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Keine Nichtigkeit bei Einziehung eines Geschäftsanteils trotz Auseinanderfallens der Nennbeträge der verbleibenden Anteile und dem Stammkapital

BGH 2.12.2014, II ZR 322/13

Be­schlüsse über die Ein­zie­hung ei­nes GmbH-Ge­schäfts­an­teils sind nicht des­halb nich­tig, weil die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung nicht gleich­zei­tig Maßnah­men er­grif­fen hat, um ein Aus­ein­an­der­fal­len der Summe der Nenn­beträge der nach der Ein­zie­hung ver­blei­ben­den Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal der Ge­sell­schaft zu ver­hin­dern. eine Ein­zie­hung ist nur zulässig, wenn die auf den ein­zu­zie­hen­den Ge­schäfts­an­teil zu er­brin­gende Ein­la­ge­leis­tung voll er­bracht ist.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin zu 1) ist eine pri­vate com­pany li­mited by sha­res und war In­ha­be­rin der welt­wei­ten Pro­duk­ti­ons- und Ver­triebs­rechte für die Mer­chan­di­sing-Ar­ti­kel von H. Ihr Di­rek­tor ist der Kläger zu 2). Sie hatte zu­sam­men mit C. die be­klagte GmbH gegründet. Diese be­fasst sich u.a. mit dem Ver­trieb von Wer­be­ar­ti­keln auf dem eu­ropäischen Markt. Später trat Frau A. als Ge­sell­schaf­te­rin hinzu.

Nach § 5 Abs. 2c des Ge­sell­schafts­ver­trags der Be­klag­ten können die Ge­schäfts­an­teile ei­nes Ge­sell­schaf­ters ohne seine Zu­stim­mung u.a. dann ein­ge­zo­gen wer­den, wenn in der Per­son des Ge­sell­schaf­ters ein wich­ti­ger Grund ge­ge­ben ist, der seine Aus­schließung aus der Ge­sell­schaft recht­fer­tigt, ins­be­son­dere wenn er eine ihm nach dem Ge­sell­schafts­ver­trag ob­lie­gende we­sent­li­che Ver­pflich­tung vorsätz­lich oder aus gro­ber Fahrlässig­keit ver­letzt. In § 17 Abs. 1 heißt es u.a., ein Ge­sell­schaf­ter dürfe ohne die Ein­wil­li­gung der an­de­ren Ge­sell­schaf­ter im Han­dels­zweig der Ge­sell­schaft keine Ge­schäfte ma­chen.

Um Frau A. als Ge­sell­schaf­te­rin zu ge­win­nen, hatte die Kläge­rin zu 1) im Au­gust 2011 erklärt, sie bringe den grund­le­gen­den Ver­trag zwi­schen ihr und der südko­rea­ni­schen Ge­sell­schaft I. über die Ver­gabe der ex­klu­si­ven Mer­chan­di­sing-Rechte von H. mit al­len da­mit ver­bun­de­nen Rech­ten und Pflich­ten für Eu­ropa in die Be­klagte ein. In dem dar­auf­hin ver­ein­bar­ten Nut­zungs­ver­trag ge­stat­tete die Kläge­rin zu 1) der Be­klag­ten, alle aus dem Mer­chan­di­sing-Ver­trag in Eu­ropa re­sul­tie­ren­den Rechte für die Lauf­zeit des Ver­tra­ges un­wi­der­ruf­lich zu nut­zen. Den­noch lie­ferte die Kläge­rin zu 1) im Frühsom­mer 2012 an H. Händ­ler und -Dis­tri­bu­to­ren in ver­schie­de­nen eu­ropäischen Staa­ten kos­ten­los Wer­be­ban­ner und wei­te­res Wer­be­ma­te­rial aus An­lass der Fußball-Eu­ro­pa­meis­ter­schaft.

In­fol­ge­des­sen be­schloss die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung der Be­klag­ten ge­gen die Stim­men der Kläge­rin zu 1), de­ren Ge­schäfts­an­teil ein­zu­zie­hen. Zu­gleich wurde der Kläger zu 2) als Ge­schäftsführer ab­be­ru­fen und sein An­stel­lungs­ver­trag gekündigt. Das LG gab der Klage auf Nich­tig­keits­erklärung der Be­schlüsse statt; das OLG wies sie ab. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin zu 1) hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Gründe:
Zwar ist der Be­schluss über die Ein­zie­hung des Ge­schäfts­an­teils der Kläge­rin nicht des­halb nich­tig, weil die Ge­sell­schaf­ter­ver­samm­lung nicht gleich­zei­tig Maßnah­men er­grif­fen hatte, um ein Aus­ein­an­der­fal­len der Summe der Nenn­beträge der nach der Ein­zie­hung ver­blei­ben­den Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal der Ge­sell­schaft zu ver­hin­dern. Hierzu gibt es in der Recht­spre­chung der In­stanz­ge­richte und im Schrift­tum ver­schie­dene An­sich­ten. Die Mei­nung, die in dem Aus­ein­an­der­fal­len der Summe der Nenn­beträge der ver­blei­ben­den Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal kei­nen Nich­tig­keits- oder An­fech­tungs­grund sieht, ist al­ler­dings zu­tref­fend.

Der Wort­laut des § 5 Abs. 3 S. 2 GmbHG ist für die Lösung des Pro­blems un­er­gie­big. Da­nach be­steht zwar das Ge­bot ei­ner Kon­ver­genz zwi­schen der Summe der Nenn­beträge der Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal. Es wird aber nicht ge­sagt, wie sich die­ses Ge­bot auf die Ein­zie­hung aus­wirkt, die in § 34 GmbHG ei­genständig ge­re­gelt ist und bei der eine Di­ver­genz zwi­schen der Summe der Nenn­beträge der Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal im­mer dann auf­tritt, wenn die Ge­sell­schaf­ter die Ein­zie­hung nicht mit ei­ner Ka­pi­tal­her­ab­set­zung, ei­ner Auf­sto­ckung der übri­gen Ge­schäfts­an­teile oder der Bil­dung ei­nes neuen Ge­schäfts­an­teils ver­bin­den.

Die In­ter­es­sen der Gläubi­ger ge­bie­ten keine Übe­rein­stim­mung der Summe der Nenn­beträge der Ge­schäfts­an­teile mit dem Stamm­ka­pi­tal. Die für die Gläubi­ger in die­sem Zu­sam­men­hang wich­tige Höhe des Stamm­ka­pi­tals bleibt durch die Ein­zie­hung un­berührt. Die Trans­pa­renz der Be­tei­li­gungs­verhält­nisse ist durch die Ge­sell­schaf­ter­liste si­cher­ge­stellt. Darin sind die noch ver­blei­ben­den Ge­sell­schaf­ter mit den un­verändert ge­blie­be­nen Nenn­beträgen ih­rer Ge­schäfts­an­teile auf­zuführen. Ob darüber hin­aus auch die Ein­zie­hung in der Liste zu ver­mer­ken ist, braucht aus An­lass des vor­lie­gen­den Falls ebenso we­nig ent­schie­den zu wer­den wie die Frage, ob das Re­gis­ter­ge­richt anläss­lich ei­nes späte­ren Ein­tra­gungs­an­trags dar­auf be­ste­hen kann, dass die Di­ver­genz zwi­schen der Summe der Nenn­beträge der Ge­schäfts­an­teile und dem Stamm­ka­pi­tal be­sei­tigt wird.

Das Be­ru­fungs­ur­teil konnte je­doch nicht auf­recht­er­hal­ten wer­den, weil aus­rei­chende Fest­stel­lun­gen dazu fehl­ten, ob der Ge­schäfts­an­teil der Kläge­rin voll ein­ge­zahlt war. Denn eine Ein­zie­hung ist nur zulässig, wenn die auf den ein­zu­zie­hen­den Ge­schäfts­an­teil zu er­brin­gende Ein­la­ge­leis­tung voll er­bracht ist.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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