Der Sachverhalt:
Bei dem Antragsteller handelte es sich um einen selbständigen Rechtsanwalt. Im Mai 2013 war er vom Finanzamt A. wegen Steuerrückständen i.H.v. 439.860 € unter Verweis auf § 284 AO aufgefordert, Auskunft über sein Vermögen zu erteilen. Der Antragsteller erschien zwar an Amtsstelle und legte dort einen ausgefüllten Vordruck "Vermögensverzeichnis" vor. Er weigerte sich aber, seine Angaben an Eides statt zu versichern. Er war der Ansicht, dass die Vermögensauskunft ihm die Möglichkeit nehmen würde, beruflich weiter tätig zu sein und ihm damit die Möglichkeit nehmen würde, Einkünfte zu erzielen und somit Steuern zu bezahlen. Das Finanzamt A. nahm dies zum Anlass, die Eintragung des Antragstellers in das Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft anzuordnen. Hiergegen klagte der Antragsteller ebenso wie gegen die Aufforderung zur Abgabe der Vermögensauskunft. Die Entscheidungen stehen noch aus.
Das Finanzamt B. lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Das FG bestätigte die Entscheidung. Der Beschluss ist unanfechtbar.
Die Gründe:
Es gab keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts.
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor. Insbesondere war es für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids aus Juli 2015 unerheblich, dass über die Rechtmäßigkeit der von dem Finanzamt A. erlassenen Anordnung noch nicht abschließend entschieden wurde und dass insoweit - jedenfalls zum Teil - die identischen Rückstände betroffen sein mögen. Wurde ein Vollstreckungsschuldner schon zu einem früheren Zeitpunkt zur Abgabe einer Vermögensauskunft aufgefordert, ist dies - wie § 284 Abs. 4 AO zeigt - unerheblich, solange seit der letzten Vermögensauskunft zwei Jahre vergangen sind oder anzunehmen ist, dass sich die Vermögensverhältnisse wesentlich geändert haben.
Im vorliegenden Fall waren die Anforderungen des § 284 Abs. 4 AO gewahrt, und zwar schon deshalb, weil der Antragsteller sich in dem Termin 2013 geweigert hatte, die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides statt zu versichern, und deshalb keine wirksame Vermögensauskunft i.S.d. § 284 AO i.V.m. § 802 c Abs. 3 ZPO vorlag. Folglich begann auch keine Zweijahresfrist zu laufen, die eingehalten werden müsste. Ungeachtet dessen lagen zwischen dem Termin 2013 und dem Termin 2015 mehr als zwei Jahre.
Die Entscheidung des Finanzamtes B., vom Antragsteller eine Vermögensauskunft zu verlangen, hielt der Überprüfung des Gerichts nach § 102 S. 1 FGO stand. Zwar hatte der Antragsgegner mit dem ursprünglichen Bescheid aus Juli 2015 sein Ermessen noch nicht ordnungsgemäß ausgeübt (sog. Ermessensnichtgebrauch). Bei der Prüfung, ob ein Verwaltungsakt unter Ermessensfehlern leidet, ist allerdings auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (d.h. regelmäßig auf den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung) abzustellen. Die Finanzbehörde kann im Einspruchsverfahren etwaige Ermessensfehler ohne Einschränkung heilen oder das Ermessen sogar vollständig neu ausüben. Das Finanzamt B. hat später ausführlich dargelegt, wieso es davon ausgegangen war, dass die Anordnung der Abgabe einer Vermögensauskunft ermessensgerecht ist.
Letztlich lag auch keine eine unbillige Härte vor. Dass mit der Abgabe der Vermögensauskunft eine Gefährdung der wirtschaftlichen und sozialen Existenz des Vollstreckungsschuldners einhergehen kann, wurde vom Gesetzgeber bei Abfassung des § 284 Abs. 3 AO bewusst in Kauf genommen. Da die Möglichkeit der Existenzgefährdung im Rahmen des § 284 AO gerade keine außergewöhnliche, sondern eine typische Folge ist, ist dieser Gesichtspunkt ungeeignet, eine "unbillige Härte" zu begründen, zumal die gesetzgeberische Vorgabe, dass ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft keine aufschiebende Wirkung hat, ansonsten unterlaufen würde.
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