Der Senat vermag der gegenteiligen Auffassung des FG Hamburg (s.o.) nicht zu folgen, wonach sich aus den gesetzgeberischen Überlegungen zu § 64 Abs. 6 AO ableiten lassen soll, dass unter Werbung i.S.d. Nr. 1 dieser Norm nur eine Werbung der gemeinnützigen Körperschaft für ein Unternehmen falle (wie etwa die Trikot- und Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen), nicht aber die Werbung von Unternehmen für sich selbst anlässlich einer gemeinnützigen Kongressveranstaltung. Das vorstehende FG-Urteil wird im Schrifttum zwar vielfach zustimmend zitiert, jedoch überwiegend ohne nähere Auseinandersetzung mit den dortigen Entscheidungsgründen.
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