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Kein Anspruch auf immaterielle Entschädigung nach § 7 S. 1 BDSG bei nicht-automatisierter Datenverarbeitung

BGH 29.11.2016, VI ZR 530/15

Der An­spruch auf Geldent­schädi­gung we­gen Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung ist grundsätz­lich nicht ver­erb­lich. Ins­be­son­dere kann ein An­spruch auf im­ma­te­ri­elle Ent­schädi­gung nicht auf § 7 S. 1 BDSG gestützt wer­den. Auch bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung gewährt die Norm für den Fall nicht-au­to­ma­ti­sier­ter Da­ten­ver­ar­bei­tung kei­nen An­spruch auf im­ma­te­ri­elle Ent­schädi­gung.

Der Sach­ver­halt:
Die an Krebs er­krankte Erb­las­se­rin und Mut­ter der Kläge­rin hatte die Be­klagte als ihre ge­setz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung vor dem So­zi­al­ge­richt auf Über­nahme der Kos­ten für eine Hy­perther­mie­the­ra­pie in An­spruch ge­nom­men. In­fol­ge­des­sen holte die Be­klagte beim on­ko­lo­gi­schen Kom­pe­tenz­zen­trum des Me­di­zi­ni­schen Diens­tes der Kran­ken­ver­si­che­rung NRW ein schrift­li­ches so­zi­al­me­di­zi­ni­sches Be­wer­tungs­gut­ach­ten ein. Die­ses klas­si­fi­zierte die Art der The­ra­pie als ex­pe­ri­men­tell und emp­fahl, eine Kos­tenüber­nahme ab­zu­leh­nen.

Die Be­klagte legte die­ses ihr güns­tige Gut­ach­ten, das die Kran­ken­ge­schichte der Erb­las­se­rin im De­tail dar­stellte, ohne de­ren Ein­wil­li­gung in drei nicht die Erb­las­se­rin be­tref­fen­den an­de­ren so­zi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren als Ar­gu­men­ta­ti­ons­hilfe vor. Da­bei schwärzte sie zwar den ein­gangs ge­nann­ten Na­men der Erb­las­se­rin und den Tag und Mo­nat ih­res Ge­burts­da­tums, so dass nur noch das Ge­burts­jahr zu le­sen war. In dem dar­un­ter be­find­li­chen auf der ers­ten Seite des Gut­ach­tens wie­der­ge­ge­be­nen Ru­brum des so­zi­al­ge­richt­li­chen Rechts­streits blie­ben der Vor- und Nach­name der Erb­las­se­rin aber les­bar.

Die Kläge­rin war der An­sicht, dass in der Wei­ter­ver­brei­tung des Gut­ach­tens eine schwer­wie­gende Ver­let­zung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts und des Rechts auf in­for­ma­tio­nelle Selbst­be­stim­mung der Erb­las­se­rin liege und ihr als Al­lein­er­bin ein An­spruch auf Geldent­schädi­gung von min­des­tens 5.000 € zu­stehe. LG und OLG wie­sen die Klage ab. Auch die Re­vi­sion der Kläge­rin vor dem BGH blieb er­folg­los.

Die Gründe:
Die Frage, ob der Erb­las­se­rin aus § 839 BGB i.V.m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 34 GG ein An­spruch auf Geldent­schädi­gung we­gen der ohne ih­ren Wil­len er­folg­ten Ver­brei­tung des un­zu­rei­chend an­ony­mi­sier­ten Gut­ach­tens zu­stand, konnte of­fen blei­ben. Die Er­bin ei­ner ge­setz­lich kran­ken­ver­si­cher­ten Pa­ti­en­tin kann von der Kran­ken­kasse keine im­ma­te­ri­elle Ent­schädi­gung we­gen ei­ner Ver­let­zung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts der Pa­ti­en­tin durch die Ver­wen­dung ei­nes schrift­li­chen, die Pa­ti­en­tin be­tref­fen­den, un­zu­rei­chend an­ony­mi­sier­ten so­zi­al­me­di­zi­ni­schen Gut­ach­tens mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten in an­de­ren so­zi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­ren ver­lan­gen. Der An­spruch auf Geldent­schädi­gung we­gen Persönlich­keits­rechts­ver­let­zung ist nämlich grundsätz­lich nicht ver­erb­lich. In­so­fern hält der Se­nat an sei­ner Recht­spre­chung (vergl. Urt. v. 29.4.2014, Az.: VI ZR 246/12) fest.

Ein An­spruch auf eine Ent­schädi­gung für einen im­ma­te­ri­el­len Scha­den konnte im Streit­fall auch nicht auf § 7 BDSG gestützt wer­den. Nach h.M. gewährt § 7 S. 1 BDSG grundsätz­lich kei­nen An­spruch auf Er­satz im­ma­te­ri­el­ler Schäden. Und auch bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung gewährt die Vor­schrift für den Fall nicht-au­to­ma­ti­sier­ter Da­ten­ver­ar­bei­tung kei­nen An­spruch auf im­ma­te­ri­elle Ent­schädi­gung. Bei den Ak­ten ei­nes so­zi­al­ge­richt­li­chen Ver­fah­rens, des­sen Be­stand­teil auch das Gut­ach­ten im vor­lie­gen­den fall war, han­delt es sich nicht um eine struk­tu­rierte Samm­lung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten, die nach be­stimm­ten Kri­te­rien zugäng­lich ist. Ein sol­ches (ein­zel­nes) Gut­ach­ten stellt so­mit keine Da­tei i.S.v. Art. 3 Abs. 1, Art. 2c der Richt­li­nie 95/46/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 24.10.1995 - Da­ten­schutz­richt­li­nie - dar, so dass der An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie in­so­weit nicht eröff­net war.

Link­hin­weise:

  • Der Voll­text die­ser Ent­schei­dung wird demnächst auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
  • Für den Voll­text der Ent­schei­dung kli­cken Sie bitte hier.
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