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Kosten für Eizellenspenden in EU- Mitgliedsstaaten keine außergewöhnlichen Belastungen

FG Berlin-Brandenburg 11.2.2015, 2 K 2323/12

Auf­wen­dun­gen für die künst­li­che Be­fruch­tung mit ei­ner ge­spen­de­ten Ei­zelle im Aus­land (hier: Spa­nien), die dort - an­ders als in Deutsch­land - nicht ver­bo­ten ist, können steu­er­lich nicht als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen berück­sich­tigt wer­den. Auch der BFH stellt dar­auf ab, dass die Heil­be­hand­lung von ei­ner zur Ausübung der Heil­kunde zu­ge­las­se­nen Per­son ent­spre­chend den Richt­li­nien der Be­rufs­ord­nung der zuständi­gen Ärz­te­kam­mer durch­geführt wor­den sein muss.

Der Sach­ver­halt:
Die in ih­rer Frucht­bar­keit ein­ge­schränkte Kläge­rin hatte sich in Spa­nien einen Em­bryo in die Gebärmut­ter ein­set­zen las­sen, der durch die künst­li­che Be­fruch­tung ei­ner ge­spen­de­ten Ei­zelle mit dem Sa­men ih­res Ehe­man­nes ent­stan­den war. Die hierfür auf­ge­wen­de­ten Kos­ten i.H.v. 9.026 € machte sie steu­er­min­dernd als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung gel­tend. Die Kläge­rin und ihr mitt­ler­weile von ihr ge­trennt le­ben­der Ehe­mann hätten sich da­mit einen ge­mein­sa­men Kin­der­wunsch erfüllen wol­len, nach­dem die Kläge­rin auf­grund ei­ner früheren Krebs­er­kran­kung in ih­rer Fähig­keit zu ei­ge­ner Ei­zel­len­bil­dung stark be­einträch­tigt war. In­so­fern konnte sie auch nach der Ei­zell­spende die Lei­bes­frucht nicht aus­tra­gen.

Das Fi­nanz­amt ver­sagte die An­er­ken­nung als außer­gewöhn­li­che Be­las­tung, weil die Vor­nahme ei­ner Ei­zell­spende, wie sie bei der Kläge­rin er­folgt war, in Deutsch­land nach § 1 Abs. 1 ESchG un­ter Strafe ge­stellt ist. Nach dem Grund­satz der Ein­heit­lich­keit der Rechts­ord­nung dürfe der Staat durch steu­er­min­dernde An­er­ken­nung im Rah­men des Steu­er­rechts nicht eine Maßnahme fördern, die er nach den von ihm selbst auf­ge­stell­ten, die ethi­schen Wer­tun­gen der de­mo­kra­ti­schen Mehr­heit wi­der­spie­geln­den Nor­men des ESchG als un­zulässig un­ter Strafe stelle.

Die Kläge­rin war der An­sicht, nach § 1 Abs. 3 ESchG mach­ten sich in Deutsch­land we­der eine Frau, von der eine Ei­zelle ent­nom­men werde, noch die Frau, wel­che die Ei­zelle er­halte, straf­bar. Da­nach könne ihr al­len­falls an­ge­las­tet wer­den, an ei­ner Hand­lung teil­ge­nom­men zu ha­ben, die tat­be­standsmäßig und rechts­wid­rig i.S.d. deut­schen ESchG ge­we­sen wäre. Einen Rechts­ver­stoß oder Rechts­miss­brauch habe sie selbst je­doch nicht be­gan­gen. Viel­mehr habe sie mas­siv un­ter ih­rer Kin­der­lo­sig­keit ge­lit­ten. Ihr un­erfüll­ter Kin­der­wunsch habe letzt­lich so­gar zum Schei­tern ih­rer Ehe geführt. Der Trans­fer frem­der, be­fruch­te­ter Ei­zel­len auf eine Empfänge­rin be­wirke mit über 50% Wahr­schein­lich­keit eine er­folg­rei­che Schwan­ger­schaft - je­doch lei­der nicht in ih­rem Fall.

Das FG wies die Klage ab. Al­ler­dings wurde we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung der Rechts­sa­che die Re­vi­sion zu­ge­las­sen. Das Ver­fah­ren ist beim BFH un­ter dem Az.: VI R 20/15 anhängig.

Die Gründe:
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Ein­kom­men­steuer auf An­trag ermäßigt, wenn einem Steu­er­pflich­ti­gen zwangsläufig größere Auf­wen­dun­gen als der über­wie­gen­den Mehr­zahl der Steu­er­pflich­ti­gen glei­cher Ein­kom­mens­verhält­nisse, glei­cher Vermögens­verhält­nisse und glei­chen Fa­mi­li­en­stan­des er­wach­sen. Nach den in der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Grundsätzen ist dies bei Krank­heits­kos­ten - ohne Rück­sicht auf die Art und die Ur­sa­che der Er­kran­kung - grundsätz­lich der Fall. Al­ler­dings wer­den nur sol­che Auf­wen­dun­gen als Krank­heits­kos­ten berück­sich­tigt, die der Hei­lung ei­ner Krank­heit die­nen.

In jünge­rer Zeit hat der BFH auch Auf­wen­dun­gen für eine me­di­zi­ni­sch an­ge­zeigte he­tero­loge künst­li­che Be­fruch­tung, also eine sol­che mit frem­dem Sa­men, als Krank­heits­kos­ten an­er­kannt, die zu ei­ner steu­er­min­dern­den außer­gewöhn­li­chen Be­las­tung führen. Er stellt al­ler­dings dar­auf ab, dass die Heil­be­hand­lung von ei­ner zur Ausübung der Heil­kunde zu­ge­las­se­nen Per­son ent­spre­chend den Richt­li­nien der Be­rufs­ord­nung der zuständi­gen Ärz­te­kam­mer durch­geführt wor­den sei. Die­ses Merk­mal war hier aber ein­deu­tig nicht ge­ge­ben. Denn die Vor­nahme der für die Kläge­rin durch­geführ­ten Maßnah­men hätte we­gen ih­rer Straf­bar­keit nach § 1 ESchG ge­rade nicht den Be­rufs­ord­nun­gen der in Deutsch­land zu­ge­las­se­nen Ärzte ent­spro­chen.

Ir­re­le­vant war da­bei, dass sich die Kläge­rin selbst nicht straf­bar ge­macht hätte; diese Aus­nahme folgt er­sicht­lich dem Zweck, die Lage der be­trof­fe­nen, mögli­cher­weise in ei­ner Druck­si­tua­tion ste­hen­den Frauen nicht noch zusätz­lich durch Be­stra­fung zu ver­schlim­mern. Nichts­des­to­we­ni­ger hat der deut­sche Ge­setz­ge­ber im ESchG die be­tref­fen­den Maßnah­men als rechts­wid­rig an­ge­se­hen und diese Ent­schei­dung - ge­genüber den Durchführen­den - mit der An­dro­hung von Frei­heits­strafe bis zu drei Jah­ren be­legt. Die Be­ur­tei­lung der Maßnahme als rechts­wid­rig ist in­so­weit ein­deu­tig. Hier­ge­gen konnte we­der ein­ge­wandt wer­den, dass die Kläge­rin die Maßnahme im Aus­land habe durchführen las­sen noch dass die Durchführung der­ar­ti­ger Maßnah­men in Spa­nien wie auch an­de­ren Staa­ten der EU er­laubt sei.

So­weit er­sicht­lich liegt al­ler­dings noch keine höchstrich­ter­li­che Ent­schei­dung zu der Frage vor, ob Auf­wen­dun­gen im Zu­sam­men­hang mit einem in einem EU-Mit­glieds­staat von dort zur Heil­kunde zu­ge­las­se­nen Per­so­nen un­ter Be­ach­tung der dor­ti­gen Rechts- und Be­rufs­ord­nung durch­geführ­ten Em­bryo­trans­fer nach In-Vi­tro-Fer­ti­li­sa­tion ei­ner durch sog. Ei­zell­spende von ei­ner frem­den Frau er­lang­ten Ei­zelle Krank­heits­kos­ten dar­stel­len, die trotz Straf­bar­keit der Durchführung ei­ner sol­chen Maßnahme nach dem deut­schen Em­bryo­nen­schutz­ge­setz als außer­gewöhn­li­che Be­las­tun­gen i.S.v. § 33 EStG zu berück­sich­ti­gen sind.

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