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Kündigung einer Beteiligung durch den einem Gesellschafter einer Personengesellschaft gleichgestellten Treugeber

BGH 20.1.2015, II ZR 444/13

Der einem Ge­sell­schaf­ter ei­ner Per­so­nen­ge­sell­schaft auf­grund der Re­ge­lun­gen im Treu­hand- und im Ge­sell­schafts­ver­trag gleich­ge­stellte Treu­ge­ber kann seine Be­tei­li­gung durch Kündi­gung ge­genüber der Ge­sell­schaft be­en­den und hat dann einen An­spruch ge­gen die Ge­sell­schaft auf Zah­lung ei­nes et­wai­gen Ab­fin­dungs­gut­ha­bens, wenn er bei sei­nem Bei­tritt über die Umstände, die für seine An­la­ge­ent­schei­dung von we­sent­li­cher Be­deu­tung wa­ren oder hätten sein können, nicht vollständig und verständ­lich auf­geklärt wor­den ist.

Der Sach­ver­halt:
Der Kläger be­tei­ligte sich mit ei­ner Ein­lage i.H.v. 20.000 € zzgl. ei­nes Agios i.H.v. 1.000 € gem. Bei­tritts­erklärung vom 5.11.2005 über die Be­klagte zu 4) als Treu­hand­kom­man­di­tis­tin an der Be­klag­ten zu 1), einem Pro­zess­kos­ten­hil­fe­fonds in der Rechts­form ei­ner Kom­man­dit­ge­sell­schaft.

Mit der Be­haup­tung, er sei über die Ri­si­ken der Be­tei­li­gung un­zu­rei­chend auf­geklärt wor­den, ver­langt er von den Be­klag­ten Rück­zah­lung sei­ner Ein­lage und Er­satz von An­walts­kos­ten Zug um Zug ge­gen Über­tra­gung sei­ner Ge­sell­schafts­be­tei­li­gung so­wie die Fest­stel­lun­gen, dass die Be­klag­ten mit der An­nahme des An­ge­bots zur Über­tra­gung der Be­tei­li­gung im Ver­zug seien und dass die Be­klagte zu 1) aus dem Be­tei­li­gungs­ver­trag keine Rechte mehr her­lei­ten könne. Hilfs­weise be­gehrt er im Wege der Stu­fen­klage Rech­nungs­le­gung über sein Aus­ein­an­der­set­zungs­gut­ha­ben. Über die Vermögen der Be­klag­ten zu 2) bis 4) - Kom­ple­mentärin, Gründungs­kom­man­di­tis­tin und Treuhände­rin der Be­klag­ten zu 1) - sind mitt­ler­weile In­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wor­den.

LG und OLG wie­sen die Klage ge­gen die Be­klagte zu 1) durch Teil­ur­teil ab. Auf die Re­vi­sion des Klägers, die in­so­weit zu­ge­las­sen wurde, als die Be­ru­fung hin­sicht­lich der hilfs­weise er­ho­be­nen Stu­fen­klage zurück­ge­wie­sen wor­den ist, hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und ver­wies die Sa­che zur neuen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das OLG zurück.

Die Gründe:
Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist zu un­ter­stel­len, dass der Kläger bei Ab­schluss des Treu­hand­ver­trags über die Umstände, die für seine An­la­ge­ent­schei­dung von we­sent­li­cher Be­deu­tung wa­ren oder hätten sein können, nicht verständ­lich und vollständig auf­geklärt wor­den ist und dass dies für seine Bei­tritts­ent­schei­dung ursäch­lich ge­wor­den ist. Da­mit hat er als Treu­ge­ber, der nach dem Treu­hand- und dem Ge­sell­schafts­ver­trag im In­nen­verhält­nis einem Kom­man­di­tis­ten gleich­ge­stellt ist, ein Recht auf außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Treu­hand- und Ge­sell­schafts­ver­trags und einen An­spruch auf Zah­lung ei­nes nach den Re­geln des Ge­sell­schafts­ver­trags oder - so­weit der Ge­sell­schafts­ver­trag keine Re­ge­lun­gen enthält - den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen zu be­rech­nen­den - mögli­chen - Ab­fin­dungs­gut­ha­bens. Dem­nach hat er auch einen An­spruch ge­gen die Be­klagte, dass sie eine Aus­ein­an­der­set­zungs­bi­lanz auf­stellt und ihm so Rech­nung legt.

Es ent­spricht ständi­ger BGH-Recht­spre­chung, dass im Falle ei­ner sog. of­fe­nen oder qua­li­fi­zier­ten Treu­hand die an der Ge­sell­schaft Be­tei­lig­ten ihr ge­sell­schaf­ter­li­ches In­nen­verhält­nis so ge­stal­ten können, als ob die Treu­ge­ber selbst Ge­sell­schaf­ter wären. Die Ge­stal­tung ih­rer in­ter­nen Rechts­be­zie­hun­gen ist im All­ge­mei­nen ei­ner freien ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung zugäng­lich. Nach dem In­halt des Ge­sell­schafts­ver­trags und un­ter Berück­sich­ti­gung des Treu­hand­ver­trags und der Bei­tritts­erklärung des Klägers han­delt es sich bei dem Rechts­verhält­nis zwi­schen ei­ner­seits der Treu­hand­kom­man­di­tis­tin und der Be­klag­ten und an­de­rer­seits dem Kläger als Treu­ge­ber nicht um ein ein­fa­ches Treu­hand­verhält­nis, son­dern um eine von ge­sell­schafts­recht­li­chen Bin­dun­gen über­la­gerte Treu­hand­be­zie­hung.

Laut Ge­sell­schafts­ver­trag sol­len die Treu­ge­ber im In­nen­verhält­nis wie un­mit­tel­bar be­tei­ligte Ge­sell­schaf­ter be­han­delt wer­den. Das soll ins­be­son­dere gel­ten für die Be­tei­li­gung am Ge­sell­schafts­vermögen, am Ge­winn und Ver­lust, an der Ver­tei­lung des Aus­ein­an­der­set­zungs­gut­ha­bens so­wie für die Ausübung der Stimm- und Kon­troll­rechte. Dem­ent­spre­chend heißt es im Treu­hand­ver­trag, dass der Treu­ge­ber wirt­schaft­lich die Stel­lung ha­ben solle, als wäre er un­mit­tel­bar be­tei­lig­ter Kom­man­di­tist. Der Ge­sell­schafts­ver­trag solle für und ge­gen ihn gel­ten. Da­mit hat der Kläger als "Quasi-Ge­sell­schaf­ter" im In­nen­verhält­nis zur Be­klag­ten alle Rechte, die auch ein Kom­man­di­tist hat. Zu die­sen Rech­ten gehört auch das Recht des An­le­gers, sich durch eine außer­or­dent­li­che Kündi­gung von dem Ver­trag zu lösen, wenn er durch eine nicht ord­nungs­gemäße Aufklärung über die für seine An­la­ge­ent­schei­dung er­heb­li­chen Umstände zum Bei­tritt be­stimmt wor­den ist.

Nach der Lehre von der feh­ler­haf­ten Ge­sell­schaft kann sich der Ge­sell­schaf­ter nicht mit Wir­kung ex tunc von dem feh­ler­haf­ten Bei­tritts­ver­trag lösen. Er kann seine Ge­sell­schaf­ter­stel­lung aber durch eine Kündi­gung mit Wir­kung ex nunc be­en­den. Die Rechts­fol­gen ei­ner der­ar­ti­gen Kündi­gung er­ge­ben sich aus den für das Aus­schei­den ei­nes Ge­sell­schaf­ters vor­ge­se­he­nen ge­setz­li­chen Re­geln der §§ 738 ff. BGB 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB, so­fern und so­weit nichts an­de­res ver­ein­bart ist. Von die­sem Kündi­gungs­recht hat der Kläger nach sei­nem Vor­trag mit Schrei­ben vom 16.11.2010, spätes­tens aber mit der Kla­ge­er­he­bung am 1.11.2011 Ge­brauch ge­macht. Denn je­den­falls mit der Klage hat er zu er­ken­nen ge­ge­ben, dass er nicht wei­ter (Quasi-)Ge­sell­schaf­ter der Be­klag­ten sein wolle. Da­nach ist die Be­klagte ver­pflich­tet, nach § 738 BGB und § 24 des Ge­sell­schafts­ver­trags eine Aus­ein­an­der­set­zungs­bi­lanz auf­zu­stel­len, um die Höhe des Ab­fin­dungs­an­spruchs des Klägers - oder des von ihm aus­zu­glei­chen­den Fehl­be­trags - zu er­mit­teln.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf den Web­sei­ten des BGH veröff­ent­licht.
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