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Obliegenheiten eines Mieters hinsichtlich der Suche nach geeignetem Nachmieter

BGH 7.10.2015, VIII ZR 247/14

In Fällen, in de­nen ein Mie­ter, dem das Ver­wen­dungs­ri­siko der Miet­sa­che zu­ge­wie­sen ist, we­gen be­son­de­rer Umstände des Ein­zel­falls mit Rück­sicht auf Treu und Glau­ben die vor­zei­tige Ent­las­sung aus einem länger­fris­ti­gen Miet­verhält­nis ge­gen Stel­lung ei­nes Nach­mie­ters be­gehrt, ob­liegt es al­lein ihm, einen ge­eig­ne­ten Nach­mie­ter zu su­chen, den Ver­mie­ter über des­sen Per­son auf­zuklären und ihm sämt­li­che In­for­ma­tio­nen zu ge­ben, die die­ser benötigt, um sich ein hin­rei­chen­des Bild über die persönli­che Zu­verlässig­keit und wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit des Nach­mie­ters ma­chen zu können.

Der Sach­ver­halt:
Die Be­klag­ten wa­ren seit Mai 2011 Mie­ter ei­nes Ein­fa­mi­li­en­hau­ses der Kläge­rin im Ruhr­ge­biet. In dem ma­schi­nen­schrift­lich ab­ge­fass­ten Miet­ver­trag mit gleich­zei­ti­ger Staf­fel­miet­ver­ein­ba­rung war eine Fest­lauf­zeit bis Ende April 2015 ver­ein­bart. Ab Mai 2015 sollte das Miet­verhält­nis auf un­be­stimmte Zeit mit ge­setz­li­cher Kündi­gungs­frist lau­fen. Vor Ab­schluss des Miet­ver­tra­ges hat­ten sich die Be­klag­ten in­so­weit bei der Kläge­rin er­kun­digt, ob der be­ab­sich­tigte Kündi­gungs­aus­schluss auch im Fall ei­nes ar­beit­ge­ber­sei­tig "for­cier­ten" Stand­ort­wech­sels oder an­de­ren schwer­wie­gen­den Verände­run­gen der Le­bens­umstände bin­dend sei.

Nach­dem die Kläge­rin hierzu eine Aus­kunft ih­rer Rechts­anwältin ein­ge­holt und de­ren In­halt an die Be­klag­ten wei­ter­ge­lei­tet hatte, wo­nach im Ein­zel­fall ein An­spruch auf vor­zei­tige Ent­las­sung aus dem Miet­verhält­nis in Be­tracht kom­men könnte, erklärten die Be­klag­ten ihr Ein­verständ­nis. Im März 2013 wech­selte der Be­klagte dann den Ar­beit­ge­ber und nahm eine neue Stelle in Nord­deutsch­land an. Um­ge­hend erklärten die Be­klag­ten mit Blick auf die geänder­ten Le­bens­umstände die "frist­ge­rechte Kündi­gung". Zu die­sem Zeit­punkt stell­ten sie die Miet­zah­lun­gen ein, räum­ten das An­we­sen und ga­ben der Kläge­rin die Schlüssel zurück.

Die Kläge­rin ak­zep­tierte die vor­zei­tige Kündi­gung der Be­klag­ten nicht, erklärte sich aber be­reit, sie bei Stel­lung ei­nes ge­eig­ne­ten Nach­mie­ters aus dem Miet­ver­trag zu ent­las­sen. Der Nach­mie­ter müsse al­ler­dings eben­falls eine kurze schrift­li­che Erklärung zu den Fa­mi­li­en­verhält­nis­sen, eine Selbst­aus­kunft nebst Ver­dienst­be­schei­ni­gung, den bis­he­ri­gen Miet­ver­trag, Per­so­nal­aus­weis­ko­pien, eine Bo­nitätsaus­kunft so­wie eine Be­schei­ni­gung vor­le­gen, dass er den Miet­ver­trag vor­be­halt­los un­ter­schrei­ben werde.

Im Ja­nuar 2014 ba­ten die Be­klag­ten um Mit­tei­lung ei­nes Be­sich­ti­gungs­ter­mins für einen zwi­schen­zeit­lich ge­fun­de­nen Mietin­ter­es­sen­ten. Die Kläge­rin, die in 120 Ki­lo­me­tern Ent­fer­nung vom Miet­ob­jekt lebt, ver­wies dar­auf, dass sie erst nach Ein­gang und Prüfung der von den Mietin­ter­es­sen­ten vor­zu­le­gen­den Un­ter­la­gen zur Ver­ein­ba­rung ei­nes Be­sich­ti­gungs­ter­mins be­reit sei. Der In­ter­es­sent lehnte die Er­tei­lung der ge­for­der­ten Auskünfte je­doch ab.

AG und LG ga­ben der auf Zah­lung von 5.664 € (Miete für die Mo­nate Juli bis Sep­tem­ber 2013) und stell­ten fest, dass das Miet­verhält­nis bis Ende April 2014 fort­be­stehe. Auf die Re­vi­sion der Kläge­rin, die von einem Fort­be­ste­hen des Miet­ver­tra­ges bis min­des­tens zum 30.4.2015 aus­ging, hob der BGH das Be­ru­fungs­ur­teil auf und wies die Sa­che zur er­neu­ten Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das LG zurück.

Gründe:
Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Begründung konnte der Fort­be­stand des Miet­verhält­nis­ses bis min­des­tens 30.4.2015 nicht ver­neint wer­den.

Zwar wäre der ver­ein­barte Kündi­gungs­aus­schluss be­reits we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung der Be­klag­ten ins­ge­samt gem. § 307 Abs. 1 BGB un­wirk­sam, wenn es sich da­bei um eine AGB han­delte. Hierzu hatte das Be­ru­fungs­ge­richt je­doch keine Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen, so dass für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu­guns­ten der Kläge­rin zu un­ter­stel­len war, dass der Kündi­gungs­aus­schluss in­di­vi­du­al­ver­trag­lich ver­ein­bart oder je­den­falls i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB aus­ge­han­delt wor­den war.

Sollte es sich um eine In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung han­deln, wäre zwar die an­ge­sichts der gleich­zei­ti­gen Staf­fel­miet­ver­ein­ba­rung höchs­tens zulässige Dauer des Kündi­gungs­aus­schlus­ses gleich­falls über­schrit­ten. Denn gem. § 557a Abs. 3 BGB kann bei ei­ner Staf­fel­miete ein Kündi­gungs­aus­schluss längs­tens in der Weise ver­ein­bart wer­den, dass die Kündi­gung erst­mals auf den Zeit­punkt er­folgt, zu dem seit Ver­trags­schluss vier Jahre ab­ge­lau­fen sind. Hier­von zum Nach­teil des Mie­ters ab­wei­chende Ver­ein­ba­run­gen sind un­wirk­sam. Dies würde bei ei­ner In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung aber le­dig­lich zur Teil­un­wirk­sam­keit des Kündi­gungs­aus­schlus­ses in­so­weit führen, als die Höchst­frist des § 557a Abs. 3 BGB über­schrit­ten ist. Die Be­klag­ten hätten in die­sem Fall das Miet­verhält­nis erst­mals zum Ab­lauf des 30.4.2015 kündi­gen können.

Auch die Würdi­gung des Be­ru­fungs­ge­richts, die Kläge­rin habe die Stel­lung ei­nes Nach­mie­ters ver­ei­telt und müsse sich des­halb so be­han­deln las­sen, als sei zum 30.4.2014 ein zu­mut­ba­rer Nach­mie­ter ge­fun­den wor­den, war nicht rich­tig. Es hatte ver­kannt, dass es al­lein dem Mie­ter ob­liegt, einen ge­eig­ne­ten Nach­fol­ger zu be­nen­nen, wenn er vom Ver­mie­ter mit Rück­sicht auf Treu und Glau­ben eine vor­zei­tige Ent­las­sung aus dem Miet­verhält­nis be­gehrt. Denn der Mie­ter trägt gem. § 537 Abs. 1 BGB das Ver­wen­dungs­ri­siko der Miet­sa­che. Es ist al­lein seine Sa­che, einen ge­eig­ne­ten Nach­fol­ger zu su­chen, den Ver­mie­ter über die Per­son des Nach­fol­gers auf­zuklären und ihm sämt­li­che In­for­ma­tio­nen zu ge­ben, die die­ser benötigt, um sich ein hin­rei­chen­des Bild über die persönli­che Zu­verlässig­keit und wirt­schaft­li­che Leis­tungsfähig­keit des Nach­mie­ters ma­chen zu können. Ge­ge­be­nen­falls muss sich der Mie­ter un­ter Ein­schal­tung ei­nes Mak­lers um Mietin­ter­es­sen­ten bemühen.

Link­hin­weis:

  • Der Voll­text der Ent­schei­dung ist auf der Home­page des BGH veröff­ent­licht.
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