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Keine Werklieferung bei Übertragung von Gewichtsguthaben an Silber vom Metallkonto des Bestellers auf das des Auftragnehmers

Hessisches FG 20.7.2016, 1 V 1681/15

In Fällen, in de­nen der Be­stel­ler von Sil­bermünzen von sei­nem Me­tall­konto Ge­wichts­gut­ha­ben an Sil­ber auf das Me­tall­konto des Auf­trag­neh­mers überträgt, liegt keine Werklie­fe­rung mit Ma­te­ri­al­bei­stel­lung vor, bei der das zur Verfügung ge­stellte Ma­te­rial aus dem Leis­tungs­aus­tausch aus­schei­det. Es liegt viel­mehr ein un­ein­ge­schränkt um­satz­steu­er­pflich­ti­ger Tausch bzw. tauschähn­li­cher Um­satz vor.

Der Sach­ver­halt:
Der X hatte vor sei­nem Tod bei ei­ner Schei­de­an­stalt ein Edel­me­tall­konto un­ter­hal­ten. Auf­grund von Kon­troll­ma­te­rial über Be­we­gun­gen dar­auf führte das Fi­nanz­amt bei ihm im Sep­tem­ber 2014 eine das Streit­jahr 2012 be­tref­fende ab­gekürzte Be­triebsprüfung durch. Nach den Fest­stel­lun­gen der Prüfe­rin wa­ren im Sep­tem­ber 2012 rund 283.764,077 g Sil­ber auf das Edel­me­tall­konto ei­nes Herrn C trans­fe­riert wor­den. Hierüber wurde von X we­der eine Rech­nung aus­ge­stellt, noch wurde der Vor­fall in der Steu­er­erklärung der Um­satz­steuer un­ter­wor­fen. Der C lie­ferte an X ins­ge­samt 1.620 Sil­bermünzen ei­nes aus­tra­li­schen Her­stel­lers. Hierfür be­rech­nete er dem X nicht die Münz­lie­fe­rung, son­dern Präge­kos­ten und Auf­gel­der für die Münzen i.H.v. 13.927 € zzgl. 19 % Um­satz­steuer i.H.v. 2.646 €. In der Rech­nung hieß es wei­ter: "Ma­te­ri­al­bei­stel­lung er­folgte durch Fa. X auf Konto (Fa. C) bei Fa. A".

Dar­auf­hin wurde auf­grund ei­nes Aus­kunfts­er­su­chens bei C eine die Münz­lie­fe­rung an X er­fas­sende Um­satz­steuer-Son­derprüfung durch­geführt. Man stellte fest, dass C seit 1986 im Edel­me­tall- und Münz­han­del tätig sei. Die Ge­schäftsräume befänden sich im Wohn­haus der El­tern. Der Kun­den­kreis um­fasse Ban­ken, Händ­ler so­wie wech­selnde Pri­vat­kun­den, die er über sei­nen In­ter­net­auf­tritt werbe. C stelle je­doch we­der Münzen her noch er­bringe er Präge­leis­tun­gen, viel­mehr seien die Münzen bei der Ein­fuhr in das In­land be­reits geprägt. Die Schei­de­an­stalt habe ge­genüber C die von X bei C be­stell­ten und von die­sem bei ihr ge­or­der­ten Sil­bermünzen netto ab­ge­rech­net. Der Rech­nungs­be­trag sei von C zum Teil durch den Trans­fer des Sil­bers, das er von X er­hal­ten habe, be­gli­chen wor­den. Die auf die Lie­fe­rung ent­fal­lende Ein­fuhr­um­satz­steuer sei von C ge­zahlt und als Vor­steuer gel­tend ge­macht wor­den.

Das für X zuständige Fi­nanz­amt ver­trat dar­auf­hin die An­sicht, dass es sich bei die­sem Ge­schäfts­vor­fall um einen Tausch mit Bar­auf­gabe i.S.d. § 3 Abs. 12 UStG ge­han­delt habe. Die Sil­ber­lie­fe­rung des X sei bis­lang nicht der Um­satz­steuer un­ter­wor­fen wor­den und nach­zu­ho­len. Der Ver­an­la­gungs­be­zirk folgte der Auf­fas­sung der Prüfe­rin und setzte die Um­satz­steuer i.H.v. 88.513 € fest. Der X klagte ge­gen die um­satz­steu­er­li­che Be­hand­lung des Er­werbs der Sil­bermünzen und stellte den An­trag auf ge­richt­li­che Aus­set­zung der Voll­zie­hung. Nach dem Tod des wird das Ver­fah­ren von der An­trag­stel­le­rin als Ge­samt­rechts­nach­fol­ge­rin geführt.

Das FG lehnte den An­trag ab.

Die Gründe:
Die Rechtmäßig­keit des an­ge­foch­te­nen Um­satz­steu­er­be­schei­des un­ter­lag kei­nen ernst­li­chen Zwei­feln.

Gem. § 3 Abs. 12 S. 1 UStG liegt ein Tausch vor, wenn das Ent­gelt für eine Lie­fe­rung in ei­ner Lie­fe­rung be­steht. Nach § 3 Abs. 12 S. 2 UStG liegt ein tauschähn­li­cher Um­satz vor, wenn das Ent­gelt für eine sons­tige Leis­tung in ei­ner Lie­fe­rung oder sons­ti­gen Leis­tung be­steht. Gem. § 3 Abs. 1 UStG sind Lie­fe­run­gen Leis­tun­gen ei­nes Un­ter­neh­mers, durch die er oder in sei­nem Auf­trag ein Drit­ter den Ab­neh­mer oder in des­sen Auf­trag einen Drit­ten befähigt, im ei­ge­nen Na­men über einen Ge­gen­stand zu verfügen (Ver­schaf­fung der Verfügungs­macht). Diese Re­ge­lung be­ruht uni­ons­recht­lich auf Art. 5 der im Streit­zeit­raum gel­ten­den sechs­ten Richt­li­nie 77/388/EWG (nun­mehr Art. 14 Abs. 1 MwSt -Sys­tRL). Da­nach gilt als Lie­fe­rung ei­nes Ge­gen­stands die Über­tra­gung der Befähi­gung, wie ein Ei­gentümer über einen körper­li­chen Ge­gen­stand zu verfügen.

So­mit liegt eine Lie­fe­rung vor, wenn Sub­stanz, Wert und Er­trag an dem be­tref­fen­den Ge­gen­stand un­be­dingt und endgültig über­tra­gen wer­den. Dies kann, muss aber nicht not­wen­dig mit dem zi­vil­recht­li­chen Ei­gen­tumsüberg­ang an dem Ge­gen­stand ein­her­ge­hen. Der uni­ons­recht­li­che Be­griff der Lie­fe­rung be­zieht sich nach EuGH- und BFH-Recht­spre­chung nicht auf die Ei­gen­tumsüber­tra­gung in den durch das an­wend­bare na­tio­nale Recht vor­ge­se­he­nen For­men, son­dern um­fasst viel­mehr jede Über­tra­gung ei­nes körper­li­chen Ge­gen­stands durch eine Par­tei, die die an­dere Par­tei ermäch­tigt, über die­sen Ge­gen­stand fak­ti­sch so zu verfügen, als wäre sie sein Ei­gentümer. Da­bei ist es Sa­che des na­tio­na­len Ge­richts, in je­dem Ein­zel­fall an­hand des ge­ge­be­nen Sach­ver­halts fest­zu­stel­len, ob ein be­stimm­ter Um­satz mit einem Ge­gen­stand die Über­tra­gung der Befähi­gung nach sich zieht, wie ein Ei­gentümer über den Ge­gen­stand zu verfügen.

Der Se­nat mus­ste im vor­lie­gen­den sum­ma­ri­schen Ver­fah­ren je­doch nicht ab­schließend klären, ob es sich bei dem Sil­ber­trans­fer um eine sons­tige Leis­tung oder eine Lie­fe­rung des X han­delte, denn auch wenn man die Über­tra­gung des Ge­wichts­gut­ha­bens an Sil­ber auf das Ge­wichts­konto des C als we­sens­glei­ches Mi­nus der Überg­abe ei­nes körper­li­chen Ge­gen­stan­des an­ge­se­hen hätte, un­ter­lag der Vor­gang der Um­satz­steuer, da das Ge­schäft die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Werklie­fe­rung bzw. Werkleis­tung mit Ma­te­ri­al­bei­stel­lung nicht erfüllte. Der C war kein Werk­un­ter­neh­mer. Er hatte keine Präge­rechte inne und führte erst recht keine Präge­leis­tun­gen aus. Seine Tätig­keit be­schränkte sich auf den Han­del mit Münzen und Edel­me­tal­len. C war we­der als Ver­tre­ter noch als Ver­mitt­ler tätig ge­wor­den. Er war aus­schließlich als Händ­ler in Er­schei­nung ge­tre­ten. Letzt­lich konnte auch nicht fest­ge­stellt wer­den, dass X zu ir­gend­ei­nem Zeit­punkt in­di­vi­dua­li­sierte, ihm zu­or­den­bare Sil­ber­vorräte phy­si­sch hin­ge­ge­ben hatte, aus de­nen die be­stell­ten Münzen geprägt wor­den wa­ren.

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