Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten darum, ob ein zwischen ihnen geschlossener Bausparvertrag wirksam durch die Beklagte gekündigt wurde. Am 16.4.1991 schlossen die Kläger mit der Beklagten einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme i.H.v. rd. 12.000 €. Nach den von der Beklagten vorgelegten Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge, die in den Vertrag einbezogen wurden, wird ein Guthaben des Bausparers mit 2,5 Prozent jährlich verzinst. Die nach § 32 ABB für eine Senkung der Verzinsung des Bausparguthabens erforderliche Zustimmung der BaFin konnte die Beklagte bislang nicht erwirken.
Die Kläger sind der Auffassung, die Voraussetzungen für eine Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB lägen hier nicht vor, da ein vollständiger Empfang des Darlehens auf Seiten der Beklagten nicht etwa schon mit Zuteilungsreife der Bausparsumme gegeben sei, sondern erst dann, wenn der Bausparer die vereinbarte Bausparsumme vollständig angespart habe.
Das LG gab der Klage, mit der die Kläger beantragten festzustellen, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Bausparvertrag über den 20.8.2015 hinaus fortbesteht, statt.
Die Gründe:
Der Bausparvertrag zwischen den Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 16.2.2015 nicht beendet worden. Er besteht somit fort. Der Beklagten steht kein Kündigungsrecht zu.
Aus den dem Vertrag zu Grunde liegenden ABB ergibt sich vorliegend kein Recht der Beklagten zur ordentlichen Kündigung des Bausparvertrags. Das gesetzliche Kündigungsrecht aus § 488 Abs. 3 BGB steht der Beklagten ebenfalls nicht zu. Und auch aus § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB ergibt sich vorliegend kein Kündigungsrecht der Beklagten. Der Anwendungsbereich dieser gesetzlichen Regelung über ein Kündigungsrecht des Darlehensnehmers ist nicht eröffnet.
Bei dem Kündigungsrecht aus § 489 BGB handelt es sich um ein solches, das ausschließlich dem Darlehensnehmer zusteht. Die Kündigung des Bausparvertrags durch die Bausparkasse vor Vollansparung der Bausparsumme und vor Zuteilung des Bauspardarlehens stellt aber eine Kündigung dar, mit welcher sich die Bausparkasse sowohl aus ihrer Rolle als Darlehensnehmerin löst, als auch aus ihrer Rolle als Darlehensgeberin. Für eine solche Kündigung enthält § 489 BGB keine Grundlage.
Es wird einhellig die Meinung vertreten, dass in dem Bausparvertrag ein einheitlicher Darlehensvertrag zu sehen ist, bei welchem die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Bausparkasse dar, so dass die Bausparkasse insoweit Darlehensnehmerin ist. Die Bausparkasse ist aber auch vor Zuteilung des Bauspardarlehens, jedenfalls so lange die Bausparsumme noch nicht voll angespart wurde, gleichzeitig Darlehensgeberin bezüglich des künftig zur Verfügung zu stellenden Bauspardarlehens.
Bereits mit Abschluss des Bausparvertrags verpflichtet sie sich, dem Bausparer einen Geldbetrag in vereinbarter Höhe zur Verfügung zu stellen. Da auf Grund der vertraglichen Konstruktion des Bausparvertrags vor Zuteilung des Bauspardarlehens eine Kündigung des von der Bausparkasse empfangenen Darlehens ohne gleichzeitige Kündigung des von ihr zu gewährenden Darlehens nicht möglich ist, und ohnehin eine Teilkündigung bei einem einheitlichen Vertragsverhältnis nur im Fall einer gesetzlichen Gestattung oder bei einer entsprechenden vertraglichen Abrede zulässig ist, ist der Anwendungsbereich des gesetzlichen Kündigungsrechts aus § 489 BGB nicht eröffnet.
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