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Keine Verlängerung der Festsetzungsfrist bei unterlassenen Feststellungen von Verlusten wegen Werbungskosten für Erststudium

FG Hamburg 5.2.2015, 3 K 201/14

Es ist nicht pflicht­wid­rig, wenn dem Fi­nanz­amt Wer­bungs­kos­ten für ein Erst­stu­dium nach ab­ge­schlos­se­ner Be­rufs­aus­bil­dung zwar aus der ein­ge­reich­ten Steu­er­erklärung be­kannt sind, es diese aber im Zeit­punkt der Ver­an­la­gung in Übe­rein­stim­mung mit der sei­ner­zeit gel­ten­den Ver­wal­tungs­auf­fas­sung le­dig­lich im Rah­men des Son­der­aus­ga­ben­ab­zugs gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berück­sich­tigt. Die Re­ge­lung zur Verlänge­rung der Fest­stel­lungs­frist hat nicht den Sinn, dem Steu­er­pflich­ti­gen das Ri­siko ei­nes Rechts­be­helfs­ver­fah­rens ab­zu­neh­men.

Der Sach­ver­halt:
Die Kläge­rin ab­sol­vierte nach ei­ner be­reits ab­ge­schlos­se­nen Be­rufs­aus­bil­dung ein Stu­dium, das sie 2008 er­folg­reich ab­schloss. Im Streit­jahr 2004 hatte sie ne­ben ge­ringfügi­gen Ein­nah­men aus nicht­selbständi­ger Ar­beit Auf­wen­dun­gen für ihr Stu­dium von über 10.000 €. Das Fi­nanz­amt zog von den Ein­nah­men den Ar­beit­neh­mer-Pausch­be­trag ab und kam so zu einem Ge­samt­be­trag der Einkünfte von 0 €. Die gel­tend ge­mach­ten Auf­wen­dun­gen be­han­delte es als Aus­bil­dungs­kos­ten, die es i.H.v. von 4.000 € als Son­der­aus­ga­ben berück­sich­tigte. Dies führte zu einem ne­ga­ti­ven zu ver­steu­ernde Ein­kom­men. Die von der Kläge­rin ein­ge­reichte Erklärung zur Fest­stel­lung des ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trags ließ das Fi­nanz­amt un­be­schie­den.

Nach­dem der im Jahr 2013 von der Kläge­rin ge­stellte An­trag auf Fest­stel­lung ei­nes Ver­lust­vor­trags auf den 31.12.2004 we­gen Fest­set­zungs­verjährung ab­ge­lehnt wor­den war, wandte die Kläge­rin sich an das FG. Sie be­an­tragte, das Fi­nanz­amt un­ter Auf­he­bung des Ab­leh­nungs­be­schei­des aus dem Jahr 2013 zu ver­pflich­ten, den ver­blei­ben­den Ver­lust­vor­trag zur Ein­kom­men­steuer auf den 31.12.2004 auf 12.731 € fest­zu­stel­len. Das FG wies die Klage ab. Die Ent­schei­dung ist mitt­ler­weile rechtskräftig.

Die Gründe:
Die Ab­leh­nung der von der Kläge­rin be­an­trag­ten Ver­lust­fest­stel­lung auf den 31.12.2004 durch das Fi­nanz­amt war rechtmäßig. Im Zeit­punkt der Stel­lung des An­trags auf Er­lass ei­nes Ver­lust­fest­stel­lungs­be­schei­des auf den 31.12.2004 im Sep­tem­ber 2013 war be­reits Fest­stel­lungs­verjährung ein­ge­tre­ten. Eine Ab­lauf­hem­mung nach § 181 Abs. 5 AO kam we­gen § 10d Abs. 4 S. 6 2. Hs. EStG nicht in Be­tracht.

Ein ver­blei­ben­der Ver­lust­ab­zug ist gem. § 10d Abs. 4 S. 6, 2. Hs. EStG, § 181 Abs. 5 AO für be­reits fest­set­zungs­verjährte Jahre nur dann fest­zu­stel­len, wenn die zuständige Fi­nanz­behörde Kennt­nis von dem ne­ga­ti­ven Ge­samt­be­trag der Einkünfte hatte und die Fest­stel­lung des Ver­lust­vor­trags pflicht­wid­rig un­ter­las­sen hatte. Es ist je­doch nicht pflicht­wid­rig, wenn dem Fi­nanz­amt Wer­bungs­kos­ten für ein Erst­stu­dium nach ab­ge­schlos­se­ner Be­rufs­aus­bil­dung zwar aus der ein­ge­reich­ten Steu­er­erklärung be­kannt wa­ren, es diese aber im Zeit­punkt der Ver­an­la­gung in Übe­rein­stim­mung mit der sei­ner­zeit gel­ten­den Ver­wal­tungs­auf­fas­sung le­dig­lich im Rah­men des Son­der­aus­ga­ben­ab­zugs gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG berück­sich­tigt hatte.

Die Re­ge­lung zur Verlänge­rung der Fest­stel­lungs­frist hat nicht den Sinn, dem Steu­er­pflich­ti­gen das Ri­siko ei­nes Rechts­be­helfs­ver­fah­rens ab­zu­neh­men. In­so­weit gilt nämlich nichts an­de­res als bei der Ände­rungs­vor­schrift des § 173 AO, die (auch) nicht dazu dient, dem Steu­er­pflich­ti­gen das Ri­siko ei­nes Rechts­be­helfs­ver­fah­rens da­durch ab­zu­neh­men, dass ihm ge­stat­tet wird, sich auf Tat­sa­chen ge­genüber dem Fi­nanz­amt erst dann zu be­ru­fen, wenn etwa durch eine spätere Ände­rung der BFH-Recht­spre­chung eine Rechts­lage ein­tritt, auf­grund der eine bis­her nicht vor­ge­tra­gene Tat­sa­che nun­mehr als re­le­vant er­scheint.

Im vor­lie­gen­den Fall hat es viel­mehr im Ver­ant­wor­tungs­be­reich der Kläge­rin ge­le­gen, die ent­spre­chen­den Anträge zu stel­len. Zwar hatte sie man­gels Be­schwer den Ein­kom­men­steu­er­be­scheid 2004 nicht an­fech­ten können. Sie hatte je­doch die Möglich­keit ge­habt, im Hin­blick auf den nicht be­schie­de­nen An­trag auf Ver­lust­fest­stel­lung einen Untätig­keits­ein­spruch nach § 347 Abs. 1 S. 2 AO ein­zu­le­gen, um da­durch die Ab­lauf­hem­mung des § 171 Abs. 3a AO zu er­rei­chen.

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