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Steuerberatung

Ist die Überlassung von Standflächen an Unternehmen auf einem Kongress durch gemeinnützigen Verein Werbung?

FG Münster 22.3.2017, 9 K 518/14 K

§ 64 Abs. 6 Nr. 1 AO ist da­hin aus­zu­le­gen, dass die Norm auch auf Ein­nah­men aus der Über­las­sung von Aus­stel­lungsflächen an Un­ter­neh­men für Wer­bungs­zwe­cke während ei­nes Kon­gres­ses an­zu­wen­den ist, so­fern es sich da­bei um einen Zweck­be­trieb i.S.d. § 65 AO han­delt und das Ent­gelt für die Standflächenüber­las­sung un­trenn­bar mit der Kon­gress­ver­an­stal­tung ver­bun­den ist. Die An­sicht weicht von dem Ur­teil des FG Ham­burg (Az.: 2 K 10/05) ab, wes­halb die Re­vi­sion zu­ge­las­sen wurde.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger ist ein ge­meinnützi­ger Ver­ein, des­sen Sat­zungs­zweck ins­be­son­dere durch die Durchführung von Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen und Se­mi­na­ren, durch die Un­terstützung von Mo­dell­pro­jek­ten im Be­reich der Me­di­zin so­wie durch Aufklärungs­ar­beit ver­wirk­licht wird. Alle zwei Jahre ver­an­stal­tet der Kläger einen me­di­zi­ni­schen Kon­gress. Dafür mie­tet er Ver­an­stal­tungsräume. Der Miet­ver­trag um­fasste auch die Flächen, die Phar­ma­un­ter­neh­men für Aus­stel­lungs­zwe­cke zur Verfügung ge­stellt wer­den. Für die Über­las­sung der Standflächen an die Phar­ma­un­ter­neh­men schließt der Kläger mit die­sen für den Kon­gress Aus­stel­ler­verträge nach einem im We­sent­li­chen ein­heit­li­chen Mus­ter ab.

Für das Streit­jahr 2011 reichte der Kläger eine Körper­schaft­steu­er­erklärung und eine Erklärung zur Körper­schaft­steuer und Ge­wer­be­steuer von Körper­schaf­ten, die ge­meinnützi­gen, mildtäti­gen oder kirch­li­chen Zwecken dien­ten ein, in de­nen er Einkünfte aus der Über­las­sung von Standflächen beim Kon­gress erklärte. Für diese be­an­tragte er die pau­schale Ge­winn­er­mitt­lung gem. § 64 Abs. 6 AO und be­zif­ferte die Einkünfte mit 5.975 € (15 % der Ein­nah­men i.H.v. 39.835 €). Das Fi­nanz­amt ging je­doch von einem steu­er­pflich­ti­gen Ge­winn im wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb i.H.v. 53.159 € aus. Eine pau­schale Ge­winn­er­mitt­lung nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO lehnte die Behörde für die vor­ge­nannte Standflächenüber­las­sung mit Hin­weis auf das Ur­teil des FG Ham­burg vom 15.6.2006 (Az.: 2 K 10/05) ab.

Das FG gab der hier­ge­gen ge­rich­te­ten Klage statt. Al­ler­dings wurde zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BGH un­ter dem Az.: I R 27/17 anhängig.

Die Gründe:
Das Fi­nanz­amt hatte es zu Un­recht ab­ge­lehnt, den Ge­winn aus dem wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb "Standflächenüber­las­sung" gem. § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO pau­schal mit 15 % der Net­to­ein­nah­men zu er­mit­teln.

Nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO kann bei steu­er­pflich­ti­gen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trie­ben in der Form der "Wer­bung für Un­ter­neh­men, die im Zu­sam­men­hang mit der steu­er­begüns­tig­ten Tätig­keit ein­schließlich Zweck­be­trie­ben statt­fin­det", ein Ge­winn von 15 % der Ein­nah­men zu­grunde ge­legt wer­den. Ab­zu­stel­len ist auf die Net­to­ein­nah­men (An­wen­dungs­er­lass zur Ab­ga­ben­ord­nung - AEAO - zu § 64 Rz. 36). Der Wort­laut der Norm setzt einen wirt­schaft­li­chen Ge­schäfts­be­trieb mit dem Ge­gen­stand "Wer­bung für Un­ter­neh­men" vor­aus, der zu­dem im Zu­sam­men­hang mit der steu­er­begüns­tig­ten Tätig­keit ste­hen muss. Die Re­ge­lung enthält je­doch keine ausdrück­li­che Ein­schränkung da­hin­ge­hend, dass es sich um eine (ak­tive) Wer­bung durch die ge­meinnützige Körper­schaft für Un­ter­neh­men han­deln muss. Der Ge­set­zes­wort­laut lässt da­mit auch die Aus­le­gung zu, dass die bloße ent­gelt­li­che Ge­stat­tung der Wer­bung von Un­ter­neh­men für sich selbst durch eine ge­meinnützige Or­ga­ni­sa­tion im Zu­sam­men­hang mit de­ren steu­er­begüns­tig­ten Tätig­keit eben­falls eine der­ar­tige pau­schale Ge­winn­er­mitt­lung recht­fer­tigt.

Aus­ge­hend von der Ent­ste­hungs­ge­schichte so­wie dem Sinn und Zweck des § 64 Abs. 6 AO ist Nr. 1 die­ser Norm da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass sie auch auf Ein­nah­men aus der Über­las­sung von Aus­stel­lungsflächen an Un­ter­neh­men für Wer­bungs­zwe­cke während ei­nes Kon­gres­ses an­zu­wen­den ist, so­fern es sich bei dem Kon­gress um einen Zweck­be­trieb i.S.d. § 65 AO han­delt und das Ent­gelt für die Standflächenüber­las­sung un­trenn­bar mit der Kon­gress­ver­an­stal­tung ver­bun­den ist.

Der Se­nat ver­mag der ge­gen­tei­li­gen Auf­fas­sung des FG Ham­burg (s.o.) nicht zu fol­gen, wo­nach sich aus den ge­setz­ge­be­ri­schen Über­le­gun­gen zu § 64 Abs. 6 AO ab­lei­ten las­sen soll, dass un­ter Wer­bung i.S.d. Nr. 1 die­ser Norm nur eine Wer­bung der ge­meinnützi­gen Körper­schaft für ein Un­ter­neh­men falle (wie etwa die Tri­kot- und Ban­den­wer­bung bei Sport­ver­an­stal­tun­gen), nicht aber die Wer­bung von Un­ter­neh­men für sich selbst anläss­lich ei­ner ge­meinnützi­gen Kon­gress­ver­an­stal­tung. Das vor­ste­hende FG-Ur­teil wird im Schrift­tum zwar viel­fach zu­stim­mend zi­tiert, je­doch über­wie­gend ohne nähere Aus­ein­an­der­set­zung mit den dor­ti­gen Ent­schei­dungsgründen.

Link­hin­weis:

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