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Keine Steuerbefreiung für Familienheime bei gelegentlicher Nutzung zweier Räumen durch den Erben

Hessisches FG 24.3.2015, 1 K 118/15

Eine ge­le­gent­li­che Nut­zung zweier Räumen durch einen Er­ben rei­chen nicht für die Gewährung der Steu­er­be­frei­ung für Fa­mi­li­en­heime gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG aus. Un­er­heb­lich ist da­bei, ob die Er­bin le­dig­lich einen Mit­ei­gen­tums­an­teil und nicht das Al­lein­ei­gen­tum an dem Grundstück er­wor­ben hat. Auch die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung zu Wohn­zwe­cken an ihre Mut­ter als An­gehörige stellte keine "Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken" dar.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ist Al­lein­er­bin ih­res im Ja­nuar 2010 ver­stor­be­nen Va­ters, nach­dem ihre Mut­ter als tes­ta­men­ta­ri­sch ein­ge­setzte Er­bin die Erb­schaft aus­ge­schla­gen hat. In ih­rer Erb­schaft­steu­er­erklärung machte die Kläge­rin für den im Nach­lass­vermögen be­find­li­chen Mit­ei­gen­tums­an­teil von ½ an dem Woh­nungs­ei­gen­tum eine Steu­er­be­frei­ung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gel­tend. Sie war der An­sicht, es han­dele sich auch nach dem Tod des Erb­las­sers wei­ter­hin um ein Fa­mi­li­en­wohn­heim, da das vor dem Erb­fall von bei­den El­tern ge­nutzte Ob­jekt nun­mehr von der Mut­ter al­lein ge­nutzt werde. Die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung des zum Nach­lass gehören­den Mit­ei­gen­tums­an­teils an dem Woh­nungs­ei­gen­tum durch sie an ihre Mut­ter stelle eine Nut­zung zu ei­ge­nen Wohnz­ecken dar. In­so­weit sei § 4 S. 2 Eig­ZulG ent­spre­chend an­zu­wen­den.

Das Fi­nanz­amt berück­sich­tigte al­ler­dings nicht die be­an­tragte Steu­er­be­frei­ung. Die Behörde war der An­sicht, die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung des Woh­nungs­ei­gen­tums­an­teils an die Mut­ter stelle keine Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG dar. Das FG wies die hier­ge­gen ge­rich­tete Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung und zur Fort­bil­dung des Rechts die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: II R 32/15 anhängig.

Die Gründe:
Hin­sicht­lich des Mit­ei­gen­tums­er­werbs an der Woh­nung la­gen die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Steu­er­be­frei­ung für Fa­mi­li­en­heime i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht vor.

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG bleibt u.a. der erb­schaft­steu­er­recht­li­che Er­werb des Mit­ei­gen­tums an einem be­bau­ten Grundstück durch Kin­der des Erb­las­sers i.S.d. § 15 Abs. 1 Steu­er­klasse I Nr. 2 ErbStG von der Erb­schaft­steuer be­freit, so­weit der Erb­las­ser darin bis zum Erb­fall eine Woh­nung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­nutzt hat oder bei der er aus zwin­gen­den Gründen an ei­ner Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­hin­dert war. Wei­tere Vor­aus­set­zung ist, dass die Woh­nung zum einen beim Er­wer­ber un­verzüglich zur Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken be­stimmt ist (Fa­mi­li­en­heim) und zum an­de­ren de­ren Fläche die Größe von 200 qm nicht über­steigt. Die Steu­er­be­frei­ung fällt mit Wir­kung für die Ver­gan­gen­heit weg, wenn der Er­wer­ber das Fa­mi­li­en­heim in­ner­halb von zehn Jah­ren nach dem Er­werb nicht mehr zu Wohn­zwe­cken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwin­gen­den Gründen an ei­ner Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken ge­hin­dert.

Nach BFH-Recht­spre­chung zu § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG er­for­dert eine ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­tene, ein­schränkende Aus­le­gung der Steu­er­be­frei­ung zu­dem, dass sich in der er­wor­be­nen Woh­nung der "Mit­tel­punkt" des fa­miliären Le­bens be­fin­det (Urt. v. 18.7.2013, Az.: II R 35/11). Das FG München hat diese Recht­spre­chung auf den Be­griff der Selbst­nut­zung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG über­tra­gen (Urt. v. 22.10.2014, Az.: 4 K 2517/12). Dies ent­spricht auch den Ausführun­gen in den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien. In­fol­ge­des­sen reichte die von der Kläge­rin vor­ge­tra­gene "ge­le­gent­li­che Nut­zung" zweier Räumen durch sie für die Gewährung der Steu­er­be­frei­ung nicht aus. Un­er­heb­lich war da­bei, dass die Kläge­rin le­dig­lich einen Mit­ei­gen­tums­an­teil und nicht das Al­lein­ei­gen­tum an dem Grundstück er­wor­ben hatte.

Auch die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung zu Wohn­zwe­cken an ihre Mut­ter als An­gehörige stellte keine "Selbst­nut­zung zu ei­ge­nen Wohn­zwe­cken" der Kläge­rin dar. Eine ent­spre­chende An­wen­dung der Re­ge­lung des § 4 S. 2 Eig­ZulG kam be­reits des­we­gen nicht in Be­tracht, weil der Ge­setz­ge­ber - ab­wei­chend von § 13 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG - im Eig­ZulG die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung an An­gehörige als "Son­der­fall" ge­re­gelt hatte. An­halts­punkte für eine plan­wid­rige Reg­lungslücke in der Steu­er­be­frei­ungs­vor­schrift, die eine Aus­deh­nung des Be­griffs der Selbst­nut­zung auf die un­ent­gelt­li­che Über­las­sung an An­gehörige recht­fer­ti­gen könn­ten, fin­den sich we­der im ErbStG selbst, noch in den Ge­set­zes­ma­te­ria­lien.

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