Der Sachverhalt:
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielt als Beamter der Wasserschutzpolizei Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist in Häfen als Gefahrgutkontrolleur eingesetzt. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle nach Dienstreisegrundsätzen geltend. Außerdem begehrte er den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 6 €/Tag.
Die Kläger machen demgegenüber geltend, dass die Dienstelle des Klägers nicht dessen regelmäßige Arbeitsstätte sei. Sie legten eine Bestätigung des Arbeitgebers vor, nach der der Kläger an fünf Tagen mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden in seiner Dienststelle eingesetzt sei, seinen Tätigkeitsschwerpunkt aber nicht dort, sondern auf einem Fahrzeug habe und der zeitliche Umfang der auswärts ausgeübten Tätigkeit insgesamt 30 Stunden je Arbeitswoche betrage.
Das FG gab der Klage statt. Die Revision zum BFH wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen und wird dort unter dem Az. VI R 39/15 geführt.
Die Gründe:
Der Kläger kann die Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle in voller Höhe als Werbungskosten abziehen. Außerdem hat er wegen mehr als achtstündiger Abwesenheit von der Wohnung für alle Arbeitstage Anspruch auf Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen.
Die Aufwendungen des Klägers für die Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle gehören nach § 9 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil sie objektiv durch die berufliche Tätigkeit des Klägers veranlasst sind und subjektiv der Förderung der Einkunftserzielung dienen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts handelt es sich dabei nicht um Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2013 geltenden Fassung (EStG a.F.), die durch die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer abgegolten werden (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 EStG). Denn die Dienststelle der Wasserschutzpolizei, die der Kläger arbeitstäglich aufsucht, stellt nicht dessen regelmäßige Arbeitsstätte dar.
Nach der neueren BFH-Rechtsprechung (BFH 9.6.2011, VI R 58/09) bestimmt sich der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit nach den qualitativen Merkmalen der wie auch immer gearteten Arbeitsleistung, die der Arbeitnehmer an dieser Arbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit. Allein der Umstand, dass ein Arbeitnehmer den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht, genügt dagegen für sich betrachtet nicht aus, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen. Danach hatte der Kläger in der Dienststelle der Wasserschutzpolizei keine regelmäßige Arbeitsstätte. Nach den von ihm vorgelegten Arbeitgeberbescheinigungen liegt nicht nur der quantitative, sondern auch der qualitative Schwerpunkt der von dem Kläger ausgeübten Tätigkeit auf den an den jeweiligen Liegeplätzen der Schiffe vorgenommenen Kontrollen.
Darüber hinaus kann der Kläger für jeden Arbeitstag Mehraufwendungen für Verpflegung i.H.v. 6 € abziehen, weil er weniger als 14 Stunden, aber mindestens acht Stunden von seiner Wohnung entfernt beruflich tätig war (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 Buchst. c EStG a.F. i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG). Die Tatsache, dass die Abwesenheitszeiten von der Dienststelle die zeitliche Grenze von acht Stunden nicht erreichten, steht dem Abzug nicht entgegen, weil diese nicht seinen Tätigkeitsmittelpunkt i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 2 EStG a.F. bildete. Denn dieser bestimmt sich nach denselben Grundsätzen wie die regelmäßige Arbeitsstätte i.S.v. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 EStG a.F.
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