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Kein Grundsteuererlass wegen unentgeltlicher Überlassung einer Wohnung an schwerstbehinderten Sohn

VG Wiesbaden 30.6.2015, 1 K 979/13.WI

Ein Ver­tre­ten i.S.d. § 33 GrStG ist auch dann ge­ge­ben, wenn der Grund­steu­er­pflich­tige eine Woh­nung im Haus an sei­nen schwerst­be­hin­der­ten Sohn un­ent­gelt­lich überlässt. Auch die Vor­aus­set­zun­gen für einen Bil­lig­keits­er­lass aus persönli­chen Gründen sind nicht ge­ge­ben.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger war Ei­gentümer ei­nes Grundstückes und wen­det sich mit der vor­lie­gen­den Klage ge­gen die Ab­leh­nung des Er­las­ses der Grund­steuer für das Jahr 2012 durch die be­klagte Ge­meinde.

Mit Grund­be­sitz­ab­ga­ben­be­scheid wurde die Grund­steuer B für 2012 auf ins­ge­samt rd. 350 € fest­ge­setzt. Dar­auf­hin stellte der Kläger den An­trag, ihm eine Grund­steu­er­ermäßigung zu gewähren. Zur Begründung trug er vor, dass das Haus über eine Ge­samtfläche von rd. 165 qm verfüge, von de­nen die Haupt­woh­nung rd. 106 qm habe und die Zweit­woh­nung rd. 59 qm. Diese Zweit­woh­nung habe er an sei­nen geis­tig und körper­lich schwerst­be­hin­der­ten 32 Jahre al­ten Sohn kos­ten­frei ver­mie­tet. Da er hierfür keine Zah­lun­gen er­halte, be­gehre er eine Grund­steu­er­ermäßigung.

Die Ge­meinde lehnte den An­trag auf Grund­steu­er­er­lass ab. Es han­dele sich bei der un­ent­gelt­li­chen Über­las­sung der Woh­nung an den Sohn um eine be­wusste Ent­schei­dung und der Kläger habe so­mit die Min­de­rung des Roh­er­trags selbst zu ver­tre­ten. Da­mit seien die Vor­aus­set­zun­gen des § 33 Abs. 1 GrStG nicht erfüllt.

Das VG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Die Be­ru­fung wurde nicht zu­ge­las­sen.

Die Gründe:
Der Kläger hat kei­nen An­spruch auf Gewährung des be­gehr­ten Grund­steu­er­er­las­ses für das Jahr 2012.

Vor­lie­gend sind die Vor­aus­set­zun­gen des § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht dar­ge­legt, dass der nor­male Roh­er­trag aus der Ver­mie­tung des Ein­fa­mi­li­en­hau­ses mit Ein­lie­ger­woh­nung um mehr als 50 Pro­zent ge­min­dert ist. Die zweite Woh­nung (Ein­lie­ger­woh­nung), die der Kläger sei­nem Sohn un­ent­gelt­lich zur Verfügung ge­stellt hat und die den Roh­er­trag da­durch min­derte, weil er sie nicht ver­mie­ten konnte, macht nach sei­nen An­ga­ben nur 36 Pro­zent der Ge­samtfläche aus. Der Er­trag aus der Ver­mie­tung die­ser Woh­nung hätte nicht mehr als 50 Pro­zent Roh­er­trag aus der Ge­samt­ver­mie­tung des Ein­fa­mi­li­en­hau­ses er­brin­gen können.

Zu­dem hat der Kläger die Min­de­rung des Roh­er­trags, also den Miet­aus­fall bzgl. der Ein­lie­ger­woh­nung, zu ver­tre­ten. Das "Ver­tre­tenmüssen" i.S.d. § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG er­for­dert da­bei kein Ver­schul­den im Sinne ei­nes Vor­sat­zes oder Fahrlässig­keit. Ein Steu­er­pflich­ti­ger hat eine Er­trags­min­de­rung dann nicht zu ver­tre­ten, wenn sie auf Umständen be­ruht, die außer­halb sei­nes Ein­fluss­be­reichs lie­gen, d.h. wenn er die Er­trags­min­de­rung we­der durch ein ihm zu­re­chen­ba­res Ver­hal­ten her­bei­geführt noch ih­ren Ein­tritt durch ge­eig­nete und ihm zu­mut­bare Maßnah­men hat ver­hin­dern können.

Da­nach hat der Kläger die Er­trags­min­de­rung (bzw. hier den Er­trags­aus­fall) zu ver­tre­ten. Denn er wollte nach sei­nem ei­ge­nen Vor­brin­gen die zweite Woh­nung im Un­ter­ge­schoss gar nicht ver­mie­ten, son­dern hat sie ent­spre­chend um­ge­baut und sei­nem schwerst­be­hin­der­ten Sohn un­ent­gelt­lich für die Zeit der An­we­sen­heit bei sei­nen El­tern zur Verfügung ge­stellt. Dass der Kläger hier­bei al­lein aus mo­ra­li­scher Ver­ant­wor­tung für sei­nen Sohn han­delte und auf­grund der schlech­ten Un­ter­brin­gung und Be­treu­ung sei­nes Soh­nes in der Be­treu­ungs­ein­rich­tung seine Ent­schei­dung als nicht "frei­wil­lig" emp­fun­den hat, ändert an der Be­ur­tei­lung nichts. Denn die feh­len­den Miet­ein­nah­men be­ru­hen al­lein auf der persönli­chen Ent­schei­dung des Ei­gentümers und er hat die Roh­er­trags­min­de­rung i.S.v. § 33 Abs. 1 S. 1 GrStG recht­lich zu ver­tre­ten.

Der An­spruch des Klägers lässt sich auch nicht auf § 227 i.V.m. § 1 Abs. 2 AO stützen. Hin­rei­chende und durch­grei­fende An­halts­punkte für das Vor­lie­gen ei­ner persönli­chen Un­bil­lig­keit, die zu einem Er­lass der Grund­steuer nach § 163 AO bzw. § 227 AO führen könn­ten, sind nicht ge­ge­ben. Der Kläger ist schon nicht er­lass­bedürf­tig.

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