Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein mit mehreren Niederlassungen in Deutschland ansässiges Wirtschaftsunternehmen, das über Stromerzeugungseinheiten, produzierende Betriebe, Laboratorien und Büros verfügt. Als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes besitzt sie eine Erlaubnis zur Leistung von Strom an Letztverbraucher nach § 4 StromStG. An ihren Standorten entstehen Verluste sowohl in Form von Umspannungs- bzw. Trafoverlusten als auch in Form von Kabel- und Leitungsverlusten.
Daraufhin legte die Klägerin eine neue Berechnung der Umspannverluste für das Kalenderjahr 2007 vor. Daraufhin setzte das Hauptzollamt mit Steueränderungsbescheid die Stromsteuer für das Kalenderjahr 2007 neu fest. Dabei erkannte es Umspannverluste und Leitungsverluste an. Dies entsprach 1,6 Prozent der Strommenge bei Betriebsstätten, bei denen Strom auch an andere Abnehmer geleistet worden war. Für Umspannverluste i.H.v. rd. 5.900 MWh und Leitungsverluste i.H.v. rd. 4.400 MWh setzte es dagegen Stromsteuer fest.
Dies begründete das Hauptzollamt damit, dass ein Versorgungsnetz erst dann vorliege, wenn der an den Betriebsstätten bzw. den Verbrauchsstellen der Klägerin bezogene und in das jeweilige Betriebsstättennetz eingespeiste Strom zumindest teilweise auch durch andere Personen entnommen oder an andere Versorger durchgeleitet werde. Werde Strom hingegen aus einem betrieblichen Netz ausschließlich zum Selbstverbrauch entnommen, seien diese betrieblichen Netze nicht als Versorgungsnetz zu qualifizieren.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamts hatte vor dem BFH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das Hauptzollamt hat zu Unrecht auf die in der Höhe unstrittigen Umspann- und Leitungsverluste Stromsteuer erhoben. Für die als Verluste geltend gemachten Strommengen ist eine Stromsteuer durch Entnahme aus dem Versorgungsnetz nach § 5 Abs. 1 S. 1 StromStG nicht entstanden.
Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 1 StromStG ist vom Bestehen eines einzigen Versorgungsnetzes auszugehen, denn nach dieser Vorschrift entsteht die Steuer durch Entnahme von Strom aus dem Versorgungsnetz und nicht aus einem Versorgungsnetz. Differenzierungen nach einzelnen Teilen des Versorgungsnetzes oder nach mit einer Stromleitung verbundenen Betriebsstätten sieht das StromStG nicht vor. Danach wäre ein Verständnis des in § 5 StromStG genannten Versorgungsnetzes zu eng, nach dem ein solches nur dann vorliegt, wenn Strom von einem Versorger Letztverbrauchern oder anderen Versorgern geleistet wird.
Eine Negativabgrenzung des Begriffs des Versorgungsnetzes lässt sich aus der Bestimmung für Eigenerzeuger ableiten. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 StromStG entsteht die Steuer bei Eigenerzeugern nach § 2 Nr. 2 StromStG vorbehaltlich Satz 1 mit der Entnahme von Strom zum Selbstverbrauch. Demnach geht der Gesetzgeber offensichtlich davon aus, dass Eigenerzeuger kein Versorgungsnetz unterhalten. Allerdings gilt der für den Fall der Eigenerzeugung normierte Steuerentstehungstatbestand aufgrund des Vorbehalts nicht für Eigenerzeuger, die zugleich Versorger sind. Sofern diese Versorger Strom zum Selbstverbrauch benötigen, entnehmen sie diesen dem Versorgungsnetz, so dass die Steuer nach § 5 Abs. 1 S. 1 StromStG entsteht.
Ebenso wie diese Unternehmen können auch Versorger ohne Eigenerzeugung dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnehmen. Unterhält der Versorger mehrere Betriebsstätten mit entsprechenden Verbrauchsstellen, gehören sämtliche Leitungen und Umspannvorrichtungen zum Versorgungsnetz, und zwar unabhängig davon, ob in den Betriebsstätten Strom von Dritten oder vom Versorger selbst entnommen wird. Auch die Leitungen auf dem Gelände eines Versorgers gehören zum Versorgungsnetz. Entscheidend ist somit, dass ein Leitungsnetz, um Versorgungsnetz zu sein, nicht wie bei Eigenerzeugern ausschließlich dem Eigenverbrauch dient, was bei einem Versorger, der Strom nicht nur verbraucht, sondern auch aufgrund vertraglicher Beziehungen leistet (§ 2 Nr. 1 StromStG), regelmäßig ausgeschlossen werden kann.
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