Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Steuerberater. Nach seinem Ausscheiden aus einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Jahr 2003 war er ab 2004 in B. freiberuflich tätig. Im Januar 2008 veräußerte er seine als Einzelpraxis geführte Steuerberatungskanzlei zu einem Kaufpreis von 750.000 € an die in B. geschäftsansässige Steuerberatungsgesellschaft STS. Gegenstand des Kaufvertrags war neben dem mobilen Praxisinventar der gesamte Mandantenstamm des Klägers.
Das Finanzamt ging letztlich davon aus, dass der Veräußerungsgewinn hinsichtlich der Steuerberatungskanzlei des Klägers nicht steuerbegünstigt gem. § 34 EStG, sondern als laufender Gewinn zu erfassen sei. Der Kläger ging hingegen weiterhin davon aus, dass die Fortsetzung seiner beruflichen Tätigkeit bei der STS der Annahme einer tatsächlichen Veräußerung nicht entgegenstehe und berief sich weiterhin auf die Steuerbegünstigung.
Das FG wies die Klage ab. Allerdings wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Die Gründe:
Das Finanzamt hatte den Gewinn des Klägers aus dem Verkauf seiner Steuerberaterpraxis an die STS zu Recht nicht als gem. § 18 Abs. 3 i.V.m. §§ 16 Abs. 2 bis 4, 34 EStG tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn behandelt, sondern als laufenden Gewinn der Regelversteuerung unterworfen.
Der BFH macht die Anerkennung einer tarifbegünstigten "Veräußerung" in Anlehnung an die ebenfalls steuerlich privilegierte Aufgabe eines Betriebs oder einer freiberuflichen Tätigkeit bei Praxisübertragungen in ständiger Rechtsprechung von dem Erfordernis abhängig, dass der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellt. Teile der - auch vom BFH zitierten - Fachliteratur lassen als ausreichende Wartezeit, nach deren Ablauf von einer begünstigungsunschädlichen Praxisneueröffnung auszugehen ist, eine Zeitspanne von drei Jahren genügen. Dennoch hat sich der BFH hierzu nicht verbindlich - ablehnend oder zustimmend - geäußert. Gleiches gilt für die räumliche Entfernung, in der sich die neue Praxis zu der bisherigen Tätigkeitsstätte befinden muss, um eine Arbeitsaufnahme außerhalb des bisherigen örtlichen Wirkungsbereichs annehmen zu können.
Ungeachtet einiger Zweifel hält der erkennende Senat es bei derartigen Sachverhalten für begünstigungsschädlich, wenn der Veräußerer nach (nur) 22 Monaten seine Tätigkeit als freier Mitarbeiter in der Praxis des Erwerbers aufgibt und in derselben Stadt eine Praxis eröffnet, in der er eine freiberufliche Tätigkeit aufnimmt, die inhaltlich seiner vor der Praxisübertragung ausgeübten Betätigung entspricht, und seine Leistungen gegenüber Mandanten erbringt, die bereits vor der Praxisübertragung rechtlich und wirtschaftlich und danach immerhin faktisch zu seinem Klientel gehörten. Die Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen auf die STS erwies sich hier somit als bloße Unterbrechung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit des Klägers.
Zwar ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass die Bestimmung der "gewissen Zeit", während derer der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach der Praxisübertragung einstellen muss, von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhängig ist. Die hier vorliegende Gestaltung, dass ein Veräußerer in der Praxis des Erwerbers als freier Mitarbeiter "seine" mitgebrachten Mandanten weiter betreut, ist jedoch bei der Übertragung von Freiberuflerpraxen weit verbreitet. Findet der von der Rechtsprechung unterstellte Vertrauenstransfer auf den Erwerber wegen der persönlichen Weiterbetreuung der Mandanten durch den Veräußerer tatsächlich nicht statt und macht dieser sich danach wieder im selben örtlichen Wirkungsbereich mit eigener Praxis selbständig, stellt sich die Frage, welche Wartezeit eingehalten werden muss, um die Tarifbegünstigung des § 18 Abs. 3 i.V.m. §§ 16 Abs. 2 bis 4, 34 EStG für die bereits vollzogene Praxisveräußerung nicht (rückwirkend) zu gefährden. Infolgedessen wurde die Revision zum BFH zugelassen.
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